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Gemeinsames Kinderzimmer - wie es am besten funktioniert

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Kinder spielen in einem Zimmer
Manchmal ist der Kindwunsch größer, als das Haus oder die Wohnung und ein Umzug in absehbarer Zeit nicht realisierbar, so dass man sich die Frage stellt, ob es für die Kinder zumutbar ist, ein gemeinsamen Kinderzimmer zu nutzen. Manchmal kommt der Wunsch auch von den Kindern - sie sind so innig miteinander verbunden, dass sie gerne gemeinsam in einem Zimmer schlafen möchten. 

Ob ein gemeinsames Kinderzimmer über längere Zeit funktionieren kann, ist eine Frage, die man nicht pauschal beantworten kann, da es immer auf die individuelle Familiensituation und die äußeren Umstände ankommt. Es gibt jedoch einige grundlegende Faktoren, die man bei der Frage abwägen kann. In diesem Artikel geht es außerdem darum, wie man ein Geschwisterzimmer so einrichten kann, dass der Platz optimal genutzt werden kann und sich alle Kinder darin wohlfühlen. 

Ein gutes Miteinander - eine Frage des Alters und der Geschwisterkonstellation


Die wichtigste Voraussetzung für ein gemeinsames Kinderzimmer ist die Geschwisterkonstellation. Die Kinder müssen sich wirklich gut verstehen, damit die Konflikte auf Dauer im Rahmen bleiben. Kleinere (und einige größere) Streitigkeiten sind in jeder Familie normal, wenn man jedoch zwei Kinder hat, die sich den ganzen Tag nur streiten, wird man ihnen kein Gefallen tun, wenn man sie gemeinsam in einem Zimmer unterbringt.

Am unkompliziertesten ist in der Regel, wenn Zwillinge in einem gemeinsamen Zimmer leben. Bei anderen Geschwisterkonstellationen ist es eigentlich egal, ob die Kinder gleich- oder verschiedengeschlechtlich sind. Es ist eine Mär, dass das Zimmerteilen besser klappt, wenn beide Kinder das selbe Geschlecht haben. Wichtig ist vor allem, ob die Kinder gut aneinander gebunden sind und wenig Eifersucht zeigen. Ist das der Fall, können auch Bruder und Schwester problemlos in einem Zimmer wohnen. Bei Kindern unterschiedlichen Alters ist der beste Altersabstand laut Immowelt-Magazinzwischen zwei und vier Jahre.  Ist der Abstand geringer, ist die geschwisterliche Eifersucht in der Regel stärker ausgeprägt, wodurch das Konfliktpotential steigt. Auch Streitigkeiten um das Spielzeug sind naturgemäß häufiger zu erwarten, weil ähnlich alte Kinder oft die selben Interessen haben. Letzteres kann natürlich auch ein Vorteil sein - gerade in der Rollenspielphase oder das Spiel mit Küche und Kaufmannsladen machen zu zweit deutlich mehr Spaß. Dann müssen nicht immer Vater und Mutter als Spielpartner einspringen. 

Ist der Altersabstand größer als 4 Jahre, ist es für das größere Kind möglicherweise schwierig, das jahrelang allein genutzte Zimmer teilen zu müssen. Oft leiden ältere Geschwisterkinder ohnehin unter dem Schock ihrer Entthronung, so dass es für sie zusätzlich schwierig wäre, ihren Rückzugsort mit dem Geschwisterchen teilen zu müssen. Außerdem sind der Schlafbedarf und die Interessen im Laufe der Zeit doch recht unterschiedlich, so dass sich das Zusammenleben immer schwieriger gestalten kann (aber nicht zwangsläufig muss). Vor allem, wenn ein Kind schon in die Schule geht und das andere noch in den Kindergarten, wird es schlaftechnisch schwierig. Die Schulkinder kommen ohne Mittagschlaf aus und haben einen harten Arbeitstag hinter sich, so dass sie meist schnell abends ins Bett fallen und schlafen wollen.  Ihre Geschwister aus dem Kindergarten schlafen sich meist mittags noch mal richtig aus, so dass sie abends länger spielen wollen, vor allem im Sommer, wenn es draußen so lange hell ist. Hier besteht meiner Meinung nach das größte Problem bei einem gemeinsamen Zimmer. 

Vorteile und Nachteile eines gemeinsamen Kinderzimmers


Kinder sind von Natur aus sehr soziale Wesen, die sich am besten entwickeln, wenn sie viel Kontakt zu anderen Menschen haben. Eine enge Bindung zu den Eltern ist dabei genauso wichtig, wie die Nähe zu anderen Kindern. Wenn Kinder zusammen in einem Zimmer leben, lernen sie früh, dass Kompromisse nötig sind und wie man Konflikte für alle zufriedenstellend löst. Das ständige Abwägen zwischen Rücksichtnahme und dem Durchsetzenwollen eigener Wünsche führt zwar zu Spannungen, erweitert jedoch auch schon früh die sozialen Kompetenzen.

Die meisten Kinder schlafen zudem nicht gerne alleine - schon das Verhalten von Babys weist darauf hin, dass es evolutorisch vorgesehen ist, dass Familien zu ihrem Schutz gemeinsam schlafen. Auch wenn Kinder es irgendwann akzeptieren, dass sie alleine in ihrem Zimmer schlafen, fühlen sich viele am wohlsten, wenn jemand bei ihnen schläft. Ein Geschwisterkind im Zimmer bedeutet für viele Kinder große Sicherheit und Geborgenheit.

Das Einschlafen kann allerdings auch zum Problem werden, da sich die Kinder gegenseitig davon ablenken können. Viele Eltern haben Angst davor, ihre Kinder zusammen in einem Zimmer unterzubringen, weil sie denken, dass sie sich abends beim Einschlafen gegenseitig wach halten.  Das tun sie am Anfang auch. Die meisten Eltern berichten allerdings, dass sich das abendliche Aufgeregtsein nach einer Weile gibt - wenn die Situation des gemeinsamen Schlafens alltäglich geworden ist, ist abends in der Regel Ruhe. Die meisten Kinder machen ihrem Geschwisterchen dann klar, dass sie gerne schlafen wollen. Wichtig für die Eltern ist, zu akzeptieren, dass das gemeinsame Einschlafen immer erst einmal geprägt ist von einer Tobephase. Meine Kinder schlafen seit gut einem Jahr gemeinsam in ihrem Zimmer ein. In dieser Zeit konnte ich beobachten, dass es nach dem Zähneputzen zunächst eine ruhige Spielphase gibt, diese dann langweilig wird und es zu einer lauteren Phase des gegenseitigen Neckens, Hüpfens und Lachens kommt. Es ist das allerletzte Aufbäumen der kindlichen Energie vorm Einschlafen. Greift man als Elternteil nicht ein, wird es dann von selbst bald ruhig und die Kinder legen sich freiwillig ins Bett und schlafen schnell ein. Greift man ein, weil man denkt, es ist wichtig, dass die Kinder nicht mehr so stark „hochfahren“, kommt es viel eher zu einer Spirale aus Schimpfen und vermeintlichem Provozieren – und die Kinder bleiben länger wach. 

Wann kann das Baby zum Geschwisterchen ins Zimmer ziehen?


Die Empfehlungen zur Vermeidung des plötzlichen Kindstodes lauten, dass Babys das erste Lebensjahr im elterlichen Schlafzimmer schlafen sollen. Ein Umzug ins Kinderzimmer zum Geschwisterchen ist zudem auch erst dann sinnvoll, wenn das Baby durchschläft, da es sonst das ältere Kind immer wieder wecken würde. Auch für die Eltern ist der Gedanke mit Stress verbunden, dass plötzlich beide Kinder wach werden können, so dass sie unruhiger schlafen, um das kleine Kind rechtzeitig zu hören. Es gibt aber auch Kinder, die wie ein Stein schlafen und die nachts überhaupt nichts mitbekommen - sie haben auch kein Problem mit nicht durchschlafenden Geschwistern. 

Worauf sollte man bei der Einrichtung des gemeinsamen Kinderzimmers achten?


Wenn Kinder ein gemeinsames Zimmer beziehen, sollte das natürlich möglichst groß sein - wenn das Elternschlafzimmer größer als das (bisherige) Einzelkinderzimmer ist, sollte über einen Tausch nachgedacht werden. Je mehr Platz vorhanden ist, desto wohler werden sich die Kinder fühlen. Um möglichst viel freie Fläche zu gewinnen, ist zu überlegen, ob man bestimmte Dinge auslagert - der Kleiderschrank kann ggf. im elterlichen Schlafzimmer untergebracht werden, ein großes Bücherregal in den Flur gestellt werden  oder ein Schreibtisch im Arbeits- oder Wohnzimmer untergebracht werden.

Extrem wichtig ist es, dass jedes Kind im gemeinsamen Zimmer einen Rückzugsort hat, der nur ihnen gehört und der für das Geschwisterkind absolut tabu ist. In den allermeisten Fällen wird das Bett dazu auserwählt, es kann aber auch eine Kuschelecke oder ein Schreibtisch sein. Bei der Gestaltung seines Rückzugsortes sollte jedes Kind vollkommen frei sein. Der Wunsch nach Individualität ist bei den meisten Kindern essentiell - ein mit einem Geschwisterchen geteiltes Zimmer sollte diesen nicht einschränken. 

Expedit-RegalIndividuelle Wandgestaltung, selbst gewählte Stoffe oder Bettwäsche sorgen dafür, dass die Kinder sich wohl und geborgen fühlen. Die übrigen Bereiche des Zimmers können als Spiel-, Bau- oder Bastelecke gestaltet werden. Am wichtigsten ist ein gutes Ordnungssystem - viele Konflikte in einem gemeinsamen Zimmer drehen sich um das Aufräumen. Je besser die Spiel- und Bastelsachen organisiert sind, desto leichter fällt den Kindern das Aufräumen. Weit verbreitet in Kinderzimmern sind Kallax-Regale von IKEA (ehemals Expedit). Hier kann man in vielen einzelnen Boxen entweder Körbe, Schubladen oder Türen einfügen oder diese als Bücherregal nutzen. So schaffen es die Kinder recht effektiv, selbst Ordnung zu schaffen, weil sie die Spielsachen nur in Kisten oder in kleinen Schränkchen verstauen müssen. Eine bildliche Beschilderung erleichtert es, die Spielsachen zuzuordnen (z. B. eine Box für Handpuppen, eine für Barbie-Sachen, eine für Puzzles, eine für Autos, usw.). Ganz allgemein kann man sagen: Je weniger Spielzeug die Kinder haben, desto besser werden sie miteinander in ihrem Zimmer spielen. Viel Platz ist wichtiger, als viel Spielzeug.

Für die größeren Kinder werden sichere Verwahrungsplätze benötigt, an die die kleineren Kinder nicht heran kommen, da sie oft Spielzeug haben, das etwas empfindlicher ist, als das Kleinkindspielzeug. Für sie sollten entweder ein abschließbarer Schrank (Kinder lieben ihren eigenen "Geheimschrank") oder die oberen Bereiche in einem Regal reserviert werden. 

Kinder mögen außerdemn Symmetrie - wenn es möglich ist, sollten die Möbel, die doppelt vorhanden sind, entsprechend angeordnet werden, um klar abzugrenzen, welcher Bereich wem gehört. Wenn es der Platz zulässt, können die einzelnen Bereiche im Zimmer durch ein Regal oder die Betten abgetrennt werden. Wenn das Zimmer eher klein ist, kann auch ein Paravent oder ein Vorhang genutzt werden. Im Notfall reicht auch eine Abtrennung durch Teppiche oder Striche auf dem Boden

Es ist sinnvoll, möglichst neutrale Möbel auszuwählen und eher bei der Dekoration die Vorlieben der Kinder zu berücksichtigen, so dass das Ambiente nicht allzu zusammengewürfelt aussieht. Wand- und Möbeltattoos lassen sich immer mal wieder wechseln und so den doch recht schnell wechselnden Vorlieben anpassen, während der Rest der Möbel (weiter) miteinander harmoniert.

Hochbetten im Zimmer schaffen Platz am Boden und sind bei Kindern sehr beliebt. Der Platz darunter ist wie geschaffen als individueller Rückzugsort. Wenn sich die Kinder einigen können, wer wo schläft, kann ein platzsparendes Etagenbett im Zimmer aufgestellt werden. Dieses könnte auch als Raumtrenner dienen, um die Bereiche der Kinder abzutrennen. Beachtet jedoch, dass Hochbetten eigentlich erst für Kinder ab ca. 5 Jahren geeignet sind. Wenn die Kinder gerne nah beieinander schlafen und andere geeignete Rückzugsorte haben, kann auch ein Ausziehbett gekauft werden - so bleibt mehr Platz fürs Spielen.

Ältere Kinder brauchen meist weniger Schlaf - es sollte eine Möglichkeit geschaffen werden, dass sie abends noch lesen können, ohne dass die Lichtquelle das andere Kind stört. Das Hören von Hörspielen wäre eine weitere Möglichkeit, den unterschiedlichen Schlafbedürfnissen gerecht zu werden. In Bettnähe kann ein CD-/MP3-Player installiert werden und eine Möglichkeit geschaffen werden, Kopfhörer unterzubringen.

Wann brauchen Kinder ein eigenes Zimmer?


Spätestens, wenn das ältere Kind in die Pubertät kommt, braucht es einen geschützten Raum, in dem es sich komplett zurückziehen kann, ohne gestört zu werden. Ein eigenes Zimmer ist ab da absolut unumgänglich für die freie Entwicklung. Ab etwa 11 bis 13 Jahren entwickelt sich die Sexualität und auch ein neues Schamgefühl, das dazu führt, dass Kinder nicht mehr nackt gesehen werden wollen - sie sollten dauerhaft die Möglichkeit haben, für sich zu sein. Ein eventueller Umzug sollte daher zu diesem Zeitpunkt in der Lebensplanung unbedingt langfristig berücksichtigt werden - etwa mit dem Übergang in die weiterführende Schule sollte die Wohnsituation bei einem gemeinsamen Kinderzimmer geändert werden.

Aber auch schon früher kann es notwendig sein, das gemeinsame Wohnen der Kinder zu beenden. Kommt es zu ständigen Streitereien und belastet das die familiären Nerven dauerhaft, dann sollte eine räumliche Trennung erfolgen. Einfach die Tür schließen zu können und Ruhe zu haben, senkt den Stresslevel schon nachhaltig.

Aber nicht immer erkennt man Probleme an der Lautstärke - manchmal ziehen sich Kinder auch zurück, die mit der Situation unzufrieden sind. Wenn ein Kind immer ruhiger wird und in sich zurückzieht, sollte darüber nachgedacht werden, ob man an der Wohnsituation etwas ändert. 

© Danielle

Dieser Artikel ist als "Werbung" gekennzeichnet, da die Verlinkung vergütet wurde - inhaltlich ist er selbstverständlich - wie immer bei uns - vollkommen unabhängig.

Geburtstag mit der Eiskönigin - Ideen für eine Party mit Anna und Elsa

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Ideen für eine Geburtstagsfeier oder Mottoparty nach dem Film "Die Eiskönigin" - "Frozen"


Meine Töchter werden in diesem Sommer 5 Jahre alt und sind, wie könnte es anders sein, sehr verliebt in die Figuren Anna und Elsa aus dem Film "Frozen". Deshalb war klar, dass es dieses Jahr einen Eisköniginnen-Kindergeburtstag geben muss. Da nicht nur meine Mädchen diesem Film verfallen sind, möchte ich euch hier meine Ideen für die Feier aufschreiben. Vielleicht könnt ihr die eine oder andere davon für eure Party gebrauchen.

Ich werde dafür auch die Online-Shops verlinken, die ich für die Zusammenstellung unserer Party genutzt habe. Ich habe dafür aber von keinem dieser Shops eine Vergütung erhalten - dies hier ist kein sponsored Post, sondern einfach ein Artikel mit privaten Empfehlungen. Wie gesagt, ich bekomme dafür kein Geld - das sind alles Dinge, die ich für unseren Geburtstag benutzt und die ich selbst für gut befunden habe. 

Die Einladungen


Ich bastele nicht so gern, deshalb sehen unsere Einladungen normalerweise nicht besonders einfallsreich aus. Dieses Jahr aber fand ich auf dem Flohmarkt eine Elsa-Perücke und weil meine Töchter damit so furchtbar niedlich aussehen, kam mir die Idee, sie damit in einem blauen Kleid zu fotografieren und dieses Bild dann als Einladung zu benutzen.
Photo by Captivation

Da wir in Berlin wohnen und es hier den besten Kinderfotografen der Welt gibt, habe ich dem die Aufgabe übergeholfen, meine Töchter ins rechte "Frozen"-Licht zu setzen. Wir gingen also zu Captivation in die Schliemannstraße 29. Das ist unser Haus-und Hoffotograf, bei dem wir drei Mal im Jahr die Geburtstagsbilder meiner Kinder machen lassen - diesmal eben etwas früher, um ein Bild für die Einladungen zu haben. Das tolle an Captivation ist, dass hier niemand still stehen muss, bis das Foto im Kasten ist. Im Gegenteil: Gewünscht ist, dass die Kinder rennen, hüpfen, Ball spielen und vom Sofa springen, damit am Ende wunderbar natürliche Fotos in Bewegung entstehen. Er ist natürlich nicht billig, das gebe ich gern zu. Aber ich habe schon viele, viele Fotografen ausprobiert in Berlin, habe meist in etwa genauso viel bezahlt oder war am Ende, wenn ich weniger löhnen musste, von den Fotos so enttäuscht, dass ich mich geärgert habe. Die Ausgabe lohnt in jedem Fall. Ich sage es gern nochmal: Es! Gibt! Keinen! Besseren! Kinderfotografen! In! Berlin!

Nachdem die größte Hürde mit dem Foto geschafft war, suchte ich nach eisblauem Papier, knickte dieses zur Einladungskarte und schrieb darauf mit weißem Permanentmarker. Um das ganze noch ein wenig zu verschönern nutze ich unseren Bordürenstanzer. Wie ihr auf dem Foto sehen könnt, habe ich auf der vorderen Kartenseite den Rand des eisblauen Papiers mit Hilfe des Stanzers verziert und dann auf der Gegenseite weißes Papier (ebenfalls gestanzt) so geklebt, dass die ausgestanzten Schneeflocken der Vorderseite weiß hindurchschimmern. Habt ihr keinen Stanzer zuhause, könnt ihr natürlich auch auf Aufkleber ausweichen oder ganz einfach mit dem weißen Stift Schneeflocken malen. Ich bin da eher pragmatisch veranlagt - hätte ich den Stanzer nicht schon hier gehabt, hätte ich die Schneeflocken nur aufgemalt, um keine zusätzlichen Kosten zu haben. Aber es sieht gestanzt natürlich insgesamt sehr hübsch aus, wenn man sich die Arbeit machen will.

Die Verkleidung


Für die Elsa-Fotos brauchten wir ein Kleid, einen Umhang und eine Perücke. Letztere kann man im Disney Store für etwa 16 Euro kaufen. Auf dem Flohmarkt habe ich 3 Euro dafür bezahlt. Hat euer Kind lange Haare (meine nämlich nicht), dann reicht es auch, wenn ihr einen schönen Zopf flechtet.
Photo by Captivation
Das Kleid war eins von H&M, welches dem Elsa-Kleid ein wenig ähnelt. (Es ist an sich Türkis, leider ein bisschen zu grün, aber meine Töchter lieben es trotzdem). Ich kann Kostüm-Kleider wegen des schlimmen Stoffes nämlich nicht leiden und kaufe meinen Kindern daher lieber "richtige" Kleider, die sie dann auch im Alltag tragen können, ohne wie blöd darin zu schwitzen. Könnt ihr ein bisschen nähen, bietet es sich auch an, das Elsa-Kleid mit schönen Stoffen nachzunähen.

Photo by Captivation
Wollt ihr das echte Elsa-Feeling, gehört auch noch ein Umhang dazu. Bei Dawanda gibt es passenden Schneeflockenstoff. Eine Freundin von mir hat die Umhänge für uns genäht, aber zur Not hätte ich Saum oben umnähen und eine Kordel einziehen auch selbst geschafft - ihr kriegt das sicher auch hin. Wenn ihr wirklich nicht nähen könnt, dann dürft ihr euch natürlich auch vertrauensvoll meine Freundin wenden. Lasst euch nicht von der ein wenig unaufgeräumten Internetseite Unikate by MM abschrecken - Webseiten designen ist nicht ihr Ding, aber Klamotten nähen kann sie wirklich gut.

Apropos Dawanda - für den Kindergarten habe ich meinen Töchtern übrigens Geburtstags-Bügelbilder von Elsa aufs T-Shirt geklebt. Vielleicht wollt ihr das auch?

Die Eisköniginnen-Party

 

Schnipseljagd/Schnitzeljagd mit Anna und Elsa


Meine Töchter haben sich für den Beginn ihrer Party eine Schatzsuche gewünscht, was mir sehr gelegen kommt. Die Erfahrung der vergangenen Jahre hat gezeigt, dass das ist zwar logistisch ein ziemlicher Aufwand ist, aber die Meute meist sehr schnell und ohne Umschweife an den eigentlichen Partyort bringt. Bei ist das Ziel ein kleiner Wasserspielplatz, der etwa zwei U-Bahnstationen von unserem Kindergarten entfernt liegt. Ich werde also einen weiteren Erwachsenen (meinen Bruder, er weiß aber noch nichts von seinem Glück ;-)) beauftragen, etwa 10 Minuten vor uns loszugehen und Pfeile auf den Boden zu malen. Zunächst aber hole ich alle Kinder vom Kindergarten ab und lese ihnen einen Brief von Elsa vor. Sie schreibt, dass sie im Königreich Arendelle einen Schatz für uns versteckt hat. Um nach Arendelle zu gelangen, sollen die Kinder den Pfeilen auf dem Boden folgen. Es müssten jedoch unterwegs ein paar Rätsel gelöst werden, damit sichergestellt ist, dass die Kinder für die große Schatzsuche im Königreich geeignet sind... 

Ab und zu wird es also auf dem Weg einen Hinweis auf ein verstecktes Geheimnis geben, welches die Kinder dann dort suchen müssen. Für euch bedeutet das, dass ihr den Weg des Schatzsuche ein paar Tage vorher schon mal ablaufen müsst, um geeignete Verstecke zu finden. Neben einem Wegpfeil wird dann ein X auf dem Boden mit Kreide gemalt sein. Ein kleiner Zettel, angebracht an einem Zaun, einem Baum, einer Laterne muss von den Kindern gefunden werden. Darauf steht, wo in etwa sie nach dem Geheimnis suchen sollen. Je nach Alter eurer Kinder könnt ihr hier den Schwierigkeitsgrad des Rätsels variieren. In unserem Fall werden die Weg-Geheimnisse kleine Elsa-Zöpfe sein, die sich die Mädchen dann nach und nach ins Haar stecken können. Das Kind, das das Geheimversteck findet, darf den Zopf behalten. Ich habe diese Zöpfe beim Stöbern im Internet gefunden und finde sie für den Preis qualitativ echt gut. Für 8 weißblonde Zöpfe samt Haarspange habe ich 20 Euro bezahlt, also 2,50 Euro pro Zopf. Das ist nicht billig, war mir der Spaß aber wert, denn so sind die kleinen Gäste gleich gut "gekennzeichnet", wenn wir auf dem Wasserspielplatz ankommen. So behalte ich besser im Überblick, wer zu uns gehört, und wer fremdes Kind ist. Außerdem steigern diese Elsa-Assesoires die Vorfreude der Kinder, denn sie sollten ja beweisen, dass sie Schatzsucher-Qualitäten haben.

Eiskönigin-Schatzsuche


Sind wir beim Wasserspielplatz angekommen, beginnt die Schatzsuche. Sie wird bei uns zwei Teile beinhalten. Für den ersten Teil wird es eine versteckte Truhe geben - das sind meine Kinder von den vergangenen Geburtstagspartys gewohnt. Normalerweise sind in dieser Truhe dann immer die Zutaten für die Geburtstagsbastelei. Wir hatten schon Perlen für Ketten oder auch Schmucksteine, um Kronen zu bekleben. Für diesen Geburtstag habe ich "Schneearmbänder" geplant. Für diese habe ich zunächst eine Menge weiße Loom-Gummis gekauft. Da hatte ich richtig Glück, denn in dem 1-Euro-Shop in unserer Straße wurden sie mir quasi hinterher geworfen. Ich habe für vier kleine Päckchen weißer Gummis nur einen Euro bezahlt. Da ich nicht sicher bin, wie viele Gummis wir brauchen werden, habe ich insgesamt 8 Päckchen gekauft. Das ist ganz sicher viel zu viel, aber ich habe gern Reserven dabei. Meine Töchter loomen sehr gern. Es ist aber auch so leicht zu erlernen, dass Gäste, die das vielleicht noch nie gemacht haben, es innerhalb weniger Minuten erlernen können. Als zusätzliches Highlight für die Armbänder habe ich kleine Schneeflockenanhänger gekauft, die die Kinder in die Loom-Bänder mit einflechten sollen. Beachtet bitte, das die Anhänger, die ich gekauft habe, direkt aus China importiert werden und deshalb ewig brauchen. Wir haben gut zwei einhalb Wochen darauf gewartet, was okay ist, weil ich früh genug mit der Planung begonnen habe. 


Auch aus China geschickt (und etwa vier Wochen unterwegs) werden diese Elsa-und-Anna-Ketten, die ich als weiteres Mitbringsel in die geheime Tasche unserer Schatztruhe (eine weitere Ebene unter den Loombändern) legen werde. Pro Kette bezahlt ihr 1 Euro, was ich für eine Mitbringseltüte angemessen finde. Die Anhänger haben wirklich ganz annehmbare Qualität und sind hübsch anzusehen. Sie unterscheiden sich wohltuend von dem üblichen Kram, der normalerweise für Mitbrinseltüten angeboten wird. Die Ketten dagegen mag ich nicht - ich empfinde sie als Gefahrenquelle (reißen nicht schnell genug), daher werde ich sie nicht nutzen und die Kinder stattdessen eine Kette loomen lassen.

Haben die Kinder auf dem Wasserspielplatz die Schatztruhe gefunden, dann besitzen alle jetzt einen Elsa-Zopf, ein Schneearmband (bzw. die Teile dafür) und einen Anna-und-Elsa-Kettenanhänger. Nun kann das Spielen beginnen. Um das ein wenig in Schwung zu bringen, liegt in unserer Schatzkiste ein weiterer Brief von Elsa bei. Darauf schreibt sie, dass sie im Sand bei der Wasserquelle viele ihrer Schnee-Kristalle verloren hat und ob die Kinder ihr nicht helfen wollen, diese zu finden. Dies ist der zweite Teil unserer Schatzsuche.

Edelstein-Schürfen


Mein Bruder-Assistent wird in der Zeit, wenn die Mädchen die Schatztruhe suchen, im Sand an der Wasserquelle ein bis zwei Hände voller kleiner "Diamanten" verstreuen. Einige sollen leicht zu finden sein, doch der Hauptteil soll schon so im Sand liegen, dass es einige Zeit kostet, sie wiederzufinden. Ich habe einen übrig gebliebenen 5000-Pack der kleinen Steinchen bei einer Freundin abgestaubt, die gerade Hochzeit gefeiert hatte und sie als Dischdeko nutze. 5000 sind natürlich für unsere Geburtstagsfeier viel zu viel. Je nachdem, wie viele Gäste ihr habt, würde ich zwischen 500 und 1000 Steinchen im Sand verteilen. Es sollte schon ein bisschen Mühe kosten, die Steine zu finden, dann sind sie für die Kinder um so wertvoller. 


Zum Aussieben des Sandes brauchen die kleinen Schatzsucher natürlich Sand-Siebe. Ich habe einfach alle zusammengesucht, die wir so zuhause hatten, d.h. unsere sind kunterbunt gemischt in Farbe und Form. Wollt ihr auch hierbei dem Eisköniginnen-Motto treu bleiben, bieten sich die qualitativ hochwertigen hellblauen Siebe von Spielstabil an. Ihr bekommt die in jedem gut sortierten Spielzeugladen.

Der Plan ist also, dass sich nun alle unsere Gäste mit den Sieben bewaffnet in den Sand begeben, und dort anfangen, nach den Edelsteinen zu schürfen. Ich hoffe, dass sich daraus dann ein freies Spiel entwickelt, denn der Spielplatz bietet sich dazu wunderbar an. In den vergangenen Jahren war es eigentlich so, dass die Kinder recht bald angefangen haben, miteinander zu spielen, ohne, dass ich Party-Spiele anbieten musste. Für alle Fälle habe ich jedoch natürlich ein paar Punkte im Unterhaltungsprogramm in petto. 

Alternative Spielideen 


Schneeflocken ausschneiden


Für Kinder, die eine Pause vom Spielplatz brauchen, habe ich Papier und Schere dabei. Damit können sie sehr schnell und einfach Schneeflocken ausschneiden. Eine wirklich einfache Anleitung findet ihr auf dieser Seite. Für die Mitbringseltüte habe ich ebenfalls ein paar Schneeflocken zum Ausschneiden. Diese sind von Labbé - ich hatte sie mal für meine Schüler gekauft. Ganz sicher bin ich mir nicht, ob sie für 5-Jährige nicht vielleicht noch ein bisschen schwer auszuschneiden sind.




Male eine Elsa


Für 5-Jährige ist das eine sehr schwierige Aufgabe, aber ich werde diese Malanleitung zumindest bereit halten. Ich hoffe nur, dass niemand explodiert, weil es nicht so klappt, wie gewünscht. Auch diese Anleitung wird am Ende in die Mitbringseltüte wandern. Ihr solltet dafür vorbereitete Blätter parat haben (Linien ziehen!) und Stifte bereit halten.

Ausmalen


Es gibt mittlerweile ein Malbuch von dem Film Frozen, so dass es leicht ist, für die kleinen Geburtstagsgäste Ausmalunterhaltung zu schaffen. Ich habe einfach dieses Buch für nicht einmal 3 Euro gekauft und die schönsten Seiten im Kopierladen vervielfältigt. So können sich die Gäste ein Bild aussuchen und dieses ausmalen, wenn sie wollen. Da es auf dem Spielplatz keine Tische gibt, werde ich Klemmbretter und Stifte dabei haben.

Anderes


Mehr Spielideen werde ich nicht anbieten, aber wenn ihr noch eine tolle Anregung habt, dann postet sie bitte in den Kommentaren, damit alle Eltern etwas davon haben.


Eisköniginnen-Essen



Eiskönigin-Kuchen


Es soll ja Mütter geben, die ganz fantastische Muffins und Kuchen zum Geburtstag ihrer Kinder zaubern - ich gehöre jedoch nicht dazu. Ich gehöre eher in die Kategorie der Mütter, die Andrea Harmonika in ihrem überaus lustigen Blogpost "Idiotensicheres DiY für Idioten" beschreibt.

Ich kann also keinen Kuchen und keine Muffins mit Elsa Motiven verzieren. Ich muss darauf zurückgreifen, das andere das für mich machen. Da wir nun schon diese tollen Elsa-Fotos unserer Töchter haben, werde ich diese auch gleich nutzen, um daraus eine Kuchenverzierung aus Schokolade anfertigen zu lassen. Ich bestelle sehr gern bei Schokofoto.de die Tortenaufleger eben mit einem hochgeladenen Motiv meiner Wahl. Wem das zu viel ist, der kann natürlich auch auf das einfache Esspapier zurückgreifen, dass es von Anna und Elsa gibt. Beachtet aber, dass ihr die runden Förmchen erst noch ausschneiden müsst. Einfacher, aber nicht essbar, sind diese Muffinverzierungen, die ich nehmen würde, wenn mir die Schoko-Foto-Sache zu teuer wäre. Wenn ihr eine Kuchenverzierung wollt, mit der eure Kinder hinterher noch spielen können, dann empfehle ich euch die (ziemlich teuren) Magic Clip Figuren von Elsa und Anna. Meine Töchter spielen damit jeden Tag. Von Bullyland gibt es auch Frozen- Figuren, die sich auf den Kuchen stellen lassen, aber bei denen kann man die Kleider natürlich nicht wechseln - sie sind aber insgesamt billiger, als die Magic Clip Figuren. Was ich genau für einen Kuchen backen werde, weiß ich noch nicht genau. Vermutlich wird es ein einfacher Rührkuchen werden, denn zu mehr reicht es bei meinen Backkünsten leider nicht. Richtig cool wäre natürlich eine Eistorte, doch da wir ja auf einem Spielplatz feiern, fällt diese Option wahrscheinlich weg. 

Eiskönigin-Abendbrot


Da wir ja auf dem Wasserspielplatz feiern, muss ich etwas zu essen anbieten, das ich vorkochen kann und was sich dann auch bei Hitze etwas hält. Oder - ich muss bestellen. Meine Töchter haben sich Pizza gewünscht und die wird es nun auch geben. Ich werde sie einfach liefern lassen. Das ist zwar relativ teuer, aber nimmt mir eben auch die gesamte Arbeit ab. Ich hatte schon erwähnt, dass ich nicht so gerne koche, oder? Habt ihr Ideen für ein tolles Frozen-Menü, dann postet eure Rezepte unten in den Kommentaren! 

Eisköniginnen-Süßigkeiten


Meine Kinder lieben Süßigkeiten, deshalb dürfen diese natürlich nicht an ihrem Geburtstag fehlen. Ich hänge dafür immer eine Pinata auf, die von den Gästen kaputt gehauen werden darf. Dieses Jahr habe ich diese Pinata von Anna und Elsa bestellt. Es hat gut zwei Wochen gedauert, bis sie bei uns ankam. Sie ist ganz niedlich, ich denke aber, man könnte auch eine günstigere Pinata kaufen und dann auf diese noch ein paar Eisköniginnenbilder kleben, dann hätte man denselben Effekt. Beachtet, dass die von mir bestellte Pinata eine Zug-Pinata (also mit Bändern) ist, die nicht mit Stöckern behauen wird. 

Getränke für Prinzessinnen


Meine Kinder trinken am liebsten Wasser, deshalb werde ich das auch nur so auf dem Geburtstag anbieten. Meine Idee ist, das Christinen Carat Wasser zu nutzen, denn es die Verpackung ist einem Eiskristall schon sehr ähnlich. Auf das Logo werde ich ein Bild aus dem Frozen-Film kleben. dazu nutze ich die Reste von Zeitschriften, die bei uns zuhause rumliegen. Da dann jede Flasche ein anderes Bild hat, können die Kinder ihr persönliches Wasser auch leichter wiederfinden. 

Frozen-Geschirr


Eigentlich hatte ich geplant, normale weiße Pappbecher und Teller zu nutzen, denn weiß ist ja auch der Schnee, nicht? Dann aber stolperte ich bei Nanu Nana über Pappgeschirr von Anna und Elsa und was soll ich sagen, ich konnte leider nicht widerstehen. Ich habe nun ein paar Cent mehr bezahlt, als ich vorhatte, aber viel wer das wirklich nicht. Für 6 Becher habe ich 95 Cent bezahlt, für 6 Teller 1,50 Euro. 

Anna-und-Elsa-Mitbringseltüten


Ich bin ohne Mitbringseltüten aufgewachsen und stehe diesem Konzept eigentlich kritisch gegenüber. Ich finde es doof, dass ich den Gästen meiner Kinder offensichtlich etwas schenken muss. Leider kann ich mich dem Gruppendruck irgendwie nicht entziehen, denn das würde bedeuten, dass meine Töchter traurig sind. Außerdem kann ich mich an genau zwei Geburtstage bei Freundinnen aus meiner eigenen Kindheit erinnern- bei beiden habe ich etwas Kleines geschenkt bekommen, einmal einen Kugelschreiber (Woah, oder?!) und einmal ein kleines Plastikmännchen. Beide Mitbringsel habe ich gehütet wie einen Schatz.

Ich habe also beschlossen, doch Mitbringseltütern zu packen, sie aber nicht mit Schruz zu füllen, sondern mit schönen Sachen. In unserem Fall sind das die Loombänder mit den Schneeanhängern, die Anna- und Elsa-Ketten, der Elsa-Zopf, kleine Diamanten, Schneeflocken zum Ausschneiden, einer Anleitung zum Malen von Elsa, einem Frozen-Ausmalbild und Süßigkeiten aus der Pinata. Unsere Tüten sind übrigens normale Billig-Geschenktüten. Diese kleinen Plastiktüten werde ich dazu nutzen, die von dem Mädchen im Sand gefundenen Diamanten zu verstauen. Zusammengerechnet habe ich etwa 5-6 Euro pro Kind ausgegeben. Lässt man den Zopf weg, der ja ein Luxus ist, den ich mir gern leisten wollte, sind wir bei etwa 3 Euro. Allerdings hatte ich auch Glück beim Preis der Loombänder.

Gestern kam eine meiner Tochter mit einer Mitbringseltüte heim, da war das Frozen-Malbuch drin, einmal Frozen-Seifenblasen und Süßigkeiten. In etwa hat das 4-5 Euro gekostet. Das fand ich wirklich ausreichend.

Man könnte auch für jeden Gast eine Frozen-Zeitschrift kaufen. Diese kostet 3,50 Euro, hat ein bis zwei Poster drin und meist irgendeine Kleinigkeit wie zum Beispiel Panini-Karten oder Aufkleber. Kinder lieben diese Zeitschriften im Allgemeinen, auch wenn sie noch nicht lesen können, deshalb würdet ihr damit sicher einen Hit landen. Mehr als die Zeitschrift würde ich dann jedoch nicht in die Tüte packen. 

Die Eiskönigin-Party - Happy Birthday!


So - mehr Tipps habe ich nicht für euch. Da unsere Geburtstagsfeier noch bevorsteht, kann ich euch auch noch nicht sagen, ob sich alles, was ich geplant habe, so bewährt hat, oder nicht. Eigentlich kann ich nur hoffen, dass es nicht regnet, denn sonst fällt unser Abenteuer buchstäblich ins Wasser....

Ich wünsche euch allen viel Spaß bei eurer eigenen Eisköniginnen- Party! Und: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

© Snowqueen

Kinder ertrinken meist lautlos und unbemerkt

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Wasser ist für Kinder und Babys lebensgefährlich - über primäres und sekundäres Ertrinken

 
Junge schwimmt im HallenbadDeutschland leidet unter der momentanen Hitzewelle - fast alle Familien flüchten an die Seen, in die heimischen Pools und in die Freibäder. Leider häufen sich in den Nachrichten aktuell die Meldungen über Badeunfälle. Ertrinken ist in Deutschland bei Kindern bis 5 Jahren die häufigste Unfalltodesursache in Deutschland: pro Jahr ertrinken etwa 200 Kinder. Die meisten Säuglinge und Kleinkinder (etwa 73 %) ertrinken nicht im Meer oder in einem See, sondern im Garten in einem Pool, dem Gartenteich oder in der Badewanne. Die Wasserhöhe lag dabei meist nur zwischen drei und dreißig Zentimeter. Daher ist es von großer Wichtigkeit, den Garten entsprechend zu sichern und Kinder nicht unbeaufsichtigt baden zu lassen.
 
 

Ertrinken geschieht meist lautlos und wird häufig nicht erkannt!

 
Wenn man ans Ertrinken denkt, dann hat man Bilder von wild mit den Armen rudernden Menschen vor Augen, die verzweifelt schreien. Solche Situationen kommen durchaus vor, jedoch vergleichsweise selten. Menschen, die noch lärmen und mit den Armen fuchteln können, befinden sich in einer sogenannten Wassernotsituation. Zwar bedürfen sie natürlich auch sofortiger Hilfe, sie stehen jedoch noch nicht unmittelbar vor dem Ertrinken. Üblicherweise geht Ertrinkungsfällen keine Wassernotsituation voraus - sie geschehen lautlos und damit häufig unbemerkt.
 
In den meisten Fällen kommt es sofort zu einem instinktiven Notprogramm des Körpers, das ganz leise und oft bewegungsarm verläuft. Daher erkennen Menschen manchmal gar nicht, dass jemand gerade ertrinkt, obwohl sie direkt daneben stehen. Bei der Hälfte der ertrinkenden Kinder steht ein Elternteil nicht weiter als 20 m daneben - zehn Prozent der Eltern erkennen nicht einmal, dass ihr Kind gerade ertrinkt, obwohl sie direkt daneben stehen.

Wenn Kinder in einen kalten Pool oder ein eisiges Gewässer fallen, kann es passieren, dass sie sich so sehr erschrecken, dass das zu einer Überreizung der Nerven führt und der Körper in eine Bewusstlosigkeit (Affektkrampf) fällt. Üblicherweise unterbricht der Atemreflex diese nach kurzer Zeit - wenn sich das Kind dann im Wasser befindet, wird es dieses sofort einatmen und in aller Regel keine Bewegungen mehr machen. Von Eltern, die solche Vorfälle erlebt haben, wird immer wieder berichtet, dass das Ins-Wasser-Fallen wesentlich leiser vonstatten ging, als sie es vermutet hätten. Man erwartet, einen lauten Platsch zu hören, doch das Untertauchen geschieht oft fast vollkommen geräuscharm und damit unbemerkt.

In diesem Zusammenhang möchte ich gerne dieses Video der SLRG empfehlen (sehr emotional), das deutlich macht, dass auch für kleine Kinder geringe Wassermengen ausreichen, um darin zu ertrinken :


 
 

Wie läuft Ertrinken ab?

 

Primäres Ertrinken

 
Um das Funktionieren der Atmung sicher zu stellen, werden Körperfunktionen, die die Atemwege benötigen, quasi "ausgeschaltet". Im Atemnotprogramm ist sprechen daher unmöglich. Während des Ertrinkens ist der Mund zudem immer wieder unter Wasser. Taucht der Ertrinkende auf, nutzt er die kurze Zeit, um zu Atmen. Hilferufe sind daher normalerweise nicht zu hören, wenn der Körper schon im Überlebenskampf ist.
 
Beim Ertrinken streckt man die Arme üblicherweise instinktiv weit nach rechts und links um möglichst an der Wasseroberfläche zu bleiben. Für ein Winken oder Fuchteln mit den Armen müsste diese Position verlassen werden, daher unterbleibt dies in der Regel auch. Im instinktiven Überlebensprogramm kann der Ertrinkende auch nichts mehr aktiv zu seiner Rettung beitragen - er muss aus dem Wasser gezogen werden.
 
Einen Ertrinkenden erkennt man an folgenden Anzeichen:
  • Der Kopf ist weit nach hinten geneigt und der Mund befindet sich in Höhe der Wasseroberfläche.
  • Die Augen sind geschlossen oder glasig und leer.
  • Haare hängen vor der Stirn und den Augen.
  • Der Ertrinkende steht aufrecht im Wasser und bewegt die Beine nicht.
  • Die Atmung ist beschleunigt, es wird nach Luft geschnappt.
  • Der Ertrinkende versucht zu schwimmen, ohne vorwärts zu kommen oder versucht, sich auf den Rücken zu drehen.
  • Manchmal sieht es so aus, als würde der Ertrinkende versuchen, eine Leiter, zu der er aufschaut, hinauf zu klettern.
 
Beobachtet man solche Anzeichen, bleiben in der Regel nur noch 20 bis 60 Sekunden, bevor der Ertrinkende endgültig untergeht. Er schafft, ungefähr eine Minute lang die Luft anzuhalten (Kinder eher kürzer), bevor ihn der Atemreflex zum Atmen zwingt. Dabei gelangt Wasser in die Lungen, was nach etwa zwei Minuten zu einem Zwerchfellzittern und einem Stimmritzenkrampf. Der Tod durch den Sauerstoffmangel tritt nach drei bis fünf Minuten ein.
 

Sekundäres Ertrinken

 
Das sekundäre Ertrinken tritt in der Regel nach "Fast-Badeunfällen" auf - dabei war das Kind für sehr kurze Zeit unter dem Wasser, es wurde aber sofort wieder an die Oberfläche geholt. Normalerweise erholen sich Kinder von diesem Schrecken recht schnell und man macht sich keine weiteren Gedanken.
 
Das - auch nur kurzzeitige - Einatmen der Flüssigkeit führt jedoch unter Umständen zu einer Lungen-Komplikation (spätes acute respiratory distress syndrome) oder einer Aspirationspneumonie (Lungenentzündung). Durch den Fremdstoff Wasser entzündet sich das Gewebe dabei in der Lunge und es bilden sich Wasseransammlungen (Ödeme). Werden diese nicht behandelt, kann das innerhalb von wenigen Stunden zum Tod führen.
 
In den meisten Fällen verursachen Beinahe-Badeunfälle das sekundäre Ertrinken. Aber auch bei Sprüngen in Wasser oder durch Wasserrutschen besteht die Gefahr, dass das Badewasser in die Lunge gelangt. Schon geringe Mengen können problematisch werden - vor allem bei jüngeren Kindern. Als Faustregel gilt: Kritisch wird es ab einer Menge von 2 ml je kg Körpergewicht, die eingeatmet werden.
 
Kind springt in den PoolDas sekundäre Ertrinken äußert sich vor allem durch verändertes Atmungsverhalten. Problematisch ist vor allem, dass die Symptome erst Stunden nach dem Unfall auftreten und daher nicht unmittelbar mit dem Geschehen in Verbindung gebracht werden. Die Kinder husten verstärkt oder atmen ungewöhnlich schnell. Häufig sind die Lippen wegen des Sauerstoffmangels verfärbt. Meist wirken Kinder teilnahmslos, was besonders gefährlich ist, weil Eltern sie dann schlafen legen.
 
Sollte sich also das Atmungsverhalten eines Kindes nach einem Fast-Badeunfall verändern, sollte man immer sofort die Rettungsstelle aufsuchen.
 

Trockenes Ertrinken

 
Dringt Wasser in die Lunge ein, gibt es einen natürlichen Reflex, der den Körper schützen soll. Durch einen Stimmritzenkrampf verschließen die Stimmbänder die Luftröhre und verhindern das eindringen weiteren Wassers. Das ist von Vorteil bei der Wiederbelebung, da weniger Wasser in die Lunge gerät und die Lungenbläschen den gespendeten Sauerstoff aus der Atemspende besser aufnehmen können. Wenn sich dieser Krampf allerdings nicht löst, dann erstickt die Person qualvoll - man spricht von sogenanntem "trockenen Ertrinken".
 

Nasses Ertrinken

 
Beim nassen Ertrinken unterscheidet man zwischen Ertrinken im Salzwasser und Ertrinken im Süßwasser.
 

Ertrinken im Meer

 
Besonders Problematisch ist das Ertrinken im Meer. Der Salzgehalt des Wassers ist höher, als der des Körpers. Gelangt also Salzwasser in die Lunge, ist der Körper bemüht, die Konzentrationsunterschiede auszugleichen, in dem er Wasser aus dem umliegenden Gewebe entzieht und damit das Salzwasser verdünnt (Osmose). Das führt dazu, dass zusätzlich körpereigenes Wasser in die Lunge gelangt und das Atmen zusätzlich erschwert. Das Blut wird zähflüssiger und transportiert den lebenswichtigen Sauerstoff entsprechend langsamer - außerdem beginnt es zu verklumpen.
 

Ertrinken im Süßwasser

 
Der Ausgleich des Salzgehaltes hat beim Einatmen von Süßwasser den Effekt, dass der Körper versucht, dieses entsprechend der Salzkonzentration im Körper anzupassen und drückt es in den Blutkreislauf. Durch die Zunahme des Blutvolumens können die Blutkörperchen platzen und durch den mit der Blutverdünnung einher gehenden Kaliummangel kann es zum Herzkammerflimmern kommen. Letzteres ist der Grund, warum die Überlebenschancen in Süßwasser geringer sind, als im Salzwasser.

Kind steht an einem Fluss
 
 

Wiederbelebungsmaßnahmen

 
Ich habe bereits einen ausführlichen Artikel über die Wiederbelebung von Babys und Kindern geschrieben. Hier möchte ich auf die spezielle Situation beim Ertrinken eingehen. Wichtig ist zunächst zu wissen, dass man Kinder nach einem Badeunfall nicht an den Füßen mit dem Kopf nach unten halten und schütteln sollte - diese Praxis ist noch weit verbreitet und definitiv nicht dazu geeignet, das Wasser aus den Lungen zu bekommen.
 
Um zu prüfen, ob das Kind noch atmet, legt man ein Ohr dicht an Mund und Nase, der Blick ist dabei auf die Brust gerichtet. Es wird nun geprüft, ob Atemgeräusche zu hören oder ein leichter Luftzug zu spüren ist. Auch der Brustkorb wird beobachtet - er bewegt sich normalerweise beim Atmen auf und ab. Das ganze sollte jedoch maximal zehn Sekunden dauern.

Atmet das Kind nicht, wird sein Kopf (bei Kindern ab einem Jahr) leicht überstreckt und drei Mal beatmet. Der Beatmende holt ganz normal Luft (kein tiefes Einatmen!) und bläst ganz sanft für ein bis zwei Sekunden Luft in die Atemwege des Kindes, bis sich der Brustkorb sichtbar hebt. Die Nase des Kindes sollte dabei zugehalten werden. Je jünger das Kind ist, desto mehr Vorsicht ist geboten - zu viel Druck kann die Lunge beschädigen.
 
Nach drei Atemspenden wird kontrolliert, ob die Atmung wieder eingesetzt hat. Ist das nicht der Fall, wird noch dreimal beatmet. Wenn auch die zweite Beatmung nicht erfolgreich ist, erfolgt sofort eine Herzdruckmassage. Während bei Erwachsenen sofort der Notarzt gerufen werden sollte, ist es bei Kindern besser, zunächst zu beatmen und eine Minute wiederzubeleben, wenn man alleine ist.

Für die Herzfruckmassage wird ein Handballen auf das untere Drittel der Mitte des Brustkorbes gelegt. Der Ballen der anderen Hand wird auf den Handrücken der anderen Hand gelegt. Beide Hände werden durchgestreckt und drücken den Brustkorb ca. 1/3 in Richtung Wirbelsäule - das sind bei Babys 2-3 cm, bei Kleinkindern etwa 4 cm. Man muss relativ schnell drücken - etwa zweimal in der Sekunde. Wenn man dabei im Kopf die Melodie von "Yellow submarine" hat, dann ist das die richtige Geschwindigkeit. Nach 30 Sekunden wird zweimal Atem gespendet.

Die Sauerstoffvorräte im Blut reichen eine Weile, so dass für einige Minuten auch eine reine Herzdruckmassage ausreichend wäre. Das wird für ungeübte Ersthelfer auch teilweise explizit so empfohlen - lieber eine regelmäßige ununterbrochene Herzmassage, als verwirrtes Wechseln zwischen Massage und Beatmung. Bevor man gar nichts macht, weil man vor Ehrfurcht erstarrt: Mache wenigstens die Herzmassage - sie allein steigert die Überlebenschancen schon enorm!

Das wird so lange fortgeführt, bis das Kind Lebenszeichen zeigt oder der Notarzt eintrifft. Wenn das Kind zu sich kommt, bevor der Arzt da ist, wird es in die stabile Seitenlage gebracht (siehe dazu auch der oben verlinkte Artikel) und Atmung und Bewusstsein ständig weiter überprüft.

© Danielle

 

Quellen

 
 
 
 
 


Sind Schnuller schädlich? Alles über künstliche Sauger

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Saugen ist ein Grundbedürfnis


Alle Babys werden mit einem Saugreflex geboren. Das Saugen dient vor allem der Nahrungsaufnahme, wird von Babys aber auch gerne zur Beruhigung oder Entspannung praktiziert. Viele Kinder haben ein recht hohes Saugbedürfnis, das sie gerne für längere Zeit an der Brust stillen wollen. Allerdings ist es für die meisten Mütter recht schwierig, diesem Bedürfnis ausreichend nachzukommen - wunde Brustwarzen und verständnislose Blicke in der Öffentlichkeit führen dazu, dass hierzulande gerne zu einem Ersatz gegriffen wird - dem Schnuller.
 

Die Vorteile von Schnullern


Schnuller sind für viele Kinder das ultimative Beruhigungsmittel. Das Saugen hat eine entspannende und beruhigende Wirkung und ist damit eine effektive Methode, die Selbstregulation zu unterstützen. Studien haben auch Hinweise darauf gegeben, dass Schnuller in Bezug auf SIDS eine präventive Wirkung haben können - dies ist jedoch umstritten.

Bei Kindern mit einem extrem hohen Saugbedürfnis, dem die Mutter mit ihrer Brust nicht nachkommen kann oder will, ist ein künstlicher Sauger eine große Entlastung.

Schnuller sind eine Alternative zum Daumenlutschen, das eine wesentlich höhrer Gefahr für eine Kieferdeformierung birgt. Es ist außerdem schwerer abzugewöhnen, weswegen in der Regel länger am Daumen, als an Nuckeln gelutscht wird.
 

Die Nachteile von Schnullern

 

Saugverwirrung

 
Stillende Mütter sollten in den ersten Wochen auf einen Schnuller verzichten, da dieser eine Saugverwirrung auslösen kann. Das Baby hat dabei Schwierigkeiten, zwischen den verschiedenen Saugtechniken an der Brust und am künstlichen Sauger zu wechseln. Deutlich wird eine solche Saugverwirrung meist, wenn Babys beim Trinken unruhig werden und immer wieder die Brustwarze loslassen, sie beißen und schimpfen. Bei Müttern führt dieses Trinkverhalten oft zu Schmerzen, bei den Kindern zu einer schlechten Gewichtszunahme.

Schnuller und die Stilldauer


Es gibt Untersuchungen, die ergeben haben, dass der Gerbrauch von Schnullern mit einer kürzeren Stilldauer einhergeht. Allerdings ist fraglich, ob der Gebrauch des Schnullers dafür ursächlich ist oder mit einer ohnehin geringen Stillmotivation zusammenhängt. Denn bei Kindern, die von ihren Müttern engagiert und aus Überzeugung gestillt werden, konnte ein solcher Zusammenhang nicht hergestellt werden.

Schnuller und Milchmenge


Wenn Babys ihr Saugbedürfnis an einem Nuckel befriedigen, kann das einen negativen Einfluss auf das Prinzip von Angebot und Nachfrage bei der Milchbildung haben. Fehlt die Stimulierung der Brust, kann es zur Verringerung der Milchmenge kommen - diese Gefahr besteht vor allem bei den Entwicklungssprüngen in der 5. und in der 12. Woche. Daher sollte in diesen Zeiträumen verstärkt auf andere Beruhigungsmethoden zurück gegriffen werden.
 

Schnuller als Ersatz für emotionale Zuwendung

 
Der größte Vorteil der Schnuller ist zugleich ein großer Nachteil. Wenn ein Kind aufgewühlt und unruhig ist, dann hilft der Schnuller zwar zunächst bei der Beruhigung, beseitigt aber die Ursache des Unwohlseins nicht. Dadurch dass das Kind aber erst mal ruhiger wird, greifen Eltern im Laufe der Zeit immer schneller auf den Tröster zurück. Ganz unbemerkt übernimmt der Schnuller die Funktion von beruhigenden Worten, liebevollen Zärtlichkeiten und aufmerksamer Zuwendung. Die Eltern-Kind-Kommunikation wird beeinflusst, denn das Kind "lernt": Immer wenn ich weine, kriege ich einen Nuckel - wozu soll ich versuchen, mich differenziert auszudrücken, wenn ich ja doch immer nur den Schnuller bekomme?
 

Kommunikationsfähigkeit

 
Durch den Nuckel im Mund wird die Kommunikation mit Kindern stark eingeschränkt - schließlich haben die meisten Probleme damit, zu verstehen, was das Kind sagt. Daher sollte frühzeitig darauf geachtet werden, dass der Schnuller beim Sprechen heraus genommen wird. Kommunikation besteht jedoch nicht nur aus Worten, sondern auch aus Mimik und Gestik sind essentiell. Sie verleihen Gefühlen Ausdruck und sind während des Schnullerns nicht umfassend erkennbar. Aber schon im Säuglingsalter wird das Spiel mit der Sprache durch einen Nuckel beeinflusst.

 

Explorationsverhalten

 
Der Mund dient in den ersten Lebensjahren als eins der wichtigsten Sinnesorgane - kleine Kinder nehmen pausenlos Dinge in den Mund und erkunden deren Beschaffenheit mit dem Mund. Wichtige neuronale Verbindungen werden bei übermäßigem Schnullern nicht geknüpft. Vielleicht erklärt das, warum es Studien gibt, die einen negativen Zusammenhang zwischen Schnullernutzung und IQ vermuten lassen.
 

Gesundheit

 
In den ersten Wochen werden Schnuller normalerweise noch peinlich genau gesäubert und sterilisiert. Nach und nach wird die Schnullerpflege jedoch immer mehr vernachlässigt - daher finden sich darauf häufig Bakterien oder Pilzkulturen. Dadurch, dass weniger "gemundelt" wird, finden zwar auch weniger Krankheitserreger ihren Weg in den Mund, das ist für das Immunsystem jedoch nachteilig, weil es so u. U. nicht ausreichend trainiert wird und die Infektanfälligkeit steigt. Kinder mit Nuckeln scheinen grundsätzlich anfälliger für Atemwegserkrankungen, Magen-Darm-Infekte und Mittelohrentzündungen zu sein. Es besteht außerdem die Gefahr von Zahnfehlstellungen, die kieferorthopädisch korrigiert werden müssen.
 

Symmetrisch/asymmetrisch - welche Schnullerform ist die beste?

 
Man unterscheidet grundsätzlich zwei verschiedene Saugerformen: asymmetrische und symmetrische Sauger. 
Asymmetrischer Sauger
Die symmetrischen Sauger gibt es in drei verschiedenen Varianten:
rund (Kirschform)                          oval (Brustwarzenform)                            abgeflacht (Tropfenform)

Asymmetrische Sauger sollen durch ihre Form "kiefergerechter" sein, als symmetrische. Sie bilden angeblich die Form nach, die die mütterliche Brustwarze beim Stillen annimmt. Diese Annahme basiert angeblich jedoch nur auf einer einzigen Ultraschallaufnahme. Auf Basis dieses einen Bildes entwickelte die Firma NUK ihre asymmetrische Saugerform (unten flach und oben gewölbt) und verkauft sie als besonders kiefergerecht - andere Hersteller haben das übernommen. Dabei war das Stillkind auf dem Bild nach Aussage von Stillexperten jedoch falsch angelegt - üblicherweise wird die Brustwarze beim Stillen nämlich nicht deformiert.

In diesem Zusammenhang fand ich dieses Video sehr interessant:


Hier sieht man recht deutlich, dass die Brustwarze immer wieder "bearbeitet" wird und nicht ruhig/gepresst im Mund liegt. Daher ist die Anpassung an die Brustwarze für mich für die asymmetrische Form kein überzeugendes Argument. Zudem auch ein symmetrischer Schnuller so flexibel ist, dass er in eine andere Form gesaugt werden kann.

Ein Nachteil der asymmetrischen Sauger ist außerdem, dass sie unbedingt richtigherum im Mund stecken müssen, bei den symmetrischen Saugern muss man sich diesbezüglich keine Sorgen machen. Letztere haben den Nachteil, dass sie der Zunge relativ wenig Spielraum im Mund lassen und der Schaft recht breit ist.

Die Breite des Schaftes - also die Stelle zwischen dem Schild und dem Saugteil - trägt maßgeblich zu Kieferfehlstellungen bei - hier gilt: je schmaler, desto besser. Es gibt mittlerweile sowohl symmetrische als auch asymmetrische Sauger mit sehr dünnem Schaft, z. B. Dentistar oder Mam Perfect.

Letztendlich gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen zum Thema, welche Saugerform die geeignetere ist - man stolpert allenfalls immer wieder über eine Untersuchung, die ergeben haben will, dass Nuk-Schnuller etwa 5 mal häufiger zu einem frontal offenen Bisses führen, als Dentistar-Schnuller. Die Studie wurde allerdings von der Novatex GmbH unterstützt - dem Hersteller von Dentistar. Das Ergebnis ist also wenig überraschend, wenn auch möglicherweise tatsächlich zutreffend.

Viele Kinder sind ohnehin sehr wählerisch, was sie Saugerform betrifft. Gerade Stillkinder bevorzugen oft symmetrische Sauger. Einige nehmen nur kirschförmige oder ovale Sauger.
 

Schnullergrößen - wann soll oder muss man wechseln?

 
Die meisten Hersteller bieten drei verschiedene Größen:

  • 0 bis 6 Monate
  • 6 bis 18 Monate
  • ab 18 Monate.

Ein Wechsel der Größe ist nicht sinnvoll, da auch das "Original" - also die Brustwarze - im Laufe der Zeit auch nicht wächst. Allerdings nehmen die Kinder im Laufe der Zeit mehr davon in den Mund. Dennoch unterscheidet sich die Schnullerdauer erheblich - während älteren Babys die Brustwarze nur noch selten zur Saugbefriedigung überlassen wird, ist man bezüglich des Schnullers deutlich großzügiger. Dass die Schnuller irgendwann zu klein sind, um sie richtig im Mund zu halten führt bei vielen Kinder dazu, dass sie von selbst darauf verzichten und nicht sehr lange Schnullern.

Je größer ein Nuckel ist, desto mehr Platz nimmt er im Kiefer ein und desto mehr Druck wird damit auf den Zahnbereich ausgeübt. Auch der Schaft wird mit zunehmender Größe breiter und höher, so dass die Gefahr für einen lutschoffenen Biss steigt und sich dieser auch ausgeprägter entwickeln kann. Daher ist es sinnvoll, einen immer möglichst kleinen Nuckel zu verwenden.

Wenn es das Kind jedoch schafft, den Nuckel vollständig in den Mund zu nehmen, sollte man aber durchaus erwägen, die nächstgrößere Größe zu erwerben.
 

Sind Schnuller aus Latex/Naturkautschuk oder aus Silikon besser?

 
Schnuller sind in zwei verschiedenen Materialien erhältlich: Silikon und Latex (Naturkautschuk). Wichtig ist, dass kein hormonell wirksames Bisphenol A enthalten ist - das sollte deutlich auf der Packung stehen und ist eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale.

Silikon ist ein synthetisches, vergleichsweise hartes Material und sehr pflegeleicht, es lädt sich jedoch statisch auf und zieht damit Schmutz an. Es ist geruchs- und geschmacksneutral. Problematisch ist, dass es grundsätzlich von Babyzähnen durchgebissen werden kann, weswegen allgemein empfohlen wird, sie Kindern mit Zähnen nicht mehr zu geben. Allerdings mögen Kinder, die zuerst Silikonschnuller hatten die Modelle aus Latex meist nicht sonderlich.

Latex, bzw. Kautschuk ist ein reines Naturprodukt und weniger hitzebeständig. Kocht man es mehrfach aus, wird es im Laufe der Zeit klebrig und porös, weswegen Latex anfälliger für Pilzbefall ist. Es kann allerdings nicht durchgebissen werden und ist weicher. Der Vorteil an Kautschuk ist, dass man daraus komplette Schnuller fertigen kann (z. B. von Goldi oder Hevea), so dass das Kind keinen Kunststoff am/im Mund hat. Latex kann jedoch auch Allergien auslösen.

Fazit


Es spricht grundsätzlich nichts für den maßvollen Gebrauch eines Nuckels - notwendig ist er jedoch nicht unbedingt. Stillende Mütter sollten etwa vier bis sechs Wochen  warten, bis sich die Stillbeziehung stabilisiert hat, um eine Saugverwirrung zu vermeiden. Es sollte darauf geachtet werden, dass der Nuckel nur zeitlich begrenzt benutzt wird und nicht als "Ruhigsteller" dient.

Wenn man einen Nuckel verwenden möchte, dann sollte man sich für ein Modell mit möglichst dünnem Schaft entscheiden. Aktuell wird dazu geraten, Kinder im Alter von zwei Jahren vom Schnuller zu entwöhnen. Bei dieser Empfehlung steht jedoch allein die Gefahr einer Kieferverformung im Vordergrund. Oft hat sich der Nuckel jedoch als geliebtes Stressbewältigungsinstrument etabliert, so dass nach meiner (ausschließlich) persönlichen Meinung es ohne weiteres vertretbar ist, auch ältere Kinder noch Schnullern zu lassen, wenn keine Auswirkungen auf die Zahnstellung erkennbar sind.

Es gibt auch Stimmen (bspw. vom bekannten Erziehungsberater Jan-Uwe Rogge), die sagen, dass eine Zahnfehlstellung - im Vergleich zu einem Trauma durch das Entreißen eines heißgeliebten Seelentrösters - das kleinere Übel sei. Für die meisten Kinder ist die Entwöhnung zwar überraschend einfach - einigen wenigen (wie meinem Sohn) würde es jedoch ernsthaftes Herzleid verursachen und für ihn der Verlust eine wichtigen Selbstberuhigungsinstrumentes bedeuten.

Letztendlich gilt wie bei allem: Die Dosis macht das Gift - Zahnfehlstellungen werden vor allem durch "übermäßiges" Schnullern verursacht. Ab dem ersten Geburtstag sollte das Schnullern auf besondere Orte beschränkt werden (Kinderwagen, Bett, Auto). Die meisten Kinder akzeptieren es, wenn man den Schnuller nach dem Einschlafen heraus zieht. Damit sie sie nachts allein wieder finden, kann man zu fluoriszierenden Modellen (z. B. Mam Ulti Night) greifen.
©

© Danielle




Über die Schnullerentwöhnung haben wir übrigens einen gesonderten Artikel geschrieben: 

Der Schnuller muss weg? Nur wie? Und wann? Tipps und Tricks zur Nuckelentwöhnung - See more at: http://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2014/02/schnullerentwoehnung-wie-man-nuckel-schnuller-abgewoehnen-kann.html#sthash.AD1nXKS8.dpuf
Der Schnuller muss weg? Nur wie? Und wann? Tipps und Tricks zur Nuckelentwöhnung
Der Schnuller muss weg? Nur wie? Und wann? Tipps und Tricks zur Nuckelentwöhnung - See more at: http://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2014/02/schnullerentwoehnung-wie-man-nuckel-schnuller-abgewoehnen-kann.html#sthash.AD1nXKS8.dpuf
Der Schnuller muss weg? Nur wie? Und wann? Tipps und Tricks zur Nuckelentwöhnung - See more at: http://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2014/02/schnullerentwoehnung-wie-man-nuckel-schnuller-abgewoehnen-kann.html#sthash.AD1nXKS8.dpuf
Der Schnuller muss weg? Nur wie? Und wann? Tipps und Tricks zur Nuckelentwöhnung - See more at: http://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2014/02/schnullerentwoehnung-wie-man-nuckel-schnuller-abgewoehnen-kann.html#sthash.AD1nXKS8.dpuf

Quellen





Mein Kind hat Angst - was tun bei kindlichen Ängsten

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Eltern haben eine Grundsehnsucht danach, ihren Kindern negative Gefühle zu ersparen. Sie möchten, dass ihre Kinder glücklich, zufrieden und angstfrei aufwachsen. Doch das ist leider unrealistisch, denn Angst zu empfinden ist fester Bestandteil der kindlichen Entwicklung. Wir fühlen uns oft überfordert, wenn wir erleben, wie unsere Kinder Angst haben und sind unsicher, wie wir ihnen bei der Bewältigung helfen können. Logik spielt bei der Angstbewältigung oft nur eine untergeordnete Rolle, weswegen sie bei der Problemlösung häufig versagt. Aber unsere Kinder sind gut gerüstet - sie entwickeln oftmals viel Fantasie, Humor, Mut und Magie verschiedene Strategien dafür.
 
 

Das Gefühl "Angst" und seine Funktion


In den ersten Lebensjahren durchleben Kinder viele verschiedene Ängste. Ein Teil davon ist entwicklungsbedingt, ein anderer erziehungsbedingt. Ängste sind auch vom Temperament des Kindes, seiner genetischer Anlage und dem Familienklima beeinflusst.

Das Angstgefühl hat evolutionsbiologisch gesehen eine wichtige Funktion. Es gewährleistet unser Überleben, da es uns davor schützt, dass wir uns in unnötige Gefahr begeben. Angst lässt uns Risiken abwägen und verschiedene Vorgehensweisen kritisch überdenken. Wer Angst empfindet, wird vorsichtiger und analysiert Gefahren genauer. Würden wir keine Angst empfinden, wäre die Menschheit schon ausgestorben.

Wir sollten uns bewusst machen, dass das Angstgefühl zu unserem Schutz ist und uns davon lösen, es als etwas Negatives anzusehen, das bekämpft werden muss. Unsere Aufgabe ist es nicht, unsere Kinder vor Ängsten zu bewahren - wichtig ist vielmehr, sie zu begleiten und ihnen Sicherheit und Rückhalt zu geben. So lernen sie mit der Angst umzugehen, sie zu bewältigen und gehen gestärkt aus der Konfrontation mit ihr hervor. Es ist illusorisch anzunehmen, dass wir eine Welt ohne Ängste für unsere Kinder schaffen können. Selbst wenn uns das gelänge, wäre das alles andere, als gesund für sie, da sie so nicht lernen, Gefahren einzuschätzen.

Versteckte Ängste


Ängste sind nicht immer sofort offensichtlich erkennbar - manchmal verstecken sie sich hinter bestimmten Verhaltensweisen:

Regression


Dabei scheinen sich Kinder zurück zu entwickeln und benehmen sich nicht altersangemessen. Sie nässen ein, reden in Babysprache, wollen wieder gewickelt, gefüttert oder getragen werden. Dieses Verhalten wird häufig bei der Geburt von Geschwistern beobachtet und ist ein deutlicher Ausdruck von Trennungsangst

Rückzug


Angst kann sich auch durch ein deutliches Zurückziehen der Kinder - meist verbunden mit einem mangelnden Selbstbewusstsein - äußern. Sie trauen sich kaum etwas zu, suchen keinen Kontakt zu anderen und sind sehr still und passiv.

Überangepasstheit


Auch das Bemühen, sehr angepasst und unauffällig zu sein, kann durch Ängste verursacht werden. Die Kinder sind dabei übermäßig brav, wollen nicht auffallen, sind leise und bewegen sich teilweise sogar in gebückter Haltung

Aggression


Aggressives Verhalten kann auch der Angstkompensation dienen. Auch Ungeduld, Hektik und übermäßige Albernheit treten dabei auf.

Distanzlosigkeit


Distanzlosigkeit wird oft von schlecht gebundenen Kinder gezeigt. Sie gehen ohne Vorbehalte auf jede Person zu und suchen aktiv körperliche Nähe durch Küsse und Umarmungen und wirken dabei vollkommen vertrauensselig und angstfrei. Dabei suchen sie Nähe und Schutz, weil sie unter Trennungsängsten leiden.

All diese Verhaltensweisen können auf Angst als Ursache hinweisen - müssen es aber nicht. Oft stecken auch andere Ursachen dahinter.
 
 

Entwicklungsbedingte Ängste


Kinder durchleben in den ersten fünf Lebensjahren die folgenden Angstformen: 
  • die Körperkontaktverlust-Angst,
  • die Achtmonatsangst,
  • die Trennungsangst,
  • Vernichtungsangst und
  • die Todesangst.
Entwicklungsbedingte Ängste reifen in der Regel aus, sie verschwinden irgendwann ganz alleine, wenn das Kind eine bestimmte Reife erreicht hat - kaum ein Dreijähriger wird noch massiv unter Körperkontaktverlust-Ängsten leiden oder fremdeln.
 

Die Körperkontaktverlust-Angst

 
Körperkontaktverlust-Angst empfinden Babys ab der Geburt. Sie sind bestrebt, den Körperkontakt dauerhaft aufrecht zu erhalten und reagieren auf Ablegen häufig mit Weinen. Das ist ein biologisch sinnvolles Verhalten, weil durch dauerhaften Körperkontakt das Überleben sicher gestellt wird. Wird dem geäußerten Bedürfnis nach körperlicher Nähe nicht verlässlich nachgekommen und das Baby schreien gelassen, kann das Auswirkungen auf das Urvertrauen haben. Wenn dieses erschüttert ist, wird sich das auch auf die weiteren Ängste auswirken. Im Babyalter können wir durch viel Nähe und Körperkontakt schon ein stabiles Fundament für die Fähigkeit der Angstbewältigung legen.
 

Die Achtmonatsangst

 
Ab dem achten Lebensmonat beginnt das Kind zu fremdeln - es unterscheidet zwischen "bekannt" und "unbekannt" und will nun häufig nicht mehr auf andere Arme. Es handelt sich um eine natürliche Schutzreaktion, die zeitlich mit dem Zeitpunkt der ersten motorischen Fortbewegungsversuche zusammenfällt. Die Angst sorgt dafür, dass das Baby nicht zu weit weg krabbelt oder gar außerhalb der Sichtweite der Mutter einfach ungehört von Fremden weg- und mitgenommen wird.
 
Die kindliche Neugier ist jedoch nach wie vor vorhanden, so dass das Kind ständig mit sich ringt - einerseits ist es ängstlich, andererseits sehr an Neuem interessiert. Gibt man Kindern genug Zeit und die Gewissheit, dass sie jederzeit zurück in den schützenden Raum (den elterlichen Arm/Schoß) können, werden Babys ihre ersten Ängste bald ganz allein bewältigen. Es ist wichtig, dabei auf das Naturell des Kindes Rücksicht zu nehmen - einige nehmen recht schnell mit unbekannten Menschen Kontakt auf, andere brauchen viel mehr Zeit.
 
Man sollte Kinder in dieser sensiblen Phase nicht drängen. Problematisch ist es vor allem immer dann, wenn das Kind eigentlich bekannte Menschen anfremdelt - wie beispielsweise die Oma. Letze Woche hat es noch juchzend auf ihrem Arm gesessen, plötzlich empfindet es große Furcht. Leider verstehen die meisten Großeltern nicht, warum das Kind plötzlich so zurückhaltend ist und reagieren deswegen wenig verständnisvoll. Mit "Hab dich nicht so!", "Nun komme schon her!" oder "Hast du die Omi etwa nicht lieb?" setzen sie die Kinder unter emotionalen Druck. Es ist wirklich wichtig, in dieser Phase möglichst gelassen zu erklären, warum Kinder gerade solche Ängste aufbauen und auch, dass diese Phase schnell vorbei geht - in der Regel umso schneller, je weniger man das Kind bedrängt. Bei uns findest Du einen Artikel über die Fremdelphase, der Dir dabei hilft, das Verhalten Deines Kindes zu erklären.
 

Trennungsängste

 
Sobald Kinder motorisch dazu in der Lage sind, ihre Eltern zu verlassen, entstehen auch erste Trennungsängste, die sie viele Jahre lang begleiten. Es fällt Kinder sehr schwer, von ihren primären Bezugspersonen getrennt zu sein. Vor allem im Dunkeln und wenn sie allein sind, sind Trennungsängste oft sehr ausgeprägt.
 
Die Trennungsangst hat eine biologische Funktion - Kinder die furchtlos losstürmten, liefen in Gefahr, verloren zu gehen. Heutzutage käme zwar kaum ein Kind abhanden, aber in den tausenden Jahren zuvor wäre das ein ernsthaftes Problem gewesen. Daher hat die Natur es eingerichtet, dass Kinder sich stets der Nähe ihrer Eltern versichern. Sicher gebundene Kinder haben in der Regel weniger mit Trennungsängsten zu kämpfen, als unsicher gebundene (das heißt natürlich nicht, dass Trennungsängste ein Zeichen für ein unsicher gebundenes Kind sind - auch sicher gebundene Kinder leiden darunter, nur eben meist nicht so ausgeprägt).

Wichtig zu wissen ist, dass auch "anstrengendes" Verhalten ein Ausdruck von Trennungsangst sein kann. Jan-Uwe Rogge schreibt dazu: 
"Andere Kinder erzwingen Nähe, erpressen ihre Eltern mit Quengeln, trotziger Weinerlichkeit und tränennasser Traurigkeit. [...] Oder sie verwickeln ihre Mütter und Väter in Machtkämpfe, provozieren darüber Aufmerksamkeit und erhalten Nähe. Solche Machtkämpfe sind für Eltern schwierig und nur dann zu beenden, wenn sie deren Ursache erkennen. Und vor allem: Den Kindern, die Bindung mittels Machtkämpfen erzwingen, fallen ständig andere Unarten ein, ihre Eltern an sich zu ketten. Konsequentes Verhalten der Eltern wird mit dem Hinweis der Kindes wie "Du hast mich wohl nicht mehr lieb!", "Dann mag ich dich nicht mehr!" oder "Nie hast du Zeit für mich!" unterlaufen. Kinder lassen sich vor allem nicht auf ein Nachher vertrösten, sie wollen sofortige Befriedigung ihres Bindungsbedürfnisses, sie feilschen um jede Minute Nähe und Zuwendung."
Auch abendliches Theater um das Ins-Bett-Gehen und Ein- oder Durchschlafprobleme sind oftmals von Trennungsängsten beeinflusst. Hilfreich (aber keine Patentlösung) sind feste, ruhige abendliche Rituale. Teil dieses Rituals sollte es sein, über den vergangenen Tag zu sprechen - so kann das Kind schon die bewegendsten Eindrücke in geschütztem Rahmen verarbeiten und über das sprechen, was es belastet.

Auch die Zuverlässigkeit der Bezugspersonen spielt eine enorme Rolle - Kinder, die sich immer auf ihre Eltern verlassen können, werden weniger Sorgen haben, ob Mama oder Papa auch wirklich wieder kommen. Daher ist es von großer Bedeutung, Trennungen immer anzukündigen und nie einfach das Kind zu verlassen, in der Hoffnung, dass es so nicht weint.
 

Vernichtungsängste

 
Um den dritten Geburtstag herum bilden sich Vernichtungsängste aus - Kinder haben plötzlich vor vielen Dingen Angst - Dunkelheit, Feuer, Gewitter, Lärm, Monster, Tiere, Hexen... In diesem Alter sind die meisten Kinder in der magischen Phase und spielen sehr viel mit den Ängsten.
 
Bei der Angst vor Monstern, Hexen oder anderen Gestalten sollten wir als Eltern (zunächst) keine fertigen Lösungen anbieten, sondern das Kind auffordern, selbst Ideen zu entwickeln.  Ängste sind so vielschichtig, dass es wahrscheinlicher ist, dass das Kind eine Idee entwickelt, mit ihnen umzugehen. Mit Logik ist solchen Ängsten ohnehin kaum beizukommen
 
Wenn das Kind jedoch völlig hilflos ist, kann man zu etwas Magie greifen und sich den Umstand zunutze machen kann, dass unsere Kinder uns (noch) für allmächtig und unbesiegbar halten.  Eine mit Wasser gefüllte Sprühflasche kann bemalt/beklebt werden und zu einem Monstervernichtungsmittel oder Schutzelixier erklärt werden. Vielen Kindern hat es schon geholfen, wenn man sie oder die Monsterverstecke vor dem Schlafen eingesprüht hat. Ein Tropfen Duftöl macht das Wasser noch "magischer".

Bedingt durch Vernichtungsängste treten phasenweise Albträume auf - meist hängen sie mit Entwicklungsschritten zusammen. Kinder verarbeiten nachts ihre Ängste - Albträume wirken reinigend für die Seele. Sie treten häufig erst im letzten Drittel der Nacht auf und sind bis zu einem gewissen Grad vollkommen normal. Hilfreich ist es, wenn das Kind die Möglichkeit bekommt, am Abend die Geschehnisse des Tages aufzuarbeiten. Dazu kann man im Abendritual bspw. eine feste Zeitspanne einplanen. Was war schön am Tag? Was hat dem Kind gar nicht gefallen? Wichtig ist es auch, Träume nachzubereiten - das Kind soll erzählen können, was es geträumt hat - möglichst ohne den Hinweis "Na war ja nur ein Traum - jetzt ist alles wieder gut". Wenn Kinder sich ernst und angenommen fühlen und auch jederzeit ohne Verstimmung ins elterliche Bett schlüpfen können, sollten Albträume nur gelegentlich auftreten. Wenn jedoch Ein- und Durchschlafstörungen dazu kommen oder das Kind massiv unter schlechten Träumen leidet, sollte man sich ärztliche Hilfe suchen.
 
Neben normalen Albträumen gibt es auch den weniger häufigen Nachtschreck. Das Kind schreckt plötzlich innerhalb der ersten Tiefschlafphase (ca. 15 - 60 Minuten nach dem Einschlafen) aus dem Schlaf hoch und fängt an, angstvoll zu schreien. Es ist dabei nicht wirklich wach, sondern "gefangen" in der Übergangsphase zwischen Schlafen und Wachen. Da das Kind dabei nicht wach wird, kann man es leider auch nicht wirklich beruhigen. Man sollte den Nachtschreck begleiten und dafür sorgen, dass das Kind sich nicht verletzt. Nach etwa zwei bis  vierzig Minuten ist der Anfall vorbei und das Kind schläft meist ruhig weiter (oder erwacht richtig). Am nächsten Morgen kann es sich meist an nichts erinnern. Bis zu sechs Prozent aller Kinder sind vom Nachtschreck betroffen, am häufigsten tritt er zwischen dem 5. und 7. Lebensjahr auf. 

Todesängste


Das Verständnis dieses Begriffes "Tod" ist in den ersten Lebensjahren stark eingeschränkt. Kinder bis zu drei Jahren sind nicht in der Lage, den Tod auch nur annähernd zu begreifen, sie haben in der Regel auch wenig Interesse daran. Im Alter zwischen drei und fünf Jahren beginnen sie, sich damit intensiver auseinander zu setzen und nehmen ihn mit in ihr Spiel auf ("Ich schieß dich tot!"). Allerdings ist ihnen die Endgültigkeit des Zustand des Todes nicht bewusst - er erscheint für sie vorübergehend. Außerdem gehen sie davon aus, dass er nur andere (böse) Menschen trifft. Erst mit etwa sechs Jahren wird ihnen klar, dass auch ihre Eltern und sie sterblich sind - nun entwickeln sich die entsprechenden Ängste, die je nach Temperament stärker oder schwächer ausgebildet sind.
 
Bei Todesängsten ist eine Visualisierung von Zeitspannen hilfreich. Ich habe mit meinem Kind eine 85 cm langen Zeitstrahl aufgemalt, der die durchschnittliche Lebenserwartung darstellt. Dann habe ich eingezeichnet, wie viel Zeit des Lebens schon bei den Kindern, bei den Eltern und bei den Großeltern verstrichen ist. Kinder haben oft das Gefühl, schon ewig auf der Welt zu sein - nachdem meine Tochter sah, wie viel Zeit ihres Lebens erst vorbei ist und wie viel Zeit entsprechend noch wie Eltern haben werden, hat ihr das sehr geholfen.

Erziehungsbedingte Ängste

 
Neben den entwicklungsbedingten Ängsten bilden sich auch durch die Erziehung bedingte Ängste aus. Kindern, die ständig "Vorsicht!", "Achtung!" und "Pass auf!" hören, fällt es irgendwann schwer, unbedarft und unängstlich an Situationen heranzugehen. Zudem solche Zurufe sie nicht davor bewahren, sich weh zu tun - meistens passieren die Malheure ohnehin in Situationen, in denen man nicht damit gerechnet hat.
 
Leider neigen Eltern dazu, Ängste der Kinder zu Erziehungszwecken zu nutzen. Besonders hervor sticht der Satz "Wenn du jetzt nicht kommst, dann gehe ich ohne dich!" Und es funktioniert ja auch bei den meisten Kindern verlässlich. Weil sie eben wirklich denken, dass man ohne sie geht. Mit wenig Aufwand kann man so das Urvertrauen seines Kindes in Bezug darauf, dass man es niemals allein lassen würde, zerstören.

Es ist nachvollziehbar, dass solche Sätze die kindlichen Trennungsängste verstärken. Hört man im Umfeld mal genauer hin, entdeckt man so manch merkwürdige elterliche Drohung, die auf dem Ausnutzen von Ängsten basiert. Auch wenn es bequem ist, weil es die Kinder dazu bringt, zu tun, was man möchte, so wird eine solche Erziehung langfristig ziemlich sicher negative Auswirkungen haben und Trennungsängste verstärken.
 

Krankhafte Ängste

 
Manchmal sind oder werden Ängste von Kindern behandlungsbedürftig. Wie erkennt man aber, was noch normal ist und ab wann man sich Hilfe suchen sollte? Die entwicklungsbedingten Ängste macht jedes Kind mehr oder weniger intensiv mit. Sie sollten sich jedoch altersgerecht entwickeln (d. h. ändern). Bleiben Ängste über lange Zeit konstant, helfen keinerlei Bewältigungsstrategien und leidet das Kind erkennbar, sollte man ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. 
 

Strategien für die Angstbewältigung


Es gibt leider keine universellen Patentrezepte für den Umgang mit Angst. Dafür sind sowohl die Ängste als auch die Kinder viel zu unterschiedlich. Es gibt jedoch ein paar grundlegende Dinge, die jedem Kind dabei helfen, seine Ängste zu bewältigen.

Wichtig ist, dass Kinder ausreichend Gelegenheit haben, sich Ängsten zu stellen. Dabei ist das richtige Maß entscheidend - zu viele Ängste können traumatisieren, Überbehütung dazu führen, dass die Fähigkeit der Angstbewältigung erst gar nicht ausreichend ausgebildet wird.

Kinder, die sich sicher und geborgen fühlen und sicher gebunden sind, leiden in der Regel weniger an Ängsten, als Kinder, bei denen das nicht der Fall ist. Sie entwickeln ein höheres Selbstvertrauen und sind bei der Angstbewältigung meist sehr kreativ und erfolgreich.

Was nicht gegen kindliche Ängste hilft

 

Ängste kleinreden


In unserer Kultur werden Ängste traditionell klein geredet. Auch das ist noch das Erbe der Erziehung unserer Großeltern und Eltern. Wer Angst hat, ist vermeintlich schwach. Und schwache Menschen wurden im dritten Reich nicht gebraucht - furchtlose Mannsbilder waren gefragt. Ängste wurden damals generell bagatellisiert und lächerlich gemacht - übrig geblieben sind bis heute "Stell dich nicht so an" und "Du musst doch keine Angst haben!" Ohne Angst erkennen Kinder jedoch ihre Grenzen nicht. Soldaten, die furchtlos in den Krieg marschieren, sind für das Heer erstrebenswert - Kinder, die zu hoch auf einen Baum klettern und sich das Genick brechen, weil sie keine Ängste kennen (oder empfinden sollen), sind es für uns jedoch nicht. Wir sollten daher unbedingt darauf achten, solche Sätze zu vermeiden und die Angst anzunehmen.
 

Ängsten zu viel Bedeutung beizumessen

 
Ängste sollten ernst genommen werden - allerdings ist die Grenze zur Übertreibung manchmal schmal. Bei meiner Tochter habe ich bspw. offenbar etwas übertrieben zugewandt reagiert - die Angst wurde für sie ein Mittel, mit dem sie Aufmerksamkeit einforderte. Nachdem sie mir mit drei Jahren erklärte, sie habe vor dem Laternenmast (an dem sie jeden Tag mehrfach vorbei ging) plötzlich große Angst, musste ich mir eingestehen, dass ich vielleicht etwas übertrieb mit meiner Reaktion auf ihre Ängste. Das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit ist natürlich wichtig und sollte erfüllt werden, nur die Verknüpfung mit dem Thema Angst macht den Umgang damit eher schwieriger.  

 

Ängste vermeiden


Unsere Kinder beschützen zu wollen, das ist fest im biologischen Elternprogramm hinterlegt. Sie aber durch Überbehütung konsequent vor nahezu jeder Angst oder Bedrohung zu schützen, führt dazu, dass sie keine Bewältigungsstrategien entwickeln können.

Was man bei kindlichen Ängsten tun kann


Ängste ernst nehmen


Wir helfen unseren Kindern am besten, wenn wir ihre Ängste ernst nehmen und ihnen zuhören. Über etwas zu reden, nimmt ganz häufig schon den größten Schrecken. Zurückhaltend sollten wir mit dem Anbieten von Lösungen sein.
 
"Du musst doch keine Angst haben" sollten wir komplett aus unserem Repertoire werfen - das ist wenig hilfreich. Ein "Ich verstehe, dass du ängstlich bist - lass uns überlegen, wie wir der Angst begegnen können" zeigt Mitgefühl und gibt Sicherheit. Reden ist ohnehin eine der wirksamsten Waffen gegen Angst - übrigens ebenso wie das Malen.
 

Kinder auf Trennungen vorbereiten und sich verabschieden


 
Trennungsängste lassen sich einfacher verarbeiten, wenn für das Kind überschaubar ist, wie lange die Trennung dauert. Es sollte darauf vorbereitet werden, also rechtzeitig Bescheid wissen, auch wenn man versucht ist, es dem Kind erst spät zu sagen, damit man den Kummer nicht so lange ertragen muss. Dabei kann man eine Menge der Angst schon "abarbeiten" - mit dem Kind zusammen. Wenn der Zeitpunkt der Trennung gekommen ist, hat sich das Kind schon damit auseinander gesetzt und es ist nicht ganz so überfordert.



Ich hatte oben schon geschrieben: es ist immens wichtig, dass man Kinder niemals ohne Ankündigung verlässt. Gerade bei Babys ist man anfangs geneigt, einfach zu gehen, wenn es gerade hingebungsvoll mit der Oma spielt, weil es ganz sicher weinen wird, wenn es sieht, dass Mama geht. Das ist für uns zwar bequemer, wir nehmen damit aber unserem Kind die Gewissheit, dass wir zuverlässig sind. Außerdem muss auch die Bewältigung von Trennungsängsten geübt werden und das geht nun mal nicht ohne Tränen. Je früher wir unser Kind immer wieder kleineren Trennungen aussetzen, desto mehr wächst es daran. Darauf basiert auch das Berliner Modell bei der Kita-Eingewöhnung.

Schnullern


Die Natur hat unseren Kindern eine Angstbewältigungsstrategie in die Wiege gelegt - das Saugen. Neugeborene bauen damit Stress und Spannungen ab - auch in den nächsten Lebensjahren hilft Schnullern bei der Stressbewältigung. Daher sollte man gut überlegen, wie dringend es ist, Kindern gegen ihren Willen den Schnuller abzugewöhnen. Das Nuckeln ist keine "schlechte Gewohnheit", sondern etwas, das unseren Kindern extrem gut hilft, negative Gefühle zu verarbeiten. Jeder Zahnarzt wird immer empfehlen, wegen etwaiger Zahnfehlstellungen den Nuckel spätestens im vierten Lebensjahr abzuschaffen - allerdings sind für ihn ausschließlich die Zähne interessant. Aber der Nuckel hat auch eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf die Psyche, so dass ich mittlerweile eher geneigt bin, eine kieferorthopädische Behandlung in Kauf zu nehmen, als den Schnuller um jeden Preis abzuschaffen.
 

Kinder Risiken eingehen lassen


Um an Ängsten zu wachsen, müssen diese bewusst erlebt und überstanden werden. Wir Eltern müssen unseren Kindern den Freiraum geben, sich ihren Ängsten zu stellen. Dazu gehört es, loszulassen. Sie einen Baum hinauf klettern zu lassen. Sie allein (altersgerecht) zum Bäcker gehen zu lassen, sie bei Freunden übernachten lassen. Sie werden sich aller Wahrscheinlichkeit nach auch mal weh tun oder vor ihrer eigenen Courage kapitulieren. Aber das macht nichts - denn das gehört dazu und markiert die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.

Es ist wenig sinnvoll, dann mit "Ich habe es dir doch gesagt! Warum bist du nur so hoch geklettert!" zu reagieren- wenn etwas schief geht, sollten wir Trost spenden und nicht triumphieren, dass wir es ja besser gewusst haben. Es ist sehr plakativ, aber tatsächlich so - dass es weh tut, wird ein Kind erst wirklich begreifen, wenn es sich die Hand am Herd verbrannt hat. Das heißt natürlich nicht, dass wir unsere Kinder sehenden Auges in Gefahren laufen lassen - aber ständige Ermahnungen und Warnungen vor kleineren Gefahren sind ebenso anstrengend, wie sinnlos..

Man darf sich nicht davor fürchten, das Kind zu verhätscheln, wenn man ihm immer wieder einen sicheren Hafen bietet - seine Angst ist elementar und sollte unbedingt ernst genommen werden, ohne sie übertrieben zu thematisieren. Die Natur hat es nicht so eingerichtet, dass sich Kinder monatelang ängstlich an Mama klammern - wenn sie sich durch bedingungslosen Schutz und Rückhalt wirklich sicher fühlen, wird ihr Erkundungsdrang immer größer und sie fahren nach und nach mutiger fort, die Welt zu entdecken.
 

Gelassenheit und Zeit


Wie bei allem gilt: jedes Kind hat ein individuelles Tempo. Auch bei der Angstbewältigung sollten wir unsere Kinder geduldig unterstützen, auch wenn wir selbst möglicherweise eine gewisse Ungeduld empfinden. Auch hier gilt: Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

Nicht zu vergessen ist, dass der Umgang mit Ängsten auch typbedingt ist. Es gibt Babys, die lassen sich überall hinlegen und sind ruhig und zufrieden - andere Zeitgenossen lassen sich kaum ablegen und wachen ständig auf um zu prüfen, ob sie sicher sind. Ein bisschen ist uns schon in die Wiege gelegt, ob wir eher furchtlos oder etwas ängstlicher sind. Wir sollten unsere Kinder annehmen, wie sie sind und darauf vertrauen, dass sie ihren Weg finden werden.
 

Bücher

 
Es gibt sehr schöne Bücher, die sich hervorragend für die Begleitung von Ängsten eignen - diese hier sind sehr gut geeignet:
 


© Danielle


 

Quellen




 

"Der Mythos des verwöhnten Kindes" - Alfie Kohn

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Cover "Der Mythos des verwöhnten Kindes" Alfie KohnRegelmäßigen Lesern unseres Blogs ist sicher nicht entgangen, dass eines der für mich prägendsten Bücher überhaupt  "Liebe und Eigenständigkeit"* von Alfie Kohn war. Das Buch ist meines Erachtens eines der wichtigsten, das je über Kinder geschrieben wurde. Es enthält so viele wichtige und interessante Gedanken  und Perspektiven, die wunderbar zum Nach- und Umdenken anregen und meine Erziehung nachhaltig zum Positiven beeinflusst haben.
 
Ich war natürlich sehr erfreut, als ich erfuhr, dass der Beltz-Verlag Kohns Buch "The myth of the spoiled child" aktuell in deutscher Sprache unter dem Titel "Der Mythos des verwöhnten Kindes - Erziehungslügen unter die Lupe genommen"* heraus gebracht hat. Wir haben freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Ich möchte in diesem Artikel die Inhalte der acht Kapitel, für Euch kurz zusammenfassen.
 

Kapitel 1 - Von nachgiebigen Eltern, verwöhnten Kindern und anderen altbekannten Buhmännern


Im ersten Kapitel des Buches geht es um die ewige "Früher war alles besser"-Litanei. Kohn zeigt, dass seit Jahrzehnten, ja sogar seit Jahrhunderten das Verhalten von Kindern immer gleichbleibend beklagt wird. Früher habe es mehr Grenzen gegeben, früher haben Kinder viel besser gehorcht... nur schaut man zurück, stellt man fest, dass auch früher nur beklagt wurde, wie besser alles früher war. Es gibt keine Belege dafür, dass dies tatsächlich zutrifft.

Kohn geht anschließend auf die permissive Erziehung ein. Diese ist nach Baumrind gekennzeichnet von einem hohen Maß an einer Berücksichtigung der kindlichen Bedürfnisse und einem geringen Grad an Autorität. Diese Form der Erziehung wird dafür verantwortlich gemacht, dass Kinder sich heutzutage (vermeintlich) schlechter benehmen, weil sie kaum Grenzen erfahren. Allerdings gibt es keinen einzigen Beweis dafür, dass die permissive Erziehung die am weitesten verbreitete ist. In Umfragen geben gerade mal 37 % der Eltern an, so erziehen - 55 % würden ihre Erziehung eher als streng bezeichnen. Ebenso wenig ist empirisch belegbar, dass heutzutage ein höherer Grad an Narzissmus bei Kindern herrsche, als früher. Dabei wird Narzissmus vielmehr von mangelnder elterlicher Empathie und Gefühlskälte - also durch den autoritären Erziehungsstil - gefördert.

Es gibt außerdem Untersuchungen, wonach Kinder, die durch Ungehorsam, Streitsüchtigkeit, und Gemeinheit auffallen, nicht verwöhnendend erzogen werden, sondern eher mit kontrollierende Erziehung groß werden. Eine solche Erziehung mittels Strafen und Bestechung führt außerdem dazu, dass Kinder nicht über die Stufe reinen Selbstinteresses hinaus wachsen.
 

Kapitel 2 - Der Dauerbrenner: Kinder sollen tun, was ihnen gesagt wird


In Artikeln oder Büchern über Erziehung herrscht ein Leitmotiv - nämlich wie man Kinder dazu bekommt, das zu tun, was man ihnen sagt. Im Grunde betrachtet die Mehrheit der Eltern genau das als Aufgabe und setzt zu diesem Zwecke starre Grenzen, die sie konsequent überwachen. Dabei gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass sich Strenge langfristig auf die Aggressivität, die Ängstlichkeit und die Hilfsbereitschaft von Kindern auswirkt.

Daher betrachtet es Kohn als nutzbringender, eine Erziehung zu praktizieren, die auf bedingungsloser Liebe, einer hohen Entscheidungsfreiheit und Bedürfnisorientierung basiert und bei der Fehlverhalten nicht bestraft, sondern als Möglichkeit gesehen wird, Probleme zu lösen und Werte zu vermitteln. Dabei sollten stets die Motive des kindlichen Verhaltens hinterfragt werden, um es zu verstehen. Auch die Wissenschaft belegt, dass diese Art der Erziehung Kinder glücklicher und kompromissbereiter macht - sie fördert außerdem Empathie und Großzügigkeit.

Es wird darüber hinaus der Frage nachgegangen, warum allgemein davon ausgegangen wird, dass die heutige Erziehung zu nachgiebig sei. Das liegt unter anderem daran, dass häufig nicht ausreichend differenziert wird. Die Menschen verwenden bspw. die Bezeichnung "Verwöhnen" für mehrere Sachverhalte - einerseits für das Überschütten von materiellen Dingen, andererseits für (zu) viel Aufmerksamkeit und Zuwendung - beiden Sachverhalten liegen jedoch vollkommen unterschiedliche Erziehungsmodelle zugrunde. 

Kind lächelt

Außerdem erwarten Erwachsene von Kindern Respekt - verhalten sich jedoch selbst nicht respektvoll den Kindern gegenüber. Ahmen diese dann nach, wie man mit ihnen umgeht, wird das sofort als Indiz für das Versagen der Erziehung gesehen. Nach wie vor erwarten die meisten Erwachsenen nämlich bedingungslosen Respekt - meinen aber eigentlich Unterwürfigkeit.  Kein Wunder, dass ihnen Kinder, die als gleichwertige Gesprächspartner aufwachsen, respektlos vorkommen.

Darüber hinaus ordnen viele Erwachsene Erziehungsstile in Schubladen ein - entweder man erzieht autoritär, traditionell (gerne als autoritativ bezeichnet) oder vollkommen ohne Grenzen. Da naturgemäß die traditionelle Erziehung als ideal betrachtet wird, wird davon ausgegangen, dass andere Erziehungsweisen automatisch dazu führen müssen, dass Kinder lügen, stehlen, schlagen und bösartig sind, wenn man ihnen - anders als bei der vermeintlich idealen traditionellen Erziehung - keine Grenzen setzt und Strafen androht.

Äußern Kinder Bedürfnisse, wird das als manipulativ empfunden, versuchen Eltern diese zu erfüllen, gelten sie sofort als zu nachgiebig. Nachgiebigkeit wird deshalb als etwas schlechtes betrachtet, weil davon ausgegangen wird, dass sich Kinder, die man sich selbst überlässt, nicht so entwickeln, wie es erstrebenswert wäre. Tief in unserer Gesellschaft ist der Anspruch verwurzelt, dass Kinder den Mund halten sollen und tun, was man ihnen sagt.

Dabei wollen Kinder vielmehr ihr Leben mitbestimmen und mit Respekt behandelt werden. Die - ohne jede Grundlage (siehe dazu auch unsere kritische Analyse des Buches "Warum Kinder zu Tyrannen werden" von Michael Winterhoff) - gern verbreitete Angst vor verzogenen und verwöhnten Kindern führt dazu, dass Eltern gegen ihr Bauchgefühl handeln oder ihnen dieses schon vollkommen abhanden gekommen ist. So lassen sie Kinder vorsätzlich nach Ratgebern schreien, obwohl ihnen das in der Seele weh tut. Kohn schreibt: 
"Wir müssen uns fragen, wie viele Kinder nicht bekommen haben, was sie brauchen, weil ihre Eltern befürchten mussten, als zu wenig durchsetzungsfähig zu gelten" (S. 65).

Kapitel 3 - Mythos Helikopter-Erziehung und Überfürsorge


Ein weiterer Vorwurf, dem Eltern sich heutzutage verstärkt ausgesetzt sehen, ist der, dass sich Eltern zu sehr in das Leben ihrer Kinder einmischen. Da werden in der Öffentlichkeit Eltern belächelt, die ins Büro des Direktors ihrer Kinder stampfen, um die Leistungen ihrer Gymnasiasten zu diskutieren. Dabei werde so getan, als handle es sich um ein weit verbreitetes Phänomen. Es gibt jedoch nur sehr wenige wissenschaftliche Untersuchungen dazu und die, die es gibt, werden gerne aus dem Zusammenhang gerissen und falsch interpretiert. Kohn führt in diesem Kapitel mehrere Beispiele dafür an.

In unserer Gesellschaft herrscht eine Streben nach schneller Selbständigkeit und Unabhängigkeit - daher wird eine enge Bindung und lange Zuwendung kritisch gesehen. Fürsorglichkeit wird teils belächelt. Die extremste Form der Überfürsorge ist das Helikoptern, bei dem das elterliche Eingreifen exzessiv und dem Entwicklungsstadium des Kindes unangemessen ist. Die Frage dabei ist, wer das beurteilen will. Das Maß an benötigter Fürsorge variiert von Kind zu Kind.

Auch in Bezug auf Helikoptereltern wird ein Blick in die Forschung geworfen und festgestellt, dass sie weder häufig ist noch dass sie negativen Auswirkungen hat, wenn die Eltern den Kindern zuliebe handeln und nicht aus eigenem Interesse. Ein Teil der helikopternden Eltern nutzt nämlich die Kinder, um ihre eigenen emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen. Daher lohnt sich ein Blick auf die Motivation, bevor Eltern pauschal be-/verurteilt werden.

Betrachtet man die Studien näher, stellt man fest, dass die Überbehütung kein Erscheinungsbild der selbstbestimmten, autonomen Erziehung ist, sondern vielmehr eine Ausprägung der kontrollierenden Erziehung. Statt mit Autorität wird hier subtil mit Schuldgefühlen und bedingter Liebe gearbeitet - positive Zuwendung gibt es nur, wenn das Kind das gewünschte Verhalten zeigt, schlechtes Verhalten wird bestraft. Das Kind wird auf Schritt und Tritt überwacht - dabei ist nicht Fürsorge das Hauptmotiv, sondern Kontrolle mit dem Ziel, dass das Kind tut, was man ihm sagt.
 

Kapitel 4 - Wofür soll Scheitern gut sein


Dieses Kapitel zeigt, wie die Furcht vor zu viel Nachgiebigkeit allmählich von der Erziehung auf die Bildung und die Freizeitgestaltung übergeht. Es wird mittlerweile als feststehende Tatsache betrachtet, dass Kinder die Erfahrung des Scheiterns machen sollten, um auf "das wirkliche Leben" vorbereitet zu werden. Daher schade es, wenn wir unsere Kinder ständig vor Unannehmlichkeiten beschützen wollen.

Es wird in der traditionellen Erziehung davon ausgegangen, dass Menschen nur dann ihr Bestes geben, wenn sie für ihre Leistung eine Belohnung erhalten.  Daher, so der Umkehrschluss, wird die Motivation sinken, wenn eine solche nicht in Aussicht gestellt wird. Dabei wird jedoch die Kraft der intrinsischen Motivation unterschätzt - diese treibt uns von innen heraus an - wir tun Dinge, weil wir es selbst wollen. Studien haben schon längst eindrucksvoll gezeigt, dass Menschen Dinge umso weniger gern tun, je mehr man sie dafür belohnt.


Die Annahme, wonach Kinder durch Scheitern in der Kindheit auf die Härte der Realität im Erwachsenenleben vorbereitet werden, entbehrt jeder Grundlage. Den Umgang mit negativen Erlebnissen verkraftet man nicht dadurch besser, dass man zielgerichtet über Jahre frustriert wird. Kindern hilft viel mehr in einen stabilen Familiengefüge aufzuwachsen und Unterstützung und Respekt zu erfahren. Das gibt Ihnen genug Selbstvertrauen, um mit kritischen Situationen umzugehen.

Unabhängig davon bietet das Leben eine Fülle an Situationen, in denen Kinder scheitern, es ist nicht notwendig, solche künstlich herbei zu führen. Außerdem haben Studien gezeigt, dass nicht das Scheitern uns für das Scheitern stark macht, sondern Erfolg. Gibt man Kindern bspw. eine unlösbare Aufgabe, an der sie zwangsläufig scheitern und danach eine deutliche einfachere, sind sie vom Scheitern bei der ersten so paralysiert, dass sie die zweite kaum lösen können. Sind sie hingegen beim ersten Mal erfolgreich, gehen sie mit Elan weitere Aufgaben an. Ständige Frustration führt also vielmehr zu einer Spirale aus Resignation, als zu einer Abhärtung. Häufiges Scheitern verursacht in aller Regel auch ein schlechtes Selbstbild. Kinder strengen sich dann häufig absichtlich weniger an, damit sie ihr (erwartetes) Scheitern vor sich selbst erklären können (self-handicaping).

Das vorsätzliche Scheiternlassen sendet zudem auch eine klare Botschaft an unsere Kinder - nämlich, dass Mama oder Papa hätten helfen können, es aber nicht getan haben. Wie sich das für sie anfühlt, kann man sich vorstellen.

 

Kapitel 5 - "Nur unter dieser Bedingung..." - Vom Unsinn von Strafen, Noten und Wettbewerb


Im fünften Kapitel geht es zunächst um die weit verbreitete Haltung "Wer nichts leistet soll nichts bekommen". Die Allgemeinheit fühlt sich ganz offensichtlich verpflichtet, aus moralischen Gründen gute Leistungen zu belohnen und schlechten Leistungen diesen Lohn zu versagen. Nach einem kurzen Exkurs zum Loben (worüber Kohn ausführlich in seinem Buch "Liebe und Eigenständigkeit" schrieb) wird auf das Wettbewerbsmodell unserer Gesellschaft eingegangen. Bei sportlichen Aktivitäten und in der Schule geht es vor allem darum, miteinander zu wetteifern und besser als andere zu sein. Dabei gibt es empirische Belege dafür, dass viel bessere Leistungen vollbracht werden, wenn man miteinander statt gegeneinander arbeitet.

Ständiger Wettbewerb führt dazu, dass sich unsere Kinder immer wieder unzulänglich fühlen, da naturgemäß einem Gewinner zahlreiche Verlierer gegenüber stehen. Und die Verlierer sind natürlich oft frustriert. Im vorherigen Kapitel wurde bereits belegt, dass Frustration keine Motivation erzeugt. Auch Schulnoten fungieren als Belohnung - mit dem Effekt, dass sie extrinsische Motivation fördern. Kinder, die keine Noten bekommen, lernen nicht für Zensuren, sondern um des Lernens willen - dass das auch tatsächlich funktioniert, zeigen alternative Schulen eindeutig.
 
 

Kapitel 6 - Der Angriff auf das Selbstwertgefühl


Um das Selbstwertgefühl und die Frage, ob junge Menschen ein viel zu übersteigertes haben, geht es im sechsten Kapitel. Der  Grundgedanke der traditionellen Erziehung in Bezug darauf ist, dass das Maß an Zufriedenheit, das Kinder haben dürfen, einem bestimmten Maß an Leistungen gegenüber stehen muss. Entsprechend sind auch Lobe, Sticker oder gute Noten nur dann zu vergeben, wenn strenge Bedingungen erfüllt werden. Kinder sollen sich also vornehmlich dafür wertvoll fühlen, was sie tun, nicht dafür, was sie sind. Wenn Menschen ein hohes Selbstwertgefühl haben, ohne dass sie entsprechende Leistungen vollbracht haben, führt das vermeintlich dazu, dass sie faul sind und sich nicht mehr anstrengen. Diese Einschätzung der menschlichen Natur ist jedoch falsch - das ist eindeutig belegt.

Für das Selbstwertgefühl ist es auch maßgeblich, ob es an Bedingungen geknüpft ist. Ein bedingtes Selbstwertgefühl entsteht dann, wenn ein Kind nur wertgeschätzt wird, wenn es bestimmte Bedingungen erfüllt. Vor allem eine Erziehung mit hoher Kontrolle, Strafen und Loben kann dazu führen, dass Kinder sich nicht bedingungslos angenommen fühlen. Dabei brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung die Gewissheit, dass ihre "Liebenswürdigkeit" nicht von ihrem Verhalten abhängt.
 

Kapitel 7 - Warum Selbstdisziplin überschätzt wird


Es ist eine relativ unkritisch hinterfragte Annahme, dass Selbstdisziplin eine erstrebenswerte Eigenschaft sei. Immer wieder wird bemängelt, dass unseren Kinder diese fehlen würde. Als Beispiel für die Bedeutung der Selbstdisziplin wird oft die "Marshmallow-Studie" angeführt. Diese soll ergeben haben, dass Kinder, die es schaffen, den angebotenen Marshmallow nicht sofort zu essen und dafür später einen zweiten zu bekommen, im späteren Leben erfolgreicher waren.

Dabei ging es in dieser Studie gar nicht um die (individuelle) Selbstkontrolle der Kinder, sondern es wurde untersucht, wie sich verschiedene Situationen auf die Fähigkeit zu Warten auswirken. Dabei wurde festgestellt, dass das Umfeld einen viel stärkeren Einfluss darauf hatte, als der Charakter der Kinder. Und die Untersuchung ergab auch nicht, dass die Kinder, die anfangs warten konnten, im späteren Leben über mehr Selbstkontrolle oder Willenskraft verfügen. Das ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Studienergebnisse aus dem Zusammenhang gerissen und in einem völlig anderen Kontext instrumentalisiert wiedergegeben werden.

Unabhängig davon kann man sich die Frage stellen, ob es überhaupt immer erstrebenswert ist, zu warten und ob die Fähigkeit nicht auch maßgeblich von den Vorerfahrungen geprägt sind. Außerdem ist bei der Selbstkontrolle zwischen der durch äußeren Einfluss entstandenen und der innerlich motivierten (einsichtigen) zu unterscheiden. Ein hohes Maß an Selbstkontrolle, das durch die Anwendung von Strafen und Belohnung erzielt wird, geht häufig auch mit geringer Spontanität und einem blassen Gefühlsleben einher.

Auch Durchhaltevermögen wird immer wieder als erstrebenswerte Fähigkeit betrachtet. Dabei kann dieses recht schnell in Verbissenheit ausarten und kontraproduktiv sein. Nicht alles ist es wert, über längere Zeiträume getan zu werden. An einer Sache festzuhalten hindert uns daran, uns weiter zu entwickeln oder die Sache aus einer anderen Perspektive zu betrachten, die vielleicht auf einem anderen, effizienteren Weg zum Erfolg geführt hätte. Tun Menschen etwas mit Freude, brauchen sie keine Selbstdisziplin - ihre intrinsische Motivation beflügelt sie dabei wie von allein.   

 

Kapitel 8 - Erziehung zur sanften Rebellion


Diejenigen, die beklagen, dass unsere Kinder durch zu nachgiebige Erziehung faul, selbstsüchtig und anspruchsvoll geworden sind, haben immer die selben Lösungsvorschläge: strengere Grenzen, mehr Konsequenzen, Anhalten zu früher Selbständigkeit. Es herrscht außerdem die Ansicht, dass Kinder sich ein positives Selbstwertgefühl durch Leistungen erarbeiten müssen und sich Lobe verdienen müssen. Kurz gesagt: Kinder sollen sich gut benehmen und hart arbeiten und sich den Ansprüchen der wirklichen Welt anpassen. Sie sollen Regeln befolgen und einfach tun, was man ihnen sagt.

Alfie Kohn regt mit seinem Buch an, dass Kinder vielmehr ermuntert werden sollten, sich um die Rechte und Bedürfnisse anderer zu kümmern und den Mut aufzubringen, das, was man ihnen sagt, infrage zu stellen. Wir sollten uns fragen, welche Art Menschen unsere Kinder werden sollen. Wollen wir Kinder erziehen, die sich ihrer Umwelt anpassen oder Kinder, die die bestehende Ordnung infrage stellen und sich über empörenswerte Dinge empören und Veränderungen in Schule und Gesellschaft einfordern?

Viele Eltern wollen, dass ihre Kinder selbstbewusst, stark und unabhängig denkend werden, dass sie sich im Leben durchsetzen, sich behaupten und dem Gruppendruck widerstehen... Aber bitte nur so lange, wie sie ihnen selbst nicht so gegenübertreten. Wir müssen unseren Kinder erlauben, uns herauszufordern und aufhören Auseinandersetzungen gewinnen zu wollen und darauf zu bestehen, unseren Willen durchzusetzen, wenn unsere Kinder diese Fähigkeiten erlernen sollen. Gute Entscheidungen zu treffen lernen Kinder vor allem, in dem sie Entscheidungen treffen - und nicht, indem sie Anweisungen befolgen. Dazu müssen wir ihnen viel Verantwortung übertragen und unser Maß an Kontrolle verringern. 
 
 

Meine Meinung zum Buch

 
Dieses Buch ist wirklich wunderbar, denn es entlarvt herrlich unterhaltsam die Denkfehler, auf denen die traditionelle Erziehung basiert. Man hat zwar im Gefühl, dass die Annahmen unzutreffend sind, kann dies aber oft nur schwer in Worte fassen. Endlich sind die diffusen Gedanken, die einen  zu diesem Thema bewegen, klar und strukturiert zusammengefasst. Man versteht, wie die Ansätze der traditionellen Erziehung zustande kommen und wie man ihnen argumentativ entgegen treten kann. Nach diesem Buch ist man emotional sehr gestärkt in Bezug auf den eigenen Weg der autonomen, selbstbestimmten Erziehung. Sofern vorhanden, nimmt es die Angst vor dem Verwöhnen, zeigt, wie wichtig liebevolle Zuwendung ist und wie Selbstbestimmung unsere Kinder stark macht. Kohn Aussagen sind wissenschaftlich fundiert untermauert - allein das Literaturverzeichnis umfasst ganze 30 (!) Seiten.
 
"Der Mythos des verwöhnten Kindes"* ist ein weiteres, sehr wertvollen Puzzleteil in meiner Attachment-Parenting-Bibliothek. Eltern, die AP praktizieren sehen sich ja häufig dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden die Kinder zu nachgiebig erziehen und sie damit zu sehr verwöhnen. Das sei vermeintlich die Ursache für das allgemein zunehmend schlechte Benehmen "heutzutage". In diesem Zusammenhang fand ich eine Passage im letzten Kapitel sehr amüsant:

Man stelle sich vor, eine Schülerin erscheint in der Schule in einem Badeanzug und wird zum Direktor zitiert. Dieser erklärt, dass das Kind so nicht in die Schule kommen könne und fordert es auf, sich umzuziehen. Das Kind erklärt, es ziehe an, was es wolle - der Direktor habe keinen Grund, ihm das zu verbieten. Der Direktor schließt das Mädchen daraufhin von der Teilnahme am Unterricht aus. Das Thema wäre sofort in den Medien - Boulevardmagazine würden die Geschichte gierig verbreiten und der allgemeine Tenor wäre ganz sicher, dass die Kinder heutzutage einfach nicht ordentlich erzogen würden. Sofort wären Grenzenlosigkeit und Nachgiebigkeit in der Erziehung als Ursachen gefunden und ausgiebig kritisiert worden. Dass im ganzen Land mehrere hunderttausend andere Schüler ganz brav und angemessen gekleidet im Unterricht saßen, würde dabei sicher vergessen. Und wie viele davon unglücklich darüber sind, immer angepasst sein zu sollen, auch.

Das Buch ist eine wunderbare Ergänzung zu "Liebe und Eigenständigkeit", das ich auch weiterhin immer noch als allererstes empfehlen würde. Ich habe Stoff und Anregungen für unzählige interessante neue Artikel gefunden (weswegen wir das Buch leider nicht wie sonst verlosen können ;-). Wenn Ihr das Buch erwerben möchtet, unterstützt Ihr unseren Blog, wenn ihr das über diesen Link* macht.
 
 
© Danielle


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Zuletzt aktualisiert am 12.05.2015

Kinderschuhe - was sollte man beim Kauf beachten?

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Ich habe eine E-Mail von Sandra bekommen, in der sie sich das Thema Kauf von Kinderschuhen bei uns im Blog wünscht. Sie möchte insbesondere wissen, ob  man wirklich 50 EUR aufwärts pro Paar ausgeben muss und ob gebrauchte Kinderschuhe in Ordnung sind oder man in jedem Falle neue kaufen sollte.

 

Warum gut passende Kinderschuhe wichtig sind


Kinderfüße sind noch sehr viel weicher und biegsamer, als Erwachsenenfüße. Außerdem sind die Nerven darin noch nicht vollständig entwickelt. Deswegen merken Kinder häufig nicht, wenn ein Schuh eigentlich schon zu klein ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass fast ein Drittel aller Kinder zu kleine Schuhe trägt. Das kann gravierende Folgen haben! Neben Muskel- und Gelenkschmerzen drohen bleibende Schäden an den Füßen, den Knien und der Hüfte. Es kann darüber hinaus zu Haltungsschäden kommen. Etwa 96 Prozent der Kinder kommen mit gesunden Füßen zur Welt, die Quote bei Erwachsenen beträgt nur noch 38 %. Das beweist, wie wichtig wirklich passende Schuhe für Kinder (und natürlich auch Erwachsene) sind.
 

Ab wann braucht mein Kind Schuhe?


nackter KinderfußKinder benötigen erst dann festes Schuhwerk, wenn sie wirklich anfangen frei zu laufen. Damit sind nicht die ersten zögerlichen Laufversuche gemeint - die finden idealerweise ganz barfuß statt. Barfußlaufen ist für kleine Kinder absolut ideal - denn so trainieren sie am besten Gleichgewichtssinn und Koordination. Alle Sehnen und Muskeln werden beansprucht und trainiert. Das ist eine wichtige Voraussetzung für auf Dauer gesunde Kinderfüße. Erst etwa vier Wochen nach den ersten Schritten laufen Kinder nennenswerte Strecken selbst - der eine etwas früher, der andere etwas später. Bis dahin können die Füße mit gefütterten BabyschuhenBabystiefelchen oder einfach Socken warm gehalten werden. 

Wenn das Kind etwa 20 Schritte am Stück läuft oder draußen selbst laufen möchte, ist es Zeit für Schuhe. Zu früh Schuhe kaufen oder gar auf Vorrat, ist wenig sinnvoll, da Kinderfüße extrem schnell wachsen. Meine Tochter brauchte zum Laufenlernen Größe 18 - mein Sohn begann erst mit Größe 22.

AntirutschsockeLasst Euch nicht von den Vorgenerationen reinreden - Kinder brauchen beim Laufenlernen keine Schuhe - zumindest nicht im Haus. Hausschuhe sollten wirklich nur dann getragen werden, wenn es wegen der Temperaturen erforderlich ist. Viel besser sind dicke Socken mit gummierter Anti-Rutsch-Sohle (ich habe gute Erfahrungen mit denen von Sterntaler gemacht) geeignet. Sie halten Füße warm und lassen ihnen freien Bewegungsspielraum.

Sind wirklich feste Hausschuhe notwendig (bei uns wird das von der Kita vorgegeben) sollte besonderes Augenmerk auf die Qualität der Hausschuhe gelegt werden. Ich habe immer wieder beobachtet, dass die Kinder tolle, teure Draußenschuhe haben, mit denen sie teilweise ja auch zwei bis drei Stunden draußen sind - aber den Rest des Tages stecken sie in teilweise ungeeigneten Hausschuhen - dabei verbringen sie meist deutlich mehr Zeit in den Hausschuhen. Da Hausschuhe von den "guten Marken" oft nur ein Bruchteil im Vergleich zu ihren Draußen-Artgenossen kosten, würde ich hier nie sparen. Uneingeschränkt empfehlenswerte Marken sind bspw. Superfit, Rohde oder Giesswein.


Wie findet man die richtige Größe?


Kinderfüße vermessen lassen


WMS MessgerätElementar für das Finden des passenden Schuhs ist nicht nur die Größe, sondern auch die richtige Breite. Zwar haben die meisten Kinder normalbreite Füße, aber es gibt auch sehr schmalfüßige und sehr breitfüßige. Die Breite eines Fußes ermitteln sogenannte WMS-Messgeräte, die ich persönlich von Deichmann kenne. Dort kann nicht nur die Fußlänge (und damit die richtige Größe) abgemessen werden, sondern auch die Breite. Es gibt mittlerweile viele Hersteller, die ihre Schuhe auch in weiten und schmalen Versionen anbieten. Auch Reno bietet eine Vermessung von Kinderfüßen - hier wird elektronisch gemessen und ebenfalls die Breite angegeben.
 
Das Problem ist nur: an den Größenangaben kann man sich leider in der Regel nicht orientieren - bei einer Untersuchung der Universität Wien hatten gerade mal 3 % (!) der Schuhe tatsächlich die angegebene Größe. Insgesamt 45,8 % waren eine Größe zu kurz, weitere 36,9 % zwei Größen zu kurz. Drei Größen zu klein waren sogar noch 10 % der Schuhe. Ein Paar wich sogar 6 Größen von der angegebenen ab.
 
Das liegt daran, dass sich die Größe üblicherweise aus dem Leistenmaß ableitet, mit dem die Schuhe gefertigt werden. Dieses wird aber - je nach Schuh und Material sehr unterschiedlich gemessen. Nach der Herstellung schrumpfen die Schuhe auch noch häufig, so dass es wenig Sinn hat, sich auf Größen zu verlassen. Allenfalls bei den selben Schuhen (oder Marken) sind die Größen eine Orientierung. Reno wirkt dem entgegen, in dem dort "Echtgrößen" angegeben werden - nach meiner Erfahrung stimmt das auch einigermaßen.

Selbst die richtige Größe für Kinderschuhe herausfinden

 
Da man sich auf die Größen also so gut wie gar nicht verlassen kann, muss man nach dem Trial-and-Error-Prinzip vorgehen. Zwischen dem längstem Zeh (das muss nicht immer der große sein!) und dem Schuh sollte ein Freiraum von mindestens 1,2 cm und maximal 1,7 cm sein.

Es ist nicht sinnvoll, dies vorne an der Schuhspitze mit dem Daumen zu prüfen, da einige Kinder die Zehen anziehen. Wenn man diese Methode anwendet, sollte man die andere Hand über den Fußrücken legen um zu fühlen, ob die Zehen eingezogen werden. Auch der Test mit dem Finger zwischen Ferse und Schuh, bei dem noch ein fingerbreit Platz sein sollte, ist unzuverlässig, weil die Kinder die Zehen einziehen um Platz zu schaffen. Auch sehr ungenau ist es, den Fuß an die Außenseite der Sohle zu halten - bei den meisten Schuhen ist nicht erkennbar, wie viel Platz tatsächlich im Innenraum ist.

Kinder zu fragen, ob der Schuh passt, ist wenig hilfreich - sie können nicht verlässlich darüber Auskunft geben, ob die Schuhe zu klein sind. Und falls sie das dann doch tun - dann ist es vermutlich allerhöchste Eisenbahn, weil die Schuhe schon viel, viel zu klein sind. In der oben genannten Untersuchung der Universität Wien wurde festgestellt, dass Kinder vollkommen klaglos in Schuhen laufen, die bis zu 5 (!) Größen zu klein sind. Das Nervensystem meldet die Beeinträchtigung der Füße einfach nicht. Dadurch trugen nur ganze 22,7 % der Kinder passende Schuhe in der richtigen Größe - über zwei Drittel hatten zu kleine Schuhe. Bei den Hausschuhen war es noch verheerender - da passten gerade mal 9,5 % aller Schuhe richtig - hier trugen 88,4 % der Kinder zu kleine Schuhe.
 
Am einfachsten ist der Schuhkauf, wenn die Sohlen herausnehmbar sind, weil man dann den Fuß direkt darauf stellen und sehen kann, wie viel Platz tatsächlich noch vorhanden ist. Bitte stellt das Kind tatsächlich dabei hin - wenn man die Sohle nur im Sitzen an den Fuß hält, kann das das Ergebnis verfälschen, weil die Schwerkraft die Füße verbreitert.

Eine weitere Möglichkeit ist, den nackten Fuß (enge Socken können den Fuß verkleinern!) auf ein Stück Pappe zu stellen und zu umranden (und ggf. 1,2 - 1,7 cm vorne dazu malen). Wird die Fußschablone ausgeschnitten, kann man sie in verschiedenen Schuhen ausprobieren.

Sinnvoll ist es, das Kind im Geschäft eine Weile mit den Schuhe herum laufen zu lassen. Man sieht so recht gut, ob sie ausreichend Halt bieten. Der Fuß sollte nicht im Schuh umher rutschen und natürlich keinesfalls herausrutschen. Was für erwachsene Füße zutrifft, ist auch bei Kinderfüßen so - sie werden im Laufe des Tages größer - idealer Zeitpunkt für den Kauf ist daher der Nachmittag. Zu bedenken ist außerdem, dass der Schuhkauf meist dann erfolgt, wenn das aktuelle Paar schon recht klein ist. Es kann sein, dass Kinder die Füße daher im Schuh leicht einrollen. Misst man den Fuß sofort nach dem Ausziehen des Schuhs aus, kann es sein, dass er noch angespannt ist und damit kleiner wirkt, als er ist. Ein paar Minuten im Schuhgeschäft nur in Socken laufen sorgt dafür, dass die Größe ideal ausgemessen werden kann.
 

Schuhe und Füße selbst vermessen

 
Plus 12 Messgerät
Eine weitere Möglichkeit, die Grüße des Kinderfußes zu ermitteln und mit den Schuhen zu vergleichen, ist das Schuhmessgerät plus 12. Dabei handelt es sich um ein biegsames Maßband, mit dem Füße von Größe 18 bis 45 vermessen werden können. Der Abstand (also die plus 12 mm) der zwischen Zeh und Schuh sein soll, wird dabei schon automatisch berücksichtigt (das ist die rote Spitze auf dem Bild). Der Preis ist mit 12,90 EUR günstig - schließlich verwendet man das Fußmessgerät ein paar Jahre lang. Es ist schon etwas fummelig, aber wenn ich mal ausnahmsweise ohne Kind Schuhe kaufe, ist es für mich sehr hilfreich.
 
 

Worauf sollte man beim Kauf von Kinderschuhen achten?

 

Die Sohle sollte möglichst flexibel sein


In der Kinderabteilung im Schuhgeschäft kann man immer wieder beobachten, wie Eltern emsig Schuhe in die Hand nehmen und die Sohlen biegen. Man sollte beim Kauf der ersten Schuhe unbedingt mal ausprobieren, wie unterschiedlich biegsam die Sohlen sind. Während bei den Lauflernschuhen die Sohlen eigentlich bei fast allen Modellen sehr flexibel sind, gibt es bei den größeren Größen wirklich ganz eklatante Unterschiede! Eine flexible Sohle ermöglicht eine hohe Beweglichkeit und ein gutes Abrollen, was für die Entwicklung des Fußes von großer Wichtigkeit ist. Die Flexibilität der Sohle ist eines der wichtigsten Kriterien beim Schuhkauf! Außerdem sollte die Sohle natürlich rutschhemmend sein - gerade für Laufanfänger ist das immens wichtig.
 

Das ideale Obermaterial

 
Das Obermaterial sollte allem atmungsaktiv sein und vor Nässe schützen. Dies bietet vor allem Leder, aber auch sogenannte "Tex-Materialen". Mittlerweile gibt es auch wirklich gute synthetische Materialen, die ausgezeichnetenTragekomfort bieten. Wichtig ist vor allem, dass das Material weich und geschmeidig ist und möglichst viel Bewegungsfreiheit für den Fuß bietet.
 

Der Verschluss des Kinderschuhs

 
Schnürsenkel sind für Lauflernschuhe denkbar ungeeignet, da sie eine Stolperfalle sind. Sinnvoller sind Reißverschlüsse oder Verschlüsse mit Klett. Da die Kinder die Schuhe meist noch nicht selber öffnen, ist die einfache Handhabung bei den allerersten Schuhen noch nicht so vordergründig wichtig. Klett neigt jedoch zur Ermüdung - gerade bei günstigen Schuhen besteht die Gefahr, dass die Verschlüsse nach einer Weile nicht mehr richtig halten. Allerdings werden Kinderschuhe in der Regel nur so kurz getragen, dass das bei uns in der Praxis noch nie zu Problemen geführt hat.
 

Was in Bezug auf den Innenraum bei Kinderschuhen wichtig ist

 
Man sollte mit den Fingern den Innenraum abtasten - leider gibt es immer wieder Schuhe, die störende Nähte haben, die dann drücken können. Der Schuhinnenraum sollte keine spürbaren Erhebungen haben. Er sollte auch auch nicht spitz zulaufen - es muss genügend Bewegungsfreiheit für die Zehen bleiben, so dass sie nicht zusammengedrückt werden. Aber auch die Höhe des Schuhs im Zehenbereich spielt eine Rolle - einige Schuhe bieten vorne leider nicht genügend Platz.

Auch den Spann sollte Beachtung finden - einige Kinder haben einen sehr hohen Fußrücken. Entsprechend großzügig sollten ihre Schuhe dann auch geschnitten sein. Dass Schuhe ggf. zu eng sind, erkannt man daran, dass sich beim Tragen Abdrücke auf dem Spann bilden. Beim nächsten Paar sollte daher besonders auf den Schnitt des Schuhs geachtet werden.
 

Welches sind die besten Schuhe für Laufanfänger?


KinderschuhDiejenigen, die gut passen und die obigen Kriterien erfüllen. Und davon gibt es wirklich jede Menge. Ich persönlich habe in den ersten Monaten zu Schuhen von Elefanten und Naturino gegriffen. Aber auch Modelle von RicostaRichter und Superfit sind allesamt empfehlenswert. Wichtig ist aber nicht Marke und Preis, sondern wirklich Passgenauigkeit und Flexibilität.
 

Wie schnell wachsen Kinderfüße?


Das ist natürlich sehr individuell. Im Kleinkindalter wachsen Füße am schnellsten - bis zu 20 mm pro Jahr sind möglich. Danach sind es etwa ein Millimeter pro Monat. Das ist aber wirklich nur ein Durchschnittswert. Da Füße auch gerne mal schubweise wachsen, kann es sein, dass auch mal ein Jahr lang die gleiche Größe getragen wird und man dann sprungartig in wenigen Monaten drei Größen durchläuft. In den ersten drei Lebensjahren sollte man daher etwa alle zwei Monate die Schuhe überprüfen. Zwischen drei und vier Jahren sollte das alle vier Monate geschehen. Mit etwa 6 Jahren wachsen die Füße dann langsamer - es reicht dann aus, alle sechs Monate zu schauen, ob der Schuh noch passt.
 

Was ist mit Billigschuhen?


Was ist mit Schuhen für 10 EUR beim Discounter oder günstigen von großen Schuhketten? Meine persönliche Erfahrung ist: Wenn ich viel Geld ausgebe, dann kriege ich in der Regel auch vernünftige Schuhe. Das heißt aber nicht, dass die Billigschuhe automatisch nichts taugen. Zwar findet man selten wirklich gute, aber es ist mir tatsächlich schon bei LIDL oder Deichmann gelungen, günstige Schuhe zu finden, die mich absolut überzeugt haben - und meine Kinder auch. Die Winterstiefel von Cortina z. B. sind super bequem (tolle flexible Sohle), wasserfest und warm - und kosten gerade mal um die 13 EUR pro Paar. Die gibt es bei uns jedes Jahr als Zweitpaar für den Winter. Für das Hauptpaar greife ich etwas tiefer in die Tasche und kaufe Marken-Stiefel von Superfit oder diese wirklich tollen von Richter. 


Sind gebrauchte Kinderschuhe schädlich?


Omas und Eltern werden es nie müde, auf die Gefahren gebrauchter Schuhe hinzuweisen. Das Fußbett sei schon verformt, so dass es zu Fehlstellungen kommen wird. Auch wenn man es immer und immer wieder hört - nein - gebrauchte Schuhe sind nicht schädlich, wenn sie in einem guten Zustand sind, das sagen Spezialisten für Kinderfüße ganz klar. Damit ist weniger das Äußere gemeint, als die Sohle und das Fußbett. Entscheidend ist, dass die Schuhe nicht einseitig abgetreten sind - die Sohlen sollten sich in Bezug auf die Abnutzung also nicht unterscheiden. Wenn man ganz sicher gehen will, kann man neue Einlegesohlen kaufen.

Außerdem ist der Kauf gebrauchter Schuhe ökonomisch und ökologisch wirklich sinnvoll. Gute Schuhe bekannter Marken, die nur ein paar Monate getragen wurden, halten ganz sicher noch einen Nachfolger aus.

© Danielle



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Vor - und Nachteile verschiedener Schuhe für Traglinge und Laufanfänger im Winter
 
 

Quellen

 
 

"Kleine Gefühlskunde für Eltern - Wie Kinder emotionale und soziale Kompetenz entwickeln" - Vivian Dittmar

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Wir schreiben regelmäßig Rezensionen zu Büchern über Kinder. Manchmal entdecken wir die Bücher selbst, manchmal in Newslettern der Verlage und manchmal kommen auch die Autoren direkt auf uns zu. Vor kurzem erhielt ich eine Mail von Vivian Dittmar, die bei uns über die gewaltfreie Kommunikation gelesen hatte. Sie schrieb uns, dass sie sich freuen würde, wenn wir ihr Buch "Kleine Gefühlskunde für Eltern" in unserem Blog vorstellen und es "auf diesem Wege mehr Menschen erreichen würde, die sich einen achtsameren Umgang mit den eigenen Gefühlen und denen ihrer Kinder wünschen".
 
Sie schickte mir ein Rezensionsexemplar, bei dem mir schon im Vorwort klar wurde, dass das definitiv ein interessantes Buch für mich ist. 
"Um Kindern heute authentisch Halt und Orientierung bieten zu können und ihnen damit einen Raum zu geben, in dem sie sich zu emotional und sozial kompetenten Erwachsenen entwickeln zu können, müssen wir selbst emotional kompetent werden."
Und emotional kompetent bin ich leider nicht - ich kann Konflikte nur sehr schwer aushalten und reagiere im ersten Moment fast immer mit Flucht oder Angriff. Es ist für mich unglaublich schwer, diese erlernten Verhaltensmuster abzulegen und mich geduldig Auseinandersetzungen zu stellen. Tatsächlich muss ich hart an mir arbeiten, um die durch meine eigene Erziehung erlernten Handlungsweisen abzulegen und immer wieder dem Impuls zu widerstehen, meine Kinder in Konfliktsituationen einfach stehen zu lassen und zu ignorieren oder laut anzuschreien. Daher war ich wirklich gespannt, ob und wie die emotionale Kompetenz Erwachsener zu stärken ist.
 
Im ersten der drei Teile des Buches geht es nämlich zunächst darum, wie wir Eltern mit unseren Gefühlen leben. Ich weiß, dass es Eltern gibt, die emotional mit sich im Reinen sind und die immer sehr geduldig und achtsam mit ihren Kindern umgehen. Aber nach meinen Beobachtungen gibt es deutlich mehr Eltern, denen es - wie mir - sehr schwer fällt, gelassen, entspannt und liebevoll zu sein.
 
 

Teil I: Eltern & Gefühle

 
Im ersten Teil des Buches werden erst einmal "Gefühle" definiert. Sie werden unterschieden in körperliche Empfindungen (Hitze, Kälte, Schmerz), biologische Programmierungen (Hunger, Sexualtrieb, Mutterinstinkt), Emotionen (aufgestaute Gefühlsaltlasten, die nicht ausreichend verarbeitet wurden), Fähigkeiten/Bewusstseinszustände (Liebe, Vertrauen) und soziale Gefühlskräfte, um die es im Buch hauptsächlich gehen soll:
  • Wut,
  • Angst,
  • Trauer,
  • Scham und
  • Freude.

Eltern sind häufig mit diesen Gefühlen ihrer Kinder überfordert, weil sie noch vollkommen unmittelbar, unberechenbar und intensiv auftreten. Kinder leben Gefühle einfach aus und haben noch nicht gelernt, sie zu steuern oder zu filtern. Wir selbst können in der Regel unsere Gefühle sehr gut regulieren, denn uns ist früh beigebracht worden, dass wir uns nicht "so haben" sollen. Daher halten wir es unterbewusst oft für unsere Aufgabe, unseren Kindern ebendies beizubringen - Gefühle wie Angst oder Trauer werden also schnell von uns weggetröstet oder Wut ignoriert. Eine Bereicherung für uns wäre jedoch, wenn wir diese Gefühle nicht als zu regulierendes Problem sähen, denn sie erfüllen ja einen Zweck: sie befähigen uns, mit kritischen Situationen umzugehen.
 
Lange Zeit bestand Erziehung daraus, den Kindern beizubringen, was "man" nicht macht. "Man" bohrt nicht in der Nase, "man" zeigt nicht mit dem Finger auf andere Leute, "man muss höflich sein", "man" muss sich benehmen usw. Diese Absolutheitsansprüche beschreiben, was (vermeintlich alle) Menschen empfinden. Wir verstecken uns gerne dahinter, weil wir nicht gelernt haben, unserer eigenen Bedürfnisse zu formulieren. Das kann jedoch dazu führen, dass Kinder sich ständig falsch und unzulänglich fühlen, wenn sie dagegen verstoßen. Daher ist es sinnvoll, diese Absolutheitsansprüche aus unserem Leben zu verbannen und stattdessen klar zu sagen, was wir vom Kind wollen.

Kind hat matschige HändeWir unterliegen der irrigen Annahme, dass Gefühle einfach auftauchen und unkontrollierbar sind. Dabei sind sie lediglich das Ergebnis eines Ereignisses, das wir wahrnehmen und interpretieren - je nachdem, in welcher Situation und Erwartungshaltung wir uns befinden, können verschiedene Gefühle ausgelöst werden. Das wird genauer am Beispiel eines im Matsch spielenden Kindes erklärt. Wir können darauf sehr unterschiedlich reagieren - mit Wut, wenn wir vorher dreimal sagten, das Kind soll sofort aufhören, weil wir gleich zu einer Geburtstagsfeier fahren und die festliche Kleidung beschmutzt wird. Wir können Trauer empfinden, weil die Kleidung Flecken bekommt und wir an dem Stück hängen - oder Scham, weil wir es nicht geschafft haben, ein sauberes Kind dorthin mitzubringen. In einem anderen Kontext hingegen könnten wir auch Freude daran empfinden - dann, wenn wir extra zum Matschen raus gegangen sind. Die Interpretation der Situation bestimmt also, welches Gefühl ausgelöst wird.

Im Folgenden wird erklärt, wie wichtig die oben aufgelisteten Kräfte für uns sind und was passiert, wenn wir zu viel oder zu wenig davon empfinden. Beschrieben wird außerdem, was geschieht, wenn wir unsere Gefühle nicht ausleben können und als emotionale Altlasten anstauen. Es sind die angestauten Emotionen, die uns gegenüber unseren Kindern immer wieder laut werden lassen und oftmals inadäquat reagieren lassen. Regelmäßige gezielte Entladungen von Emotionen (wofür es eine Anleitung gibt) können dazu führen, dass wir gelassener mit den Gefühlen anderer umgehen können.

Besonders schön finde ich den Teil über die Freude. Er befasst sich u. a. mit der Frage, warum wir manchmal so wenig Freude an unseren Kindern empfinden. Das ist vor allem dadurch begründet, dass wir es als Hauptaufgabe sehen, Kinder zu erziehen. Das Problem ist nur, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind selbst mit Zwang und Druck genau so wird, wie wir uns das vorstellen, extrem gering ist. Daher verbringen wir einen Großteil der Kindheit damit, unzufrieden damit zu sein, wie unser Kind ist. Wenn wir einfach nur davon ausgehen würden, dass unser Kind einfach "richtig" ist, wie es ist, würden wir seine Entfaltung viel gelassener begleiten können.
 

Teil II - Kinder & Gefühle

 
Wenn man sich bewusst macht, dass Gefühle die Funktion haben, unseren Umgang mit schwierigen Situationen zu erleichtern, wird einem schnell klar, dass es wenig Sinn hat, sie zu unterdrücken. Dass Kinder so unmittelbar ihre Gefühle ausdrücken, hilft ihnen in der Entwicklung - wenn wir möglichst wenig regulierend eingreifen, entwickelt sich ein gesunder Umgang mit ihnen von ganz allein. 
 
Es wird in diesem Teil des Buches ausführlich auf die Gefühlskräfte Wut, Angst, Trauer, Scham und Freude eingegangen. Zu jedem Gefühl wird sehr anschaulich und ausführlich  zusammengefasst, wie unsere typischen Reaktionen darauf sind und warum ein "zu viel" des Gefühls für unsere Kinder ebenso schwierig ist, wie ein "zu wenig".
 
Kind weint aufgelöstAngst zum Beispiel hat die Funktion, uns vor Risiken zu bewahren. Das Gefühl zeigt sich erstmals in der Fremdelphase, in der Kinder Ängste vor Fremden entwickeln. Bei der Erforschung der Welt kann sich dieses Gefühl sehr unterschiedlich entwickeln. Wird Angst dauerhaft klein geredet ("Nun stell dich nicht so an!", "Du musst doch keine Angst haben"), kann das dazu führen, dass sich das Gefühl vollkommen verliert und die Kinder ihre eigenen Fähigkeiten überschätzen. Werden sie hingegen überbehütet und vor allen Gefahren beschützt, sind sie ebenfalls nicht in der Lage, dieses Gefühl gesund zu entwickeln, weil ihnen die Konfrontation damit fehlt. Spätestens wenn sie irgendwann allein zurecht kommen müssen, werden sie vom Leben geradezu überrannt, weil sie den Umgang mit der Angst nicht gelernt haben.
 
Am Ende des Buchteils geht es darum, Entladungen zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren. So wie bei Erwachsenen auch, sammeln Kinder Emotionen - also Gefühlsaltlasten - an, die irgendwann einfach hervorbrechen und verarbeitet werden wollen. Wenn man diese Entladungen zuverlässig als solche identifiziert, ist es sehr viel leichter damit umzugehen, weil einem bewusst wird, dass das provozierende Verhalten oder das unverständliche Drama einen Sinn haben.
 
 

Teil III - Ein neues Miteinander


Im dritten Teil des Buches geht es zunächst um das Thema Bedürfnisse. Soziale Kompetenz bedeutet vor allem, die Bedürfnisse anderer zu erkennen und mit der Dringlichkeit der eigenen abzuwägen. Bestehen Bedürfniskonflikte, sind diese im Grunde nur auf zwei Wegen lösbar - mit Gewalt oder mit Kreativität. Gewalt meint hier das Nutzen der elterlichen Überlegenheit - sei es physisch oder psychisch.

Sinnvoller ist es, "verbindende Lösungen" zu finden. Damit sind keine Kompromisse gemeint (bei denen sich ja dennoch jeder ein kleines bisschen als Verlierer fühlt), sondern Lösungen, die jeder voller Überzeugung tragen kann. Dazu ist es zunächst erforderlich, dass die Beteiligten in der Lage sind, die eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und zu artikulieren. Außerdem benötigt wird die Fähigkeit, die Bedürfnisse anderer anzuerkennen. Nur dann ist es möglich, aktiv, kreativ und konstruktiv Lösungen zu entwickeln.

Es wird anhand einfacher Beispiele erklärt, was konkret damit gemeint ist. Wenn bspw. das einjährige Baby auf den Bücherschrank zukrabbelt und anfängt, die Seiten herauszureißen, ist klar, dass ein Bedürfniskonflikt besteht - das Baby möchte etwas zerreißen, der Vater intakte Bücher besitzen. Unsere erste Rektion ist normalerweise, das Baby wegzusetzen und "Nein" zu sagen - es quasi "zu erziehen", damit es künftig nicht an die Bücher geht. Doch bei dieser Reaktion bleiben die Bedürfnisse des Kindes unbeachtet - was in der Regel dazu führt, dass das Kind sehr wütend wird und weiter versucht, an die Bücher heranzukommen. Eine andere Lösung wäre, die Bücher außer Reichweite zu räumen - aber auch in diesem Fall findet das Bedürfnis des Kindes keine Beachtung.  Eine kreative Lösung, die alle zufrieden stellt, wäre bspw. Zeitungen aus dem Altpapier zum Zerreißen anzubieten - oder ein (einzelnes) Buch zur Verfügung stellen, das genüsslich zerrissen werden darf.

Wenn wir erkennen, dass Bedürfnisse auf verschiedenen Wegen erfüllt werden können, macht uns das deutlich flexibler bei der Suche nach alternativen Lösungswegen. Wenn wir miteinander reden, statt den anderen von unserer Lösung überzeugen zu wollen, werden sich häufig Alternativen ergeben, die uns manchmal erstaunen.

Dazu müssen wir jedoch aufhören, unsere elterlich Macht zu missbrauchen und darauf vertrauen, dass Kinder unsere natürliche Autorität anerkennen und mit uns kooperieren wollen. Statt ihnen Regeln aufzuzwingen, sollten wir gemeinsam Vereinbarungen treffen - an gemeinsam getroffene Absprachen halten sich Kinder viel eher, als an Grenzen, die ihnen diktiert werden. Abschließend wird noch kurz auf das Thema Strafen/Konsequenzen eingegangen und zusammengefasst, was Kinder wirklich von uns brauchen.
 
 

Meine Meinung zum Buch

 
Dieses Buch über Gefühle hat mich wirklich aufgewühlt. Ich selbst bin eher ein sehr unemotionaler Mensch. Meine Eltern haben mit jeder Menge "Ist doch nicht schlimm!", "Reiß dich mal zusammen" und "Nun stell dich nicht so an!" erreicht, dass ich Gefühle wegschiebe und sie sich als emotionale Altlasten aufstauen. Ich habe nicht gelernt, Wut zu regulieren - noch heute brodle ich innerlich, wenn ich bei einem Spiel verliere und möchte das Spielbrett am liebsten durch die Gegend werfen. Angst empfinde ich kaum - ich mache mir über nichts Sorgen. Auch Trauer und Scham sind mir eher fremd. Ebenso gedämpft empfinde ich Freude - erst seitdem ich Kinder habe und mich mit mir und der Vergangenheit auseinander setze, werden diese Momente häufiger und intensiver. Mir war anfangs nicht ganz klar, ob ich mit einem Buch ausschließlich über Gefühle wirklich etwas anfangen kann.
 
Als ich das Buch dann jedoch las, hatte ich immer wieder mehr als eine Träne in den Augen (was beim U-Bahn-Fahren doch recht unpraktisch ist). Lange Zeit schon hatte ich die Vermutung, dass mit mir irgendwas "nicht richtig" ist - jetzt weiß ich, was eigentlich. Ich habe meine Gefühle nicht "im Griff" - sie sind schlicht verkümmert und das macht es so schwer, mit den Emotionen meiner Kinder umzugehen. Ihre Wut nehme ich persönlich und kann darauf nur sehr schwer empathisch und geduldig eingehen.
 
Cover Kleine Gefühlskunde für ElternMir ist wieder mal wieder deutlich bewusst geworden, wie wichtig es wirklich ist, Kinder komplett so anzunehmen, wie sie sind. Mit ihren Gefühlen und ihrem Verhalten. Je mehr ich mich damit auseinander setze, was das Ganze so schwierig macht, desto mehr dringe ich zum Kern vor - ein wirklich schwieriger und schmerzhafter Weg, aber definitiv jede Mühe wert. Dieses Buch hat mich auf dem Weg ein enormes Stück voran gebracht.
 
Normalerweise verlosen wir ja unsere Rezensionsexemplare - dieses möchte ich jedoch vorerst nicht aus der Hand geben. Es bietet mir noch einigen Nachdenkstoff und vor allem die Grundlage für noch zwei, drei sehr interessante Artikel für unseren Blog. Wenn Du unsicher bist, ob das Buch für Dich interessant ist, schau doch mal in diese Leseprobe.
 
Wenn Ihr es käuflich erwerben wollt, dann tut Ihr uns etwas Gutes, wenn ihr das über diesen Link tut: "Kleine Gefühlskunde für Eltern"*. Nachdem das Buch vorübergehend (offenbar dank des Artikels) ausverkauft war, ist jetzt ein neuer Schwung eingetroffen. 
 
*Dieser Artikel enthält Affiliate-Links - besucht jemand über einen solchen Link die Amazon-Seite und kauft dort ein, erhalten wir für alle verkauften Produkte eine kleine Provision :-). Diesen Betrag nutzen wir beispielsweise um unsere Webseite zu hosten und zu pflegen.
 
© Danielle


Wie finde ich den besten Schulranzen?

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Worauf sollte man beim Kauf des Schulranzens achten?

 
In diesem Jahr kommt meine Tochter in die Schule und mit ihr zusammen ungefähr 700.000 andere Kinder in Deutschland. Und natürlich beschäftigt mich (wie wahrscheinlich alle anderen Eltern auch) aktuell die Frage: Welcher Schulranzen ist für mein Kind eigentlich der beste und worauf sollte ich beim Kauf achten?

Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits möchte ich natürlich an dieser Stelle nicht sparen. Schließlich wird mein Kind diesen Schulranzen tagtäglich umher schleppen und daher kann eigentlich nur das Beste gut genug sein. Die Preise sind aber so unglaublich hoch, dass einem  wirklich schwindlig wird - über 200 EUR kann man ohne weiteres ausgeben. Tut es nicht auch ein Schulranzen vom Discounter? Worin unterscheiden sich die ganzen Modelle überhaupt? Was ist wichtig - was nicht? Wie wurden die Schulranzen getestet?

In diesem - nicht gesponserten - Artikel möchte ich die Ergebnisse meiner Recherchen zusammenfassen und die Frage beantworten, wie man den besten Ranzen für sein Kind findet.
 


Die Schulranzen-DIN-Norm 58124


In Deutschland gibt es eine Norm, die festlegt, wie ein "sicherer" Schulranzen aussehen soll: die Norm DIN 58124. Ist ein Ranzen nach dieser Norm zertifiziert, bedeutet das, dass er bestimmte Anforderungen an  die Verkehrssicherheit, die Gebrauchstauglichkeit und die Gestaltung erfüllt. 
 
Bei Schulranzen, die dieser Norm entsprechen, sind zu mindestens 20 % (bzw. mindestens 50 Kubikzentimeter) der sichtbaren Fläche mit fluoreszierendem Material in den Farben gelb/orange-rot (Warnwesten-Farben) gestaltet. Weitere 10 % der Vorder- und Seitenflächen bestehen aus silbernem, retroreflektierendem Material (Katzenaugeneffekt).



Ranzen nach DIN 58124 Bild Scout Buddy
Ranzen nach DIN-Norm mit 20 % fluoreszierendem Material (orange) und
10 % retroreflektierendem Material (silberner Streifen)

Die DIN-Norm stellt außerdem Anforderungen an die Reiß-, Bruch- und Formfestigkeit. Schulranzen mit dieser Kennzeichnung durchlaufen verschiedene Belastungstests, es wird außerdem getestet, ob die Verschlussteile ohne harten Kanten sind und sich keine Kleinteile lösen. Außerdem sind die Schullranzen bis zu einem gewissen Grad wasserabweisend.
 


Was sollte man beim Kauf von Schulranzen beachten?


Schulranzen sollte man unbedingt anprobieren


Für Schulranzen gilt das gleiche, wie für Kindersitze - sie müssen einfach zum Kind passen. Es gibt kein Modell, das pauschal für alle Kinder gut geeignet ist. Daher sollte man vor dem Kauf unbedingt unterschiedliche Modelle ausprobieren. Wer keine Möglichkeit hat, das im Fachgeschäft vor Ort zu tun, kann verschiedene Modelle im Internet bestellen und in Ruhe zu Hause ausprobieren. Online-Händler sind verpflichtet, Waren innerhalb von 14 Tagen zurück zu nehmen und den Kaufpreis zu erstatten. Man trägt jedoch ggf. die Portokosten - hier lohnt ein Blick in die AGB des Händlers. Bei Amazon bspw. ist eine Rücksendung immer dann kostenfrei, wenn der Warenwert 40 EUR übersteigt - das ist bei Schulranzen in der Regel der Fall.

Der Schulranzen sollte mit und vor allem ohne Jacke ausprobiert werden, da der Tragekomfort sehr unterschiedlich sein kann. Leer ist fast jeder Ranzen bequem - die Unterschiede bemerkt man erst, wenn er gefüllt ist und ein paar Minuten getragen wird. Daher sollte man ruhig mal ein paar Bücher rein stecken, so zeigt sich schnell, ob vielleicht Gurte einschneiden oder ob der Schulranzen dann auch optimal am Rücken anliegt.
 

Kind mit Ranzen und Schultüte

Die ideale Form

 
Der Schulranzen sollte in der Breite nicht über den kindlichen Rücken hinausragen. Das ist bei schmaleren Kindern durchaus eine Herausforderung. Die Ranzen unterscheiden sich bezüglich der Breite z. T. gravierend - von 25 cm (Ergobag cubo) bis zu 40 cm (Scout Buddy) - das wirkt sich natürlich dann auf die Höhe aus. Es wird empfohlen, dass die obere Kante im Nacken und die untere über dem Po endet.
 

Riemen/Gurte

 
Die Gurte dürfen nicht am Hals einschneiden und sollten etwa 4 cm breit sein, damit sich das Gewicht ideal verteilt. Wichtig ist, dass sie nicht zu stark/dick gepolstert sind, weil sie sonst unflexibel werden und von den Kindern ungern und dann leider oft nur einseitig verwendet werden. Wichtig ist auch, dass sie stufenlos verstellbar und mindestens 50 cm lang sind. 
Die Gurte dürfen aber auch nicht zu lang sein, da sie sonst auf der Erde schleifen, wenn das Kind den Schulranzen in der Hand trägt. Die Stolpergefahr ist dadurch stark erhöht. Bei manchen Ranzen kann man die Enden der Riemen an den Gurten einhaken - das ist ein durchaus sinnvolles Feature - ob es letztendlich auch genutzt wird, ist eher fraglich.
 

Seitentaschen, Tragegriff und Deckel

 
An den Seiten des Schulranzens sollten eine Trinkflasche und die Vesperbox Platz finden. Wenn die Flasche mal ausläuft, bleiben so Bücher und Hefte trocken. 
 
Der Deckel sollte vom Kind gut allein geöffnet werden können und sich möglichst weit öffnen lassen. Wichtig ist auch, dass der Deckel offen bleibt und nicht ständig wieder zufällt. 
 
Der Tragegriff sollte gepolstert sein und groß genug sein, damit ihn die Hand gut greifen kann. Er sollte oben mittig auf dem Deckel sein, so dass er beim Tragen nicht stört.

 

Das Gewicht des Schulranzens - wie viel sollte er maximal wiegen?

 
Die offiziellen Empfehlungen (in der DIN-Norm) lauten, dass das Gesamtgewicht des Schulranzen 10 bis 12,5 % des Körpergewichtes nicht überschreiten soll. Erstklässler wiegen zwischen 18 und 28 kg - durchschnittlich etwa 22 kg. Mit diesem Durchschnittsgewicht sollte der Schulranzen also maximal etwa 2,2 bis 2,75 kg wiegen. 
 
Diese Empfehlungen stammen jedoch ursprünglich noch aus dem Jahr 1915 und sie waren eigentlich für Tornister von Soldaten gedacht - die natürlich ganz anders gebaut sind und ganz andere Strecken zurücklegen mussten, als unsere Erstklässler heute. In der Realität zeigt sich, dass die Empfehlungen auch gar nicht eingehalten werden (können) - tatsächlich tragen Kinder durchschnittlich etwa 17,2 % ihres Körpergewichtes.
 
Ob zu schwere Schulranzen in Zusammenhang mit Rückenbeschwerden stehen oder Haltungsschäden verursachen können, das haben mehrere Studien untersucht. Dabei gibt es sehr widersprüchliche Ergebnisse - einige wollen einen solchen Zusammenhang erkennen, die meisten konnten jedoch keinen feststellen. Einen deutlich höherer Einfluss auf die Rückengesundheit haben Sitzmöbel und der Umfang der Bewegung. Wirkliche Beeinträchtigungen wurden erst festgestellt, wenn Kinder über längere Zeit etwa ein Drittel ihres Körpergewichtes tragen. Einige Ärzte sagen sogar: ein schwerer Schulranzen trainiert die Rückenmuskulatur regelmäßig. 
 
Die oben empfohlenen Normwerte sind ohnehin etwas problematisch, weil sie eine Sicherheit vortäuschen. Kleine schwache Kinder können mit 12,5 % des Gewichtes schon vollkommen überfordert sein. Ob der Ranzen für das Kind zu schwer ist, lässt sich ganz gut testen, indem man den Schulweg mehrmals mit gefülltem Schulranzen abgeht - das Kind sollte dabei die ganze Zeit völlig normal laufen und nicht seine Haltung ändern. Wirkt es irgendwann wie ein Packesel und krümmt den Rücken, dann ist der Schulranzen definitiv zu schwer. 
 
Bei der Frage, ob man sich bewusst für einen besonders leichten Schulranzen entscheidet, sollte man nicht vergessen, dass sich ein geringeres Gericht zu Lasten der Stabilität auswirkt. Beim Stauraum ergeben sich jedoch kaum Unterschiede.
 
Die leichtesten Schulranzen am Markt sind derzeit:
Die normal schweren Schulranzen wiegen etwa zwischen 1.100 und 1.300 g. Wenn man ein sehr leichtes Kind hat, dann kann es durchaus sinnvoll sein, einen extraleichten Schulranzen zu kaufen. Sonst ist es meines Erachtens wenig sinnvoll, die Auswahl vom Gewicht abhängig zu machen. Ob der Schulranzen nun 1.100 oder 1.300 g wiegt, ist eigentlich egal - denn ob nun dauerhaft das Gewicht von ein bis zwei Schokoladen mehr mit herum geschleppt wird oder nicht, darauf kommt es bei normal starken Kindern eher nicht an. Da würde ich persönlich mehr Wert auf die anderen Parameter legen.
 
 

Wie wird der Schulranzen richtig gepackt und getragen?

 
Das Gewicht im Inneren sollten Kinder gut verteilen. Wichtig ist, dass die schweren Teile (Bücher) innen an die Seite gepackt werden, die beim Tragen am Rücken anliegt. Andernfalls kippt der Ranzen beim Tragen immer vom Rücken weg, so dass das Kind dies ständig ausbalancieren muss. Es gilt also: je schwerer ein Gegenstand ist, desto näher am Körper sollte er sich im Schulranzen befinden.
 
Die Tragegurte werden so angezogen, dass der Schulranzen möglichst körpernah getragen werden kann. Er sollte dabei an mehreren Stellen auf dem Rücken (vor allem an den Schulterblättern) aufliegen und nicht über die Schultern hinaus ragen. Brust und Bauchgurte entlasten die Schultern zusätzlich - werden aber im Alltag kaum genutzt. Gerade bei kleinen schmalen Kindern sollte jedoch auf ihre Verwendung hingewirkt werden.

Kinder neigen leider dazu, die Gurte eher zu locker einzustellen, da so das das An- und Abschnallen leichter ist. Leider hängt durch zu lockere Gurte der Schulranzen viel zu tief und zieht das Kind ins Hohlkreuz. Der Rücken und die Schulterblätter werden dabei überlastet und es kann sogar zu einer Beeinträchtigung der Atmung kommen. Wichtig ist auch, dass immer beide Schultertragegurte verwendet werden - beim einseitigen Tragen wird die Wirbelsäule unnötig und sehr einseitig belastet.




 

Rucksack, Ranzen oder Trolley?

 
Schulranzen ErgobagDie meisten Kinder tragen hierzulande zur Einschulung einen Schulranzen. Im Laufe der Schulzeit werden Rücksäcke zunehmend beliebter. Sie können ohne weiteres auch schon von Erstklässlern getragen werden - allerdings nur die speziell dafür geeigneten (z. B Ergobag). Richtige Schulrucksäcke sind am Rücken gut gepolstert, verfügen über einen Hüftgurt und haben einen festen Boden. Wichtig ist zudem, dass sie an die Rückenlänge angepasst werden können.

RanzentrolleyTrolleys hingegen sind gänzlich ungeeignet. Während die Kinder diesen ziehen, ist der Arm am Griff ständig nach hinten verdreht und auch die Wirbelsäule ist dadurch ständig unergonomisch eingedreht. Die Kinder müssen den Trolley auch oft anheben und tragen - ob am Bordstein, in den Bus oder auf den Treppen in der Schule. Dadurch, dass die Trolleys in der Regel keine Gurte haben, werden sie dann nur mit einem Arm getragen - das belastet den Rücken sehr einseitig. Die Haltbarkeit ist auch eher bescheiden - die Rollen leiden doch recht schnell, auch weil die Trolleys gerne zum darauf Herumfahren genutzt werden.
 

Welcher Schulranzen bzw. Schulrucksack ist der beste?


Es gibt verschiedene Tests/Empfehlungen - das schwierige an der Sache ist, dass dabei sehr unterschiedliche Prioritäten gesetzt werden. Ich fasse einfach mal einige kurz zusammen und versuche am Ende herauszufiltern, welche Schulranzen man zum Ausprobieren in die engere Wahl ziehen könnte.
 

Empfehlung für Schulranzen der Aktion gesunder Rücken e. V.

 
Die Aktion gesunder Rücken e. V. hat folgende Modelle mit einem Gütesiegel versehen, da sie sie in Bezug auf ihre ergonomische Gestaltung als besonders geeignet einstufen:

Sammies

Premium plus (links), Premium (Mitte) und Optilight (rechts) von Hama
Ranzen Sammies Premium PlusSchulranzen Sammies PremiumSchulranzen Sammies Optilight

Coppenrath
 
Ergo Style (links), Ergo Style plus (Mitte)  und Flex Style (rechts)
Schulranzen Ergo StyleSchulranzen Ergo Style PlusFlex Style Schulranzen

Step by Step
Touch (links), Light (Mitte) und Comfort (rechts)

Schulranzen Step by step touchSchulranzen Step by step lightSchulranzen Step by step comfort


Rucksäcke

EvverClevver von Coocazoo (links) und Flexline von Step by Step (rechts)

Schulrucksack EvverClevverSchulranzen Step by step Flexline


Ergebnisse der Stiftung Warentest

 
Die Stiftung Warentest hat im Jahr 2013 Schulranzen untersucht und den Fokus auf die Sichtbarkeit im Dunkeln und die Schadstoffe gelegt.

Es wurden zwölf Modelle getestet - acht bekamen ein "gut", vier ein "mangelhaft". Ausschlaggebend für die Wertung "mangelhaft" war ausschließlich das Fehlen der fluoreszierenden Flächen, wer keine hatte, fiel sofort durch, obwohl alle anderen Kriterien völlig in Ordnung waren. In Bezug auf die Schadstoffe erreichten alle Modelle eine Bewertung zwischen "sehr gut" und "befriedigend"

Hier die Sieger in den Unterkategorien:  

Testsieger war der Schulranzen Ergo Style (fluoreszierend) von Coppenrath (Die Spiegelburg).
 
Die Hersteller bieten ihr Modelle übrigens häufig sowohl in der Version "DIN-Norm-gerecht" als auch "nicht DIN-Norm-gerecht an". Sie haben die Erfahrung gemacht, dass sich DIN-normierte Schulranzen deutlich schlechter verkaufen und bieten daher die selben Modelle auch ohne die Leuchtflächen an. Daher sollte man beim Kauf genau darauf achten, dass man zu der DIN-normierten Ausführung greift, wenn einem das wichtig ist. 
Schulranzen Coppenrath Ergo Style
rechts der Testsieger des Tests - links das deswegen durchgefallene Modell ohne Leuchtfläche


Ergebnisse von Ökotest


Im Jahr 2013 wurden auch bei Ökotest Schulranzen getestet - hier bekam kein Ranzen eine bessere Note als "befriedigend". Beurteilt wurden Handhabung (25 %), Sicherheit (50 %) und Verarbeitung/Schadstoffe (25 %).

Alle Schulranzen fielen in Bezug auf die Schadstoffe mit "ungenügend" durch, da jeweils der Gehalt an Phtalaten und DBT erhöht waren, Ersatzweichmacher verwendet wurden und die Schulranzen PAK, phosphororganische Verbindungen und optische Aufheller enthielten.

Testsieger war der DerDieDas Fliegengewicht XS, außerdem befriedigend wurden noch der Sammies Optilight und der Scout Buddy beurteilt.
 
 

Was bleibt dann noch zum Ausprobieren übrig?

 
Laut Ökotest ja im Grunde nichts - nur braucht das Kind ja trotzdem einen Schulranzen. Da dieser nun nicht auf dem nackten Rücken getragen wird und der Hautkontakt nur von kurzer Dauer ist, habe ich für mich resignierend beschlossen, die festgestellte Belastung billigend in Kauf zu nehmen.
 
Die Frage, ob unser Schulranzen unbedingt die DIN-Norm erfüllen muss, kann ich für unsere Situation verneinen - unser Schulweg ist nicht sehr lang und mein Kind geht nur über eine einzige Straße, die eine Ampel hat. Da ich davon ausgehe, dass sie verlässlich auf dem Fußweg bleibt, ist die Leuchtkraft des Schulranzens für mich nicht von primärer Bedeutung. Daher sind für mich eher die Haltbarkeit, Verarbeitung und die Handhabung bei der Kaufentscheidung wichtig.

Bereinigt man mal die Test-Ergebnisse um die Schadstoffbelastung und Sicherheit, gehen aus den Tests und Empfehlungen folgende Modelle ausnahmslos als empfehlenswert hervor:       



Schulranzen DerDieDas Fliegengewicht XS
DerDieDas Fliegengewicht XS



Schulranzen Schoolmood Timeless
Timeless 

Diese Modelle möchte ich in den nächsten Tagen gerne ausgiebig testen und einen gesonderten Artikel darüber schreiben. Empfehlenswert wäre auch der Optilight von Sammie gewesen - bei ihm läuft jedoch gerade die Lizenz aus, so dass das Modell (zumindest in der getesteten Ausführung) nicht mehr lange erhältlich sein wird. Er wird beim Test daher nicht dabei sein.
 
Schulranzen Sammies Optilight
Optilight von Sammie

Schulranzen Ergobag
Einige meiner Freundinnen waren ganz begeistert vom Ergobag Rucksack - daher habe ich auch diesen Hersteller angefragt, ob sie uns zum Vergleich ein Testmodell zusenden. Als sie erfuhren, dass wir einen Schulranzentest machen, haben sie uns dann das neueste Modell - den Ergobag cubo zugesendet.

Den kompletten Test der Schulranzen findet ihr hier.
 
 © Danielle
 



Quellen







Bildnachweis

Kind vor Schulranzen: Helene Souza/pixelio.de
Kind mit Schultüte: Ingrid Ruthe/pixelio.de

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Stillen und Alkohol - mal ein Glas ist unbedenklich

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Baby an der Brust und trinkt"Ein Gläschen in Ehren kann niemand verwehren..."?

Für Schwangere sollte Alkohol absolut tabu sein, denn er hemmt die Entwicklung des Babys und kann - vor allem vor der 9. Schwangerschaftswoche getrunken - zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Ist die Organbildung abgeschlossen richtet er vor allem Schäden im kognitiven Bereich an. Es gibt keine untere tolerierbare Grenze - trinkt man (auch nur einmalig) in der Schwangerschaft Alkohol, vergiftet man sein Kind und setzt es einem unkalkulierbarem Risiko aus. Jährlich werden etwa 10.000 Kinder geboren, die unter alkoholbedingten Beeinträchtigungen leiden.

Wie aber sieht das eigentlich in der Stillzeit aus? So manche Mutter würde gerne wieder mal nach neun disziplinierten Monaten ein Glas Bier, Sekt oder Wein genießen. Und schließlich hört man doch auch immer mal wieder mal von Frauenärzten oder Hebammen, dass ein Glas Sekt sogar die Milchbildung anregen würde. Ich möchte in diesem Artikel der Frage auf den Grund gehen, ob man während der Stillzeit gelegentlich ein Glas Alkohol trinken kann.
 
 

Natürlich am sichersten: absolute Enthaltsamkeit beim Stillen


Ohne wenn und aber:
 
Nichts trinken ist am sichersten.
 
Das ist ganz zweifellos so und nicht diskutierbar. Allerdings ist die absolute Enthaltsamkeit während der Stillzeit nicht so weit verbreitet, wie man es möglicherweise vermuten würde.

Studien zeigen nämlich, dass eine nicht unerhebliche Anzahl von Müttern nach der Geburt den Wunsch hat, auch gelegentlich wieder ein Glas Alkohol zu trinken und dies auch tatsächlich tut. Eine Studie zum Stillverhalten bayrischer Mütter ergab beispielsweise, dass etwa 30 bis 80 % der Mütter in den ersten 9 Monaten nach der Geburt Alkohol tranken - die meisten davon aber eher selten und nur zu besonderen Anlässen. In weiteren Studien aus den USA und Australien lag die Zahl der Alkohol trinkenden Stillmütter zwischen etwa 40 und 50 %.
 
Da also offenbar ein nicht unerheblicher Teil der Mütter nicht vollkommene Enthaltsamkeit lebt, stellt sich die Frage: Ist Alkohol in der Stillzeit tolerierbar? Und wenn ja - in welchem Umfang und unter welchen Umständen?
 
 

Welchen Einfluss hat Alkohol auf die Milchbildung?


"Ein Glas Sekt regt die Milchbildung an!" Auch diese Empfehlung hört man gar nicht selten von Hebammen und Ärzten. Werdende Mütter werden teilweise sogar vom Krankenhaus ermutigt, zum Anstoßen auf die Geburt eine kleine Flasche Sekt mitzubringen. Die Annahme ist so weit verbreitet, dass manche Mütter sogar gezielt für die Milchbildung Sekt trinken.

Ob dem wirklich so ist, untersuchte eine Studie des Monell Chemical Senses Center in Philadelphia. Die Ergebnisse der Untersuchung belegten jedoch, dass das Gegenteil der Fall ist. Stillende Frauen bekamen abwechselnd Orangensaft mit oder ohne Alkohol zu trinken und wurden gebeten, danach Milch abzupumpen. Darüber hinaus wurden auch die auf die Milchbildung Einfluss habenden Hormone Oxytocin und Prolaktin bestimmt. Nach dem Konsum von Alkohol fiel es den Frauen schwerer, den Milchspendereflex auszulösen und sie produzierten auch insgesamt weniger Milch. Der Oxytocin-Spiegel sank signifikant, der Prolaktinspiegel erhöhte sich.

Eine anderere Studie ergab, dass Kinder - vermutlich wegen des Geschmacks - nach dem Alkoholkonsum ihrer Mutter insgesamt weniger Milch trinken. Es bleibt also festzuhalten, dass Alkoholkonsum in der Absicht, die Milchmenge zu steigern, nicht zu empfehlen ist.

 

Was passiert nach dem Trinken von Alkohol?

 
Alkohol geht während der kompletten Passage durch den Verdauungstrakt nach und nach ins Blut über. Deswegen steigt der Alkoholspiegel allmählich und erreicht seinen Höhepunkt erst nach etwa 30 bis 60 Minuten. Im Magen werden bereits 10 bis 30 % des reinen Alkohols resorbiert. Der größte Teil wird dann über den Dünndarm aufgenommen.
 
Wie viel Alkohol genau der Körper aufnimmt, hängt von mehreren Faktoren ab - zum Beispiel vom Geschlecht, von der Trinkgeschwindigkeit, der Tageszeit, der Zusammensetzung des Alkohols, dem Blutzuckerspiegel, der Magenfüllung, der Verweildauer im Magen usw. Sekt passiert wegen der Kohlensäure wesentlich schneller den Magen, daher steigt der Blutalkoholspiegel schneller an, als bspw. bei Wein.
 
Wichtig zu wissen ist: Die Alkoholspiegel im Blut und in der Muttermilch sind identisch. Deswegen nutzt es auch nichts, nach dem Alkoholgenuss Milch abzupumpen - das beschleunigt den Abbau nicht.
 

Wie lange dauert der Abbau von Alkohol?


Bezüglich des Abbaus von Alkohol speziell bei Frauen wurden verschiedene Studien durchgeführt. Bei allen lag die durchschnittliche Abbauzeit zwischen 0,1 und 0,2 g/kg Körpergewicht und Stunde.

Wenn man genau wissen will, wann der Alkohol komplett abgebaut ist, muss man den Alkoholgehalt des Getränks kennen. Zur schnelleren Orientierung habe ich eine Übersicht erstellt, der man entnehmen kann, wie viel g Alkohol die folgenden Getränke enthalten:


Gehalt Alkohol bei Bier und Wein
Alkoholgehalt in g für verschiedene Getränke


Trinkt eine 60 kg schwere Frau ein Bier (200 ml) mit 5 Vol.-%, dann hat sie 8 g reinen Alkohol aufgenommen. Wenn man ganz sicher gehen will, legt man einfach die niedrigste Abbaumenge (0,1 g/kg/Stunde) zugrunde:
 
60 kg x 0,1 g = 6 g/Stunde
 
Um die 8 g aus dem Bier abzubauen, benötigt der Körper also eine Stunde und 20 Minuten.
 
Als einfache Faustregel kann man sich merken: Eine Frau baut pro Stunde
  • 69 - 79 ml Sekt (mit 11 Vol.-%) und
  • 150 bis 174 ml Bier (5 Vol.-%)

ab.


Wie viel Alkohol geht in die Muttermilch über?


Weißwein und RotweinWas passiert eigentlich, wenn die Mutter genüsslich ein Glas Wein trinkt und das Baby plötzlich unerwartet aufwacht und die Brust verlangt?

Abschätzungen auf Basis experimenteller Untersuchungen zeigen, dass die Konzentration des Alkohols im kindlichen Körper bei einer moderaten Menge Alkohol (bis zu 0,25 l) sehr gering ist, denn es geht nur ein Teil des mit der Muttermilch aufgenommenen Alkohols in das Blut des Baby über.

Es wurde berechnet, dass nach dem Genuss eines Glases Wein (250 ml = ca. 32,5 g Alkohol) über einen Zeitraum von 30 Minuten das mütterliche Blutalkoholvolumen bei 0,59 ‰ liegt. Würde sie ihr Baby nach dem Austrinken sofort stillen, wären bei 
  • einem Neugeborenen 0,0034  ‰ (das entspricht 0,0305 g Alkohol)
  • bei einem dreimonatigem Baby 0,0039 ‰ (das entspricht 0,055 g Alkohol)
im Blut nachzuweisen.

Von dem, was die Mutter an reinem Alkohol (32,5 g) verzehrt, kommt im Blut des Neugeborenen also nur ein Bruchteil - gerade mal 0,094 % der Gesamtmenge an. Das entspricht knapp einem Zehntausendstel.
 
Was? Ein Zehntausendstel? Kann das wirklich sein? Ich war völlig verwirrt! Die Zahl stammt aus Seite 21 des Papiers "Alkohol in der Stillzeit - eine Risikobewertung unter Berücksichtigung der Stillförderung" des Bundesinstitutes für Risikobewertung.
 
In dem Papier steht auch noch etwas anderes Interessantes drin - bekäme ein Neugeborenes Carminativum Hetterich, ein Mittel gegen Blähungen mit einem Alkoholgehalt von 34 Vol.-% (das speziell für Säuglinge zugelassen ist) in der empfohlenen Dosierung, dann würde es damit 0,138 g reinen Alkohol aufnehmen - das ist mehr als viermal so viel, wie nach dem Stillen nach einem Glas Wein. Behandelt man ein dreimonatiges Baby  mit Carminativum Hetterich, wären es mit 0,276 g sogar fünfmal mehr.
 
In dem Dokument steht aber eben auch, dass es sich um "Abschätzungen auf Basis experimenteller Untersuchungen" handelt - Experimente an echten Säuglingen kann man aus ethischen Gründen natürlich nicht vornehmen. Es handelt sich um reine Modellrechnungen - allerdings auf absolut fundierter wissenschaftlicher Basis. Mir ließ das keine Ruhe und ich recherchierte weiter.
 
An anderer Stelle fand ich auch eine schwedische Untersuchung, die besagte, dass von der Mutter konsumierter Alkohol nur zu etwa 2 % im Blut des Kindes ankommt. Daher sagt die schwedische National Food Administration sogar offiziell, dass bis zu zwei Gläser Alkohol in der Woche für Stillmütter unproblematisch sind. Ebenso lauten die amerikanischen, kanadischen und französischen Empfehlungen.
 
Wie viel Alkohol kommt denn nun wirklich beim Baby an? Ich beschloss einfach mal nachzurechnen. Ich hatte oben ja schon geschrieben - Blutalkoholgehalt und Muttermilchalkoholgehalt sind identisch - das ist wissenschaftlich zweifelsfrei belegt.

Die Berechnung des Blutalkoholes erfolgt mit der Widmark-Formel:
 
Promille = aufgenommener Alkohol (siehe Tabelle oben) / (0,6 x Gewicht in kg)
 
Für eine 60-kg-Frau mit einem 250-ml-Glas Wein (13 %) würde das also bedeuten:
 
Promille = 26 g / (0,6 x 60) = 0,72 ‰.
 
Die Angabe "‰" bedeutet, dass dieser Anteil ihres Blutes aus reinem Alkohol besteht. Promille bedeutet "Tausendstel" - also ein Liter Blut enthält dann 0,72 ml Alkohol. Der Alkoholgehalt der Muttermilch wäre exakt genauso hoch. Da dieser in Prozent, also "Hundertstel" angegeben wird, entspricht das 0,072 %. Das sind tatsächlich nur 2,2 % der ursprünglichen Alkoholmenge, die die Mutter zu sich nahm. 

Nun kann man einwenden, dass auch 0,072 % immer noch Alkohol ist, der ins Blut des Kindes gelangt - wie verschwindend wenig das jedoch ist, erkennt man beim Vergleicht mit den Alkoholgehalt verschiedener Nahrungsmittel:


Alkoholgehalt Muttermilch und Lebensmittel
Alkoholgehalt verschiedener Lebensmittel in %

Die Muttermilch enthält nach einem Glas Wein 0,72 % Alkohol - etwa eben so viel hat eine Apfelsaftschorle mit nur einem Viertel Saft. Verzehrt ein Kind eine reife normalgroße Banane mit 100 g, dann hat es mal eben 0,6 g Alkohol konsumiert - um den gleichen "Alkoholpegel" zu erreichen, müsste es 833 ml "weinverseuchte" Muttermilch trinken...

Die aufgenommenen Mengen sind also wirklich extrem gering, so dass nichts dagegen spricht, auch in der Stillzeit mal ein Glas Bier, Sekt oder Wein zu trinken. Idealerweise wartet man dafür natürlich eine längere Stillpause ab - aber selbst wenn das Baby sofort aufwachen und die Brust verlangen würde, wäre keine Auswirkung zu befürchten. Jedenfalls keine schlimmere, als durch eine Fruchtsaftschorle mit 25 % Saft.
 
 

Fazit 

 
BierglasDer von einer stillenden Mutter aufgenommene Alkohol geht nur zu einem Bruchteil in die Muttermilch über. Pro Stunde und kg Körpergewicht wird etwa 0,1 g Alkohol abgebaut. Wird das Kind gestillt, bevor der Alkohol abgebaut ist, nimmt das Kind so geringe Mengen auf, dass ein geringfügiger Alkoholkonsum vertretbar ist.
 
Entsprechend stellt sogar der Deutsche Hebammenverband fest, dass "Muttermilch mit einer Restmenge Alkohol darin immer noch besser für Babys" ist, "als Flaschennahrung". Bis zu 20 g Alkohol an einem Tag (natürlich nicht jeden!) ist demnach nach Ansicht des Verbandes vertretbar - das entspricht einem 0,5l-Glas Bier oder einem 0,2-l-Glas Wein.

Allerdings würde ich persönlich trotz der gesammelten Erkenntnisse während der Stillzeit mindestens im ersten Lebenshalbjahr bzw. bis zum Beikostbeginn keinen Alkohol konsumieren. Schließlich würde man Neugeborenen auch kein Stück Banane oder Apfelschorle anbieten.

Um es abschließend ganz deutlich zu sagen: Mit den Erkenntnissen aus diesem Artikel kann man guten Gewissens gelegentlich (und damit ist etwa ein bis drei mal monatlich gemeint) ein Glas (und damit ist auch tatsächlich nur eins gemeint!) Bier, Wein oder Sekt trinken - er soll bitte nicht als Rechtfertigung dienen, in der Stillzeit regelmäßig Alkohol zu konsumieren
 
Und noch ein sehr wichtiger Hinweis ganz zum Schluss:
 
Niemals (!) darf man nach dem Verzehr von Alkohol zusammen mit dem Kind im Elternbett schlafen - das ist einer der größten Risikofaktoren für SIDS und das Ersticken im elterlichen Bett.
 
© Danielle (mit  wirklich herzlichem Dank an Laetizia ;-)

 

Quellen



 
 
 
 
Bildnachweis 

stillendes Baby: Karin  / pixelio.de 


Schulranzen - Test und Vergleich von Scout Buddy, DerDieDas Fliegengewicht XS, Schoolmood Timeless und Ergobag cubo

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Unser Schulranzenvergleich - diese Ranzen haben wir getestet

*Werbung*
 
Ich hatte vor kurzem einen Artikel darüber geschrieben, worauf man beim Schulranzenkauf achten sollte. Nachdem ich alle Empfehlungen und Testberichte gewälzt hatte, kamen für mich folgende Ranzen infrage:
 
 
Wir haben uns mit den Herstellern dieser Ranzen in Verbindung gesetzt und angefragt, ob sie uns ein Testmodell zur Verfügung stellen, damit wir die Schulranzen ausprobieren und vergleichen können. Da uns alle Hersteller ein kostenloses Modell zugesendet haben, sind wir verpflichtet, den Artikel als Werbung zu kennzeichnen - er ist selbstverständlich dennoch vollkommen unabhängig.

Ich habe im Freundeskreis aber auch immer wieder begeisterte Stimmen zum Ergobag-Rucksack gehört. Dieser fiel bei Warentest zwar durch, aber als ich genauer nachlas warum genau, stellte sich heraus, dass das nur wegen der (angeblich) schlechten Sichtbarkeit und nicht ausreichender Wasserbeständigkeit geschah. Da das für mich zunächst keine Ausschlusskriterien sind, habe ich auch bei Ergobag nachgefragt, ob wir ihren neuen Schulranzen Ergobag cubo mittesten dürfen. 

Schulranzentest Testmodelle
Unsere Testmodelle (v.l.n.r.) Ergobag cubo, DerDieDas Fliegengewicht XS, Scout Buddy, Schoolmood Timeless
 

Einhaltung der DIN 58124

 
Diese DIN-Norm macht u. A. Vorgaben für die Verkehrssicherheit der Ranzen. Um der Norm zu entsprechen, muss mindestens 20 % der sichtbaren Fläche mit fluoreszierendem Material in den Farben gelb/orange-rot gestaltet sein. Weitere 10 % müssen aus silbernem, retroreflektierendem Material bestehen.

ReflektorsetVon unseren Testmodellen erfüllen sowohl der Scout Buddy, als auch der DerDieDas Fliegengewicht und der Timeless von Schoolmood die Norm. Der Ergobag cubo ist nicht nach der DIN 58124 zertifiziert. Man kann jedoch Leuchtflächen, die in vier verschiedenen Farben erhältlich sind, nachrüsten. Sie werden an den Reißverschlüssen, die sich außen am cubo befinden, befestigt und sorgen in den dunklen Jahreszeiten für eine bessere Sichtbarkeit. Da er jedoch kein retroreflektierendes Material hat, würde er auch damit nicht die Norm erfüllen.
 
 

Die Verschlüsse der Ranzen

 
Die vier Modelle haben ganz unterschiedliche Verschlüsse:
 
Verschluss ScoutVerschluss DerDieDas
 
Verschluss TimelessVerschluss cubo
 
Am besten hat mir der Verschluss des Ergobag gefallen. Allerdings erst, nachdem ich wirklich geschlagene fünf Minuten vergeblich versucht habe, ihn zu öffnen. Wie man auf dem Bild sieht, wird er seitlich leicht diagonal aufgeschoben - darauf muss man erst mal kommen. Wenn man verstanden hat, wie es geht, dann wartet die nächste Überraschung - der Verschluss ist quasi selbstschließend. Durch einen Magneten ziehen sich die beiden Teile sofort zusammen, sobald sie sich begegnen. Da das recht schwer zu erklären ist, habe ich das mal gefilmt:

 
Dass es durchaus nicht unwesentlich ist, dass sich ein Ranzen leicht verschließen lässt, zeigt sich beim Buddy - ich verzweiflte regelrecht daran. Während das Öffnen durch Druck an den Seiten wirklich super leicht und auch für Kinderhände bequem zu bewältigen ist, ist für das Verschließen ein relativ hohes Maß an Feinmotorik und Koordination erforderlich. Der Verschluss des Deckels muss in eine enge Rille gesteckt werden, die nicht so leicht zu treffen ist. Ein Freund von mir hat bestätigt, dass das im täglichen Gebrauch tatsächlich ein Problem ist. Mein Kind zeigte mir allerdings beim Praxistest, dass man den Verschluss gar nicht einfädeln muss, man kann ihn auch einfach am unteren Ende rein drücken. Dennoch erfordert das einige Geschicklichkeit, so dass er mich letztendlich nicht überzeugt.
 
Verschluss Scout Buddy
 
Der Verschluss des Fliegengewicht XS ist schön groß und sehr leicht zu schließen und zu öffnen. Es ist sehr wenig Kraftaufwand erforderlich und durch die Bauweise finden die Schnallen beim Schließen schnell zueinander. Zumindest dann, wenn man den Deckel ordentlich geschlossen hat, was nicht so ganz einfach ist.
 
Beim Timeless von Schoolmood ist das mit der Schnalle schon etwas fummeliger. Das Schnallenteil des Ranzens ist genau über der vorderen Tasche, so dass der Spielraum beim Öffnen und Verschließen eingeschränkt ist. Ich persönlich bin auch Klickgeräusche gewöhnt, wenn eine Schnalle geschlossen wird, so dass mich das Ausbleiben irritiert, aber das wird die Kinder (und Lehrer ;-) ja eher weniger stören. Es wird wenig Kraftaufwand benötigt und ich bin sehr gespannt, wie lange diese Schnalle hält - sie erscheint mir die am wenigsten robuste.
 
 

Die Deckel der Schulranzen

 
Nichts ist nerviger, wenn der Deckel des Ranzens ständig zufällt, während das Kind Stifte, Bücher und Hefte herausholt. Daher sollte bei einem guten Ranzen der Deckel offen bleiben und die bequeme Entnahme der Materialen ermöglichen.  
Deckel des ErgobagDeckel des Scout BuddyBeim Buddy (rechts) ist das gut gelöst - der Deckel lässt sich vollständig zurück klappen und bleibt dann in der Position. Genauso bequem ist das beim Timeless. Dieser hat auch einen sehr gut gepolsterten Tragegriff - etwas, das man bei den anderen Modellen vergeblich sucht - diese haben nur Schlaufen zum aufhängen.
 
Beim Ergobag (links)  bleibt der Deckel zwar auch offen, lässt sich aber nicht komplett zurückklappen. Kippt der Ranzen leicht nachvorne, fällt einem der Deckel recht schnell auf die Hand.
 
Der DerDieDas fällt nach dem Öffnen im Grunde von allein sofort wieder zu, was ich total nervig fand. Allerdings gehe ich davon aus, dass das nur so ist, wenn er neu ist. Ich habe ihn daher über Nacht offen stehen lassen, damit sich das Material an diese Position gewöhnt - mit dem Ergebnis, dass er danach zumindest gelegentlich offen blieb. Außerdem ist der Deckel so konzipiert, dass er mit einer gewissen Akkuratheit geschlossen werden muss - fällt er nicht mehr automatisch zu, ist es eine gewisse Fummelei, ihn korrekt zu schließen.
 
 
 

Innenaufteilung

 
Die Innenaufteilung ist sehr unterschiedlich gestaltet. Am spartanischsten ist der Fliegengewicht XS - er hat eine abgetrennte Tasche an der Rückwand für Bücher und eine kleine Tasche, die vorne an der Wand ist. Es ist außerdem ein plastikumhülltes Schild an einer Schnur befestigt, auf dem der Name des Kindes vermerkt werden kann. Innen im Deckel ist ein durch eine Plastikhülle geschützter Stundenplan. Das Kunststoffmaterial der Taschen ist recht dünn, so dass ich mir etwas Sorgen machen würde, wie es um die Haltbarkeit bestellt ist.
 
Innenraum DerDieDas Fliegengewicht XS
 
Der Buddy hat ebenfalls eine vordere und eine hintere Tasche. Auf der hinteren Tasche sind zwei weitere mittelgroße aufgenäht. Auch auf der vorderen Tasche sind zwei zusätzliche Taschen angenäht, so dass man 6 Extrafächer verschiedener Größen hat. Die Taschen erscheinen recht stabil und sind aus einem stoffähnlichen Material. Es befindet sich ebenfalls ein Namensschild an einer Schnur im Ranzen. Auch in diesem Ranzen wurde ein Stundenplan gut sichtbar integriert (zwischen Deckel und Fach).
Innenraum Scout Buddy
 
Im Timeless gibt es keine Tasche an der Vorderwand, er hat aber zwei Büchertaschen an der Rückwand. Diese sind größenverstellbar (siehe Bild) - nach dem Packen wird ein elastisches Gummiband mit einer Schnalle verschlossen. Ich finde die Idee des variablen Innenraums auf den ersten Blick wirklich gut, frage mich aber, ob das für Kinder praktikabel ist. Auch beim Timeless gibt es einen Stundenplan im Deckel.
 
Innenraum TimelessInnenraum Timeless

Im Innenraum des cubos gibt es ebenfalls eine Büchertasche. Elastische Bänder sorgen dafür, dass sie in geringem Maße vergrößerbar ist, die Bücher aber dennoch sehr rückennah getragen werden. An der Vorderseite gibt es eine kleinere Tasche, die mit einem Reißverschluss verschlossen werden kann. Es wird außerdem eine Heftbox aus Kunststoff mitgeliefert, damit diese im Innenraum nicht geknickt werden. Im Deckel ist eine weitere Tasche mit Reißverschluss für den separat bestellbaren Regenschutz.

Innenraum Ergobag cubo

Hier noch eine Übersicht zum Innenvolumen:
  • Buddy 16 Liter (+ 3,1 l in den Außentaschen)
  • Fliegengewicht XS 18 Liter
  • Timeless 19 Liter (+ 4 l in den Außentaschen)
  • cubo 19 Liter.

Außentaschen


Seitentaschen der getesteten Schulranzen

 
In die recht großzügigen, mit Klett verschließbaren Außentaschen des Buddy passen normale SIGG-Flaschen gut hinein, ohne das man groß fummeln muss. Etwas pfriemeliger ist es, eine Brotbox in der Vordertasche zu verstauen, weil sie sich nur auf einer langen Seite öffnen lässt. Eine SIGG-Büchse geht noch ganz gut - bei der relativ großen Tchibo-Brotbox muss ich schon ziemlich quetschen. Die Taschen sind so geschnitten, dass die Sachen trocken bleiben bei Regen (was ich noch testen werde).
 
Außentasche Fliegengewicht XS
Der Fliegengewicht XS verfügt nur über dünne Stecktaschen. Es ist relativ mühselig, die Flaschen dort zu verstauen, weil der obere Gummibund recht eng ist. Das führt aber dazu, dass die Flasche auch fest sitzt und beim Herunterbeugen nicht heraus fällt. Auch hier bin ich gespannt, wie haltbar der Gummizug sein wird. Die vordere Tasche lässt sich rundherum auf drei Seiten öffnen, wodurch das Verstauen der Brotbox komfortabler als beim Buddy ist. Allerdings passte meine kleinere Sigg-Brotbox gerade so hinein - der Reißverschluss ließ sich nur sehr schwierig schließen. Die größere Tchibo-Box passt nicht. Es ist also erforderlich, extra flache Brotboxen zu kaufen - ob da aber genügend Brote für Vielesser rein passen?
 
Außentasche TimelessDer Timeless hat die größten Außentaschen. Eine Sigg-Flasche (bzw. eine 0,6 l-Flasche) passt ganz genau hinein. Höheren Flaschen würden auch Platz finden - die Tasche wäre dann jedoch nicht mehr verschließbar. Ganz raffiniert: Die Taschen haben Löcher, so dass undichte Flaschen auslaufen können und sich nichts in der Tasche sammelt. Die Seitentaschen sind deutlich breiter, als bei den anderen Modellen - Brotboxen passen jedoch nicht hinein. Die vordere Tasche lässt sich halbrund öffnen und ist ebenfalls deutlich größer, als bei den anderen Ranzen. Auch große Brotboxen passen problemlos hinein. In der Tasche ist auf der Rückseite noch eine kleinere Tasche mit zwei Fächern eingenäht.

Außentaschen sucht man beim cubo vergeblich. An den Seiten befinden sich halbe Reißverschlüsse, an denen sich die zusätzlichen Leuchtflächen befestigen lassen. Eine Trinkflasche lässt sich in der vorderen Tasche unterbringen - dort ist eine entsprechende Lasche vorgesehen. Daneben passt auch bequem eine Brotbox. Die Tasche beult sich nach innen ein, so dass der Platz dann im Ranzen weniger wird. Allerdings ist dieser auch größer, so dass es letztendlich kaum einen Unterschied macht.
 
Außentasche Ergobag
Außentasche Ergobag



 

Zubehör

 
Die Ranzen sind oft als Sets erhältlich - im selben Design gibt es dann verschiedenes Zubehör wie eine Sporttasche, einen Brustbeutel und eine Federtasche dazu.
Set Scout Buddy
Der Buddy ist in einem 4-teiligen Set erhältlich. Zum Ranzen gibt es eine Sporttasche, eine Federtasche und eine Schlüsseltasche dazu - im Vergleich zu den anderen ist das eher mager. Die Sporttasche ist simpel und wirkt robust, mich stört jedoch der lose Plastikboden, der in der Tasche umher fliegt. Die Schlüsseltasche ist ebenso simpel und robust - leider fehlt hier ein Fahrkartenfach. In der Federtasche ist eine Grundausstattung von enthalten. Neben 12 bruchgeschützten, dreikantigen ergo soft-Buntstiften von Staedtler sind ein Bleistift, ein Lineal, ein Radiergummi und ein Anspitzer enthalten.

Set DerDieDas Fliegengewicht XS
Zum DerDieDas-Ranzen gibt es ebenfalls eine Sporttasche, einen Brustbeutel, eine Federtasche und ein Schlampermäppchen dazu. Und einen gelben Beutel, in dem das Zubehör steckt. Die Sporttasche ist etwas leichter zu öffnen (zwei parallele Reißverschlüsse, statt einer mit zwei Kurven. Sie verfügt außerdem über ein Nassfach - man kann von außen eine der schmalen Seiten öffnen und dort bspw. einen Badeanzug hineinstecken, ohne dass der Rest in der Tasche nass wird. Der Brustbeutel ist mit Sichtfenster versehen, so dass man ggf. eine Fahrkarte dort aufbewahren kann. In der Federtasche sind 15 dreikantige Noris Club-Stifte mit Antibruchsystem, zwei Bleistifte sowie Lineal, Anspitzer und Radiergummi enthalten.
 
Set TimelessIm 5-tlg. Set vom Timeless ist eine Sporttasche enthalten, die sich wie ein Rucksack tragen lässt. Dieser wird oben mit einer Kordel verschlossen. Er hat sogar fluoriszierende und reflektierende Flächen und kann mit Klettverschlüssen am Ranzen befestigt werden. Die Schultergurte sind leicht gepolstert. Es gibt ein extra Nassfach, das auf der Vorderseite mit einem Reißverschluss verschließen kann. Auch ein Brustbeutel mit einer schönen Inneneinteilung und ein Schlampermäppchen gehören dazu. Ebenso eine Federtasche, die mit 10 dünnen und 8 dicken Stabilo-Dreikant-Stiften, zwei Bleistiften (einer dick, einer dünn), einem Lineal, einem Zweifachanspitzer und einem Radiergummi ausgestattet ist. Für mich das qualitativ hochwertigste Zubehör!
 
Set cuboDas Ergobag-Set enthält auch einen Turnbeutel  mit (kleinen) reflektierenden Flächen und einem extra zu verschließenden Außennassfach. Die Trageschnüre sind nicht gepolstert, was ihn weniger komfortabel im Vergleich zu dem von Timeless macht. Dafür verfügt er aber über einen Brustgurt, der das Herunterrutschen von den Schultern verhindert. Das Schlampermäppchen ist stabiler und durch die Innengestaltung auch schöner. Der Brustbeutel hat ein transparentes Fahrkarten-Fach. Die Federtasche wurde ebenfalls von Stabilo ausgestattet - hier mit 10 dünnen dreikantigen GREEENcolours-Stiften und 6 dicken GREENtrio-Stiften. Ergänzt wird das ganze mit einem Lineal, einem Radiergummi und einem Zweifachanspitzer.
 

Rückenteil und Tragegurte


Die Gestaltung des Rückenteils und der Tragegurte sind entscheidend für den Tragekomfort. Die Gurte dürfen nicht am Hals einschneiden und sollten etwa 4 cm breit sein, damit sich das Gewicht ideal verteilt. Hier eine Rückansicht der Ranzen, bei der man deutlich die Unterschiede erkennt:


Rückansicht der getesteten Ranzen
oben links: Scout Buddy - oben rechts: DerDieDas Fliegengewicht
unten links: Schoolmood Timeless - Ergobag cubo

Bezüglich der Rückengestaltung hat mir der Buddy am wenigsten gefallen. Er verfügt weder über Brust- noch über einen Hüftgurt - das Gewicht lastet also ausschließlich auf den Schultern. Die Polsterung des Rückenteils ist im Vergleich zu den anderen wirklich hart. Tiefe Rillen sorgen für die Belüftung. Auch die Tragegurte überzeugen nicht - sie sind nicht wirklich gut gepolstert und mit 5 cm eher vergleichsweise schmal. Wenigstens ist an den Stellen, an denen die Gurte mit dem Hals in Kontakt kommen, die Polsterung etwas weicher und mit einem atmungsaktiven Stoff überzogen.
 
Der Fliegengewicht gefiel mir nur ein kleines bisschen besser. Die Gurte sind ebenfalls eher hart, starr und schmal (5 cm) und es fehlt hier eine bessere Polsterung am Hals. Dafür ist das Rückenpolster viel weicher und angenehmer, als beim Buddy. Für die Belüftung sorgt ein entsprechender Stoff und dass einzelne Teile der Rückenpolsterung weit abstehen. Allerdings ist ein großes Plastik-Markenschild oben mittig platziert, das unangenehm drücken kann. Auch der Ranzen von DerDieDas hat keinen Brust- oder Hüftgurt.
 
Am besten hat mir rein vom Gefühl her das Rückteil des Timeless gefallen. Die Gurte sind super weich, flexibel und in der Halsgegend mit einem besonders weichem und angenehmen Stoff gestaltet. Sie beginnen auch nicht einfach so am oberen Rand, sondern entwickeln sich aus einem größeren Teil. Sie sind mit 5,5 bis 6,5 cm auch breiter. Der Timeless hat sowohl einen weich gepolsterten Hüftgurt als auch einen Brustgurt. Dieser ist höhenverstellbar (Spielraum ca. 4 cm) und abnehmbar. Das Rückenteil ist weich gepolstert und durch die Gestaltung sehr luftig. Der Beckengurt kann im Rucksack verstaut werden, was ich sehr praktisch finde.
 
Der Ergobag cubo ist ähnlich gestaltet, jedoch insgesamt härter.Die Gurtpolsterung ist nicht ganz so angenehm ist, wie beim Timeless, jedoch ähnlich breit (6,5 cm) und im Halsbereich zwar mit atmungsaktiven Stoff überzogen, der aber etwas rau wirkt. In jedem Fall Welten besser, als beim Buddy und dem Fliegengewicht XS. Beim cubo ist allerdings die Belüftung überzeugender gestaltet und erinnert an hochwertige Treckingrucksäcke. Der Brustgurt ist nicht abnehmbar aber deutlich weiter (10 cm) und unkomplizierter höhenverstellbar. Der Hüftgurt ist breiter und länger und damit angenehmer zu tragen.
 
 

Beurteilung der Schulranzen durch meine Tochter

 
Ich habe alle Ranzen gleich gefüllt und mein Kind damit jeweils eine bestimmte Strecke laufen lassen. Wir begannen mit dem Scout, bei dem sie - ohne einen anderen Ranzen aufgehabt zu haben - sofort meinte: "Der ist aber hart!" Dennoch sagte sie, dass er sich recht angenehm tragen lasse. Den DerDieDas-Ranzen fand noch etwas besser. Als ich ihr den Ranzen von Schoolmood aufschnallte, fragte sie erst einmal erstaunt, ob da überhaupt etwas drin sei. "Superbequem!" war ihr Urteil. Als sie danach den Ergobag auf dem Rücken hatte, meinte sie ganz empört: "Oh nee, der drückt ja!" Als ich sie fragte: "Wo denn" sagte sie nur "Überall!"

Ich war überrascht und holte meinen Sohn dazu. Ich muss dazu sagen - mein Sohn ist völlig vernarrt in den Ergobag - seit Tagen schleppt er ihn durch die Gegend und beschäftigt sich hingebungsvoll mit den Kletties (siehe unten). Als er aber den Timeless zum Vergleich trug, meinte er ganz erstaunt: "Der ist schöner!" - obwohl er ihn vorher keines Blickes gewürdigt hatte (er hat ja schließlich Mädchenfarben - ein ernsthaftes Problem für Dreijährige!).

Wie man an den folgenden Bildern erkennt, sitzen die ersten drei Ranzen wirklich sehr gut und rückennah. Der Ergobag knickt nach hinten weg und lässt im oberen Bereich viel Freiraum. Ich habe die Gurte jedoch schon so eng wie möglich angezogen, so dass es da keinen Optimierungspotenzial gibt. Er ist auch auf die richtige Körperlänge eingestellt (die Länge des Rückenteiles ist verstellbar) und saß trotzdem nicht ideal.

Scout Buddy getragenFliegengewicht XS getragenTimeless getragenErgobag cubo getragen
 
 

Der Regentest


Zum Schluss habe ich den ultimativen Regentest gemacht. Bei herrlichstem Brandenburger März-Dauer-Landregen habe ich die Ranzen nach draußen gestellt. Nach etwa zwei Stunden waren alle wirklich kräftig beregnet.


Vier nasse Schulranzen

Um herauszufinden, ob die Ranzen wirklich wasserfest sind, hatte ich jeweils in die Vordertasche, am Deckel und auf dem Boden des Hauptfaches ein Küchentuch gesteckt.

Diesen Test definitiv gewonnen hat der Scout Buddy - er war auch nach zwei Stunden Dauerregen noch vollkommen trocken - sowohl unter dem Deckel, als auch in der Vordertasche sowie im Hauptfach. Irgendwie hatte man das Gefühl, er könne auch die komplette Nacht draußen stehen und es würde nichts passieren.

Platz 2 in diesem Test geht an den DerDieDas-Ranzen. Dort waren Hauptfach und Deckel vollkommen trocken. Allerdings sah das im vorderen Fach anders aus - dort zeigte das Küchentuch, dass von unten durch die Ablaufösen Feuchtigkeit eingedrungen war. Allerdings befindet sich im vorderen Fach ja meist die Brotdose (wenn sie denn rein passt), so dass das nicht wirklich problematisch ist.

Außentasche des Fliegengewicht XS

Der Timeless war sowohl im Hauptfach unten als auch im vorderen Fach komplett trocken. Allerdings waren leichte Spuren von Feuchtigkeit zu finden. Sie waren wirklich nur ganz leicht (auf dem Bild am oberen Ran) und die Regenprobe hat wirklich härteste Bedingungen simuliert - Bücher und Hefte wären ganz sicher noch trocken gewesen. Aber dennoch belegt der Ranzen von Schoolmood damit nur den 3. Platz.

Nasser Deckel des Timeless nach Regentest

Am nassesten wurde der Ergobag. Zwar waren Boden und vordere Tasche genauso trocken, wie bei den anderen Ranzen, der Deckel war jedoch ordentlich durchnässt - vor allem an den Ecken begann das Wasser allmählich einzudringen.

Nasser Deckel des Ergobag nach Regentest
Nasser Deckel des Ergobag nach Regentest

 
 

Nette zusätzliche Spielerei


Was ich vorher noch gar nicht kannte, waren die "Patchies" bzw. "Kletties", die es beim Timeless und beim cubo dazu gibt. Dabei handelt es sich um runde, flexible Plastikschilder, die auf dem Ranzen angebracht werden können. Im Lieferumfang ist ein Satz enthalten (beim cubo fünf verschiedene, beim Timeless drei gleiche), man kann weitere Motive nachkaufen. Beide Hersteller bieten auch Blankokletties, die man nach Belieben gestalten kann. Beim Timeless gibt es bei allen Modellen ein kleines Glücksschwein-Kuscheltier dazu.
 
 

Übersicht der Testergebnisse


In der folgenden Übersicht habe ich die Stärken und Schwächen der Ranzen zusammengefasst:
 

 

Fazit


Mich persönlich haben zwei Modelle absolut überzeugt - der Timeless und der cubo. Bei meiner Tochter hingegen ist der cubo durchgefallen - sie findet ihn sehr unbequem. Da bewahrheitet sich, dass der Schulranzen einfach zum Kind passen muss. Bei der Tochter meiner Freundin passte er absolut perfekt (sie ist mit 114 cm deutlich kleiner als meine Tochter mit 128 cm). Qualitativ haben mich beide Ranzen absolut überzeugt. Aus optischen Gründen hätte ich den Timeless auch schon fast ausgeschlossen, aber er hat mich in Bezug auf die Handhabung dann wirklich begeistert. Er ist wirklich gut durchdacht und in Bezug auf die Gurte und die Polsterung am hochwertigsten. Den Ergobag finde ich am schönsten - aber er unterliegt bei meinen Kindern dem Timeless in punkto Tragekomfort eindeutig. 

Der Scout Buddy ist zweifellos außerordentlich stabil - er hat als einziger Ranzen Plastikwände an der Seite. Ich war außerdem beeindruckt, wie wasserdicht er war. Der Verschluss jedoch ist relativ nervig und auch das Verstauen von Brotdosen eher mühselig. Wenn ich einen Rabauken hätte, von dem ich weiß, dass er den Ranzen nicht allzu pfleglich behandeln wird und ihn auch mal im Regen stehen lässt, dann würde ich mich für dieses Modell entscheiden. 

Der Fliegengewicht XS ist super leicht und klein - allerdings ist das Material dadurch entsprechend dünn und es passt keine große Brotbox hinein. Mir persönlich gefallen die Designs der Ranzen am besten, aber das ist ja sehr subjektiv. Sein großer Vorteil ist das Gewicht - diesbezüglich ist er absolut unschlagbar. Da meine Tochter aber eher riesig ist, konnte er damit bei ihr nicht punkten.

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© Danielle
 
 
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Wenn Kinder ohne Kneifen, Knibbeln oder Tragen nicht einschlafen

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Wie schafft man es, dass das Kind ohne elterliche Hilfe einschläft?

 
Babys und Kleinkinder können in Bezug auf das Einschlafen und Schlafen nicht verwöhnt werden. Das heißt aber nicht, dass sie sich nicht an bestimmte Abläufe und Rituale gewöhnen - diesen Umstand können Eltern ausnutzen, um das Ein- und Durchschlafen einfacher zu gestalten oder das Kind an sein eigenes Bett zu gewöhnen. So lange nichts dagegen spricht, fühlen sich die meisten Kinder mit Einschlafbegleitung im Familienbett am wohlsten - aber manchmal wird es notwendig, das Einschlafritual oder die Schlafsituation sanft zu beeinflussen.

Im folgenden Artikel soll es um Schlafsignale gehen. Diese sind winzige Rädchen im großen Getriebe des kindlichen Schlafs und doch kann man, wenn man an ihnen dreht, so einiges zum Positiven wenden.
 
 

Was sind Schlafsignale?

 
Schlafsignale sind alle Arten von wiederkehrenden Abläufen, Umständen und Gegenständen, die dem Kind in ihrer Gesamtheit zeigen: Jetzt geht es ins Bett. Wird das Kind ausgezogen, werden seine Zähne geputzt und ihm der Schlafanzug angezogen, so wären das drei Signale, die das Gehirn darauf vorbereiten, bald in den Ruhemodus zu schalten.
 
Einige Schlafsignale werden von den Eltern bewusst eingeführt (Rituale), andere schleichen sich mit der Zeit einfach ein und können sogar unangenehm werden (Kind kneift die Hand der Mutter oder dreht ihre Haare zum Einschlafen). Allen gemeinsam ist, dass es ein paar Wochen dauert, bis diese Signale tatsächlich müdigkeitsfördernd wirken. Sind sie jedoch einmal etabliert, hält das Kind stark an ihnen fest, so dass ein Abgewöhnen schwierig ist.
 
 

Rituale helfen beim Einschlafen

 
Ich denke, alle Eltern wissen, dass Rituale am Abend förderlich sind und ganz bestimmt haben fast alle von euch bereits eins eingeführt. Deshalb werde ich hier nur kurz auf sie eingehen. Unser einjähriger Sohn z. B. darf abends, wenn er ausgezogen wurde, auf den Tritt am Waschbecken klettern und dort eine Weile mit dem Wasser planschen. Dieses Ritual ist fester Bestandteil seiner Zubettgehzeit. Als er noch kleiner war, wurde er, nachdem er den Schlafanzug anbekommen hatte, eingepuckt. Er brauchte diese Eingrenzung und freute sich schon, wenn ich ihm das Pucktuch zeigte. Dann wird er, auch heute noch, in den Schlaf gestillt, da er keinen Nuckel nimmt. Bei meinen Töchtern haben wir es damals so gemacht, dass sie zwar im Bett gestillt wurden, aber nicht bis zum Einschlafen. Sie tranken sich satt, dockten ab und bekamen dann den Nuckel. Für sie war also nicht die Brust, sondern der Nuckel das entscheidende Einschlafsignal.
 
Unser Ritual ist also: Ausziehen, mit Wasser planschen, Zähne putzenWindel und Schlafanzug anziehen, ins Schlafzimmer gehen und ins Familienbett legen, Einschlafstillen. In der wiederkehrenden Reihenfolge dieser Schlafsignale erkennt mein Sohn demnach, dass er nun schlafen soll und da ich meist den richtigen Zeitpunkt abpasse, zu dem er auch wirklich müde ist, wirken sie in ihrer Gesamtheit einschlaffördernd.
 
Andere Schlafsignale in anderen Familien könnten sein: Schlafsack anziehen, allen einen Gute-Nacht-Kuß geben, Kuscheltier in den Arm nehmen, Nachtlicht anknipsen, Spieluhr aufziehen, Schlaflied singen, die Gardine zuziehen, die Jalousie runterlassen etc.
 
Unser Ritual für den Mittagschlaf hat sich bei uns eher unbewusst mit der Zeit entwickelt. Ich bringe zusammen mit meinem Sohn seine großen Schwestern in den Kindergarten, nehme ihn dann in die Trage und fahre zu meinem Lieblingscafé, in dem ich am Vormittag blogge. Da mein Sohn meist gegen 5 Uhr aufsteht, ist er schon recht müde, wenn ich im Café ankomme. Deshalb stelle ich mich dort vor die Tür (mit ihm in der Trage), wippe auf und ab und singe dabei ein Schlaflied, das ich für ihn schon gesungen habe, als er noch in meinem Bauch war. Auch das Auf- und Abwippen kennt er noch aus der Zeit aus meinem Bauch. Eine Zeit lang gehörte zu dem Ritual auch dazu, meine Tragejacke ganz zu schließen, damit er von den visuellen Reizen ringsherum abgeschirmt war.
 
Wie ihr lesen könnt, braucht er bei diesem Ritual das Einschlafstillen nicht - es reicht, wenn die anderen Schlafsignale aktiviert werden. Diese Kombination habe ich nicht bewusst als Ritual eingeführt, sondern sie ist nach Versuch und Irrtum entstanden. Ich habe einfach ausprobiert, wie er am besten Einschlafen kann. Ich habe es im Café auf dem Arm versucht, im Kinderwagen vor dem Café etc. und wie es sich in einer feinfühligen Beziehung gehört, haben wir zwei uns so miteinander abgestimmt, dass für uns beide eine angenehme Einschlafsituation herauskam.
 
 

Unbewusst eingeführte Schlafsignale

 
Als meine Töchter noch klein waren, trug ich sie oft in der Trage und weil sie dabei neugierig umher guckten, fing ich an, meine Hand auf ihr Ohr zu legen, um damit gleichzeitig die Sicht etwas einzuschränken. Dieses Hand-aufs-Ohr-Legen war ihnen so angenehm, dass es schnell zum Einschlafsignal wurde. Leider fingen sie an, dieses Signal auch abends im Bett einzufordern - ich sollte neben ihnen liegen und meine Hand auf ihr Ohr legen. Das war logistisch für mich natürlich schwer machbar und nervte mich irgendwann sehr.

Ein zweites, unbewusst eingeführtes Signal war bei uns das Ruckeln im Wagen. Neben meinem Lieblingscafé gibt es einen sehr, sehr langen Gehweg, dessen Oberfläche sehr schlecht gewartet ist. Man kann darauf kaum laufen, ohne andauernd über Wurzeln, aufgespaltenen Beton oder lose Steine zu stolpern. Für uns war dieser Gehweg aber ideal, denn der Kinderwagen wackelte darauf so extrem, dass meine Töchter wunderbar in den Schlaf geruckelt wurden. Wir nannten den Weg deswegen sogar "Magic Sidewalk", da es darauf keine Minute dauerte, bis meine Töchter schliefen - das Schlafsignal "Ruckeln" war etabliert. Leider bedeutete das auch, dass ab diesem Zeitpunkt Wege, die nicht so verfallen und ruckelig waren, nicht mehr so gut funktionierten - meine Töchter fanden auf geraden Straßen nur sehr, sehr schwer in den Schlaf. Zum Einschlafen fehlte ihnen ein wichtiger Bestandteil: Im Kinderwagen liegen, Nuckel im Mund,  Schlaflied hören, ruckeln und schuckeln. Ohne das vierte Signal war dem Gehirn meiner Töchter nicht 100% klar, dass Schlaf angesagt war.

 

Unangenehme Schlafsignale

 
Es gibt Schlafsignale, die vom Kind eingeführt werden und die am Anfang von den Erwachsenen eher geduldet werden, weil sie dem Kind offensichtlich helfen, zur Ruhe zu kommen. Diese steigern sich mit der Zeit dann aber oft so sehr, dass sie für die Eltern unangenehm oder sogar schmerzhaft sind. Manche Kinder mögen es z. B., an der Haut der Eltern zu knibbeln. Oft an der losen Haut zwischen dem Daumen und dem Zeigefinger. Beliebt ist auch das Zwirbeln mit den Fingern an der freien Brustwarze während des Stillens. Viele Kinder drehen gern die Haare der Mutter um ihren Finger während des Einschlafens und ich kenne einige Kinder, die den Finger in den Mund der Eltern stecken, weil sie das nasse, warme Gefühl mögen.

Anfangs sind diese kleinen Macken oft gut auszuhalten und die Eltern erdulden sie gern, weil sie das schnelle Einschlafen des Kindes garantieren. Leider steigert sich das Ganze oft nach einiger Zeit und ist dann für die Eltern nicht mehr lustig. Denn wenn die Haare so lange gedreht und gedreht werden, dass die Kopfhaut schon weh tut oder nicht mehr nur ein Finger in den Mund gesteckt wird, sondern mehrere, oder wenn im Mund an den Zähnen gekratzt wird oder die elterliche Zunge untersucht wird, dann ist die Grenze des Aushaltbaren eindeutig überschritten.

Relativ häufig ist es so, dass Eltern ihr Baby im Arm in den Schlaf tragen. Dieses Tragen  funktioniert so gut, dass es zunächst einmal gern beibehalten wird. Werden die Kinder aber größer und erreichen ein gewisses Gewicht, wird das allabendliche Einschlaftragen zur Tortur für Arm und Rücken der Eltern - sie möchten es dann gern wieder abschaffen.

Das Problem ist dann aber: Dieser Zustand des Getragen-Werdens (oder auch das das Knibbeln oder Drehen oder Kneifen)  ist für das kindliche Gehirn schon als Schlafsignal etabliert, d. h. das Kind denkt, dass es unausweichlich zum Einschlafen dazu gehört. Es hat das Gefühl, dass es ohne dieses Signal nicht einschlafen kann und wird vehement dafür kämpfen, dass es beibehalten wird. Das geschieht nicht aus Boshaftigkeit, sondern weil das Gehirn so sehr an dieses Signal als Bestandteil des Einschlafens gewöhnt ist, dass es in echte Unruhe gerät - in diesem Zustand kann natürlich kein Kind einschlafen.
 
Fast alle Kinder machen diesen Zustand der Unruhe durch bei der Schnullerentwöhnung. Während das Abgeben des Schnullers tagsüber meist kein Problem darstellt, werden die meisten Kinder doch panisch und weinerlich, wenn sie das erste mal ohne den Schnuller einschlafen sollen. Ganz klar - dem Gehirn fehlt an diesem Punkt ein wichtiges Schlafsignal (das Schnullern), deshalb dauert es zunächst ein paar Tage viel länger, bis das Kind tatsächlich in den Schlaf findet.

An der Schnullerentwöhnung sieht man aber auch, dass es möglich ist, dass ein Kind lernt, ohne ein bestimmtes Schlafsignal einzuschlafen - d. h. Eltern können  und sollten Schlafsignale, die ihnen weh tun, abschaffen. Es ist möglich, Ersatzobjekte zu geben, diese werden jedoch meist ungern angenommen, so dass überlegt werden kann, ob eine Umgewöhnung auf das Ersatzobjekt für das Kind nicht genauso schwierig ist, wie das komplette Abgewöhnen dieses Schlafsignals.
 
 

Wie gewöhnt man ein schmerzhaftes Schlafsignal ab?


Schlafsignale können behutsam Schritt für Schritt abgeschafft oder ausgetauscht werden, wenn sie für die Eltern unhaltbar geworden sind. Ein Zehn- Kilo-Kind für 5 Minuten in den Schlaf zu tragen mag möglich sein, aber wenn es eine halbe Stunde oder gar eine ganze Stunde dauert, dann werden die Kräfte der Eltern unnötig stark strapaziert.

Bei der Abgewöhnung ist es wichtig, die anderen Schlafsignale des Rituals beizubehalten. Wollt ihr also das Einschlaf-Tragen abgewöhnen, dann würden vorher alle Signale weiterhin gesendet, bspw.: Ausziehen, Zähne putzen, Windel wechseln, Schlafanzug anziehen, Stillen, Schnuller. Das Gehirn des Kindes würde also Schritt für Schritt darauf vorbereitet werden, dass nun die Schlafphase beginnen soll. Es "wartet" allerdings noch auf das letzte Signal und ich würde, da ich immer für einen sanften Wechsel bin, zunächst einmal mit dem Tragen beginnen. Nach einer kurzen Weile würde ich mich jedoch mit dem Kind im Arm hinsetzen. Das weicht vom normalen Tragen ab, deshalb wird das Kind dagegen protestieren und wacher werden. Also würde ich wieder aufstehen und es weitertragen - mich jedoch irgendwann wieder hinsetzen. Diese Art der achtsamen Entwöhnung nennt man "sanftes Ablösen" - wir haben darüber ausführlich in einem anderen Artikel geschrieben. Dieses Tragen und Hinsetzen würde ich ein paar Tage lang durchziehen, bis es im Gehirn das Einschlaftragen als Signal abgelöst hat. Auf diese Weise kann man, wenn man einen langen Atem hat, unliebsame Schlafsignale austauschen.

Bei unangenehmeren Schlafsignalen kann das Umgewöhnen auch schneller vonstatten gehen, wenn das für die Eltern wichtig ist. Eine meiner Töchter hatte sich angewöhnt, in der Nacht meinen ausgestreckten Arm als ihr Kopfkissen zu benutzen. Das war erst einmal nicht so schlimm, nach ein paar Nächten in dieser Position fühlte ich mich aber sehr gefangen und wurde richtiggehend wütend. Ich wollte mich gern mal wieder auf die andere Seite drehen. Da sie zu diesem Zeitpunkt schon drei Jahre alt war, konnte ich ihr das Ganze erklären. Sie war jedoch trotzdem unglücklich und mein Arm fehlte ihr in der Nacht. Also suchte ich nach einem Substitut, das ihr ein ähnliches Schlafgefühl geben würde und würde fündig in Form eines Türkissens (diese Dinger, die man unten an den Türspalt legt, damit es nicht zieht). Immer, wenn sie in der Nacht im Halbschlaf an meinem Arm zerrte, um ihren Kopf darauf betten zu können, entzog ich ihn ihr sanft und legte stattdessen das Kissen in ihren Nacken. Sie merkte das natürlich und fand das bei weitem nicht so kuschelig, arrangierte sich jedoch mit der Alternative und schlief bald darauf genauso gut, wie auf meinem Arm.

Habt ihr ein Kind, dass gern eure Haut zum Einschlafen zwickt, dann benötigt ihr ein Substitut, dass eurem Kind ein ähnliches Gefühl verschafft. Es gibt zum Beispiel Kuscheltiere mit weichen Lederohren, die sich dafür eignen. Immer, wenn euer Kind eure Hand nehmen will, um an der Haut zu knibbeln, solltet ihr die Hand sanft entziehen und stattdessen das Lederohr hinhalten. Habt ihr ein Kind, das gerne eure Haare eindreht, dann könntet ihr eine Echthaarpuppe als Alternative hinhalten.



Euer Kind wird das nicht mögen und erst einmal dagegen protestieren, vermutlich sogar wütend werden. Ihr könnt euch das ein bisschen so vorstellen, als müsste das Kind sich von einer Droge entwöhnen - das Gehirn denkt, es braucht das Hautknibbeln/das Haardrehen zum Einschlafen. Je nachdem, wie groß eurer Leidensdruck ist, könnt ihr dem Wunsch des Kindes doch nachgeben und es weiterhin knibbeln oder Haare drehen lassen oder eben dabei bleiben, das Kuscheltier/die Puppe stattdessen anzubieten.

 

Wie kann man sich Schlafsignale zunutze machen?


Austauschen von Schlafsignalen


Schlafsignale sind eine tolle Sache, wenn man viele verschiedene davon eingeführt hat, denn dann kann man sie austauschen, wenn mal eins von ihnen nicht funktioniert.

Wie ich schon schrieb, wird mein Sohn noch einschlafgestillt. Eines nachts wurde er unruhig und fing an, die Milch zu erbrechen. Immer, wenn ich ihn danach wieder in den Schlaf stillen wollte, erbrach er sich wieder im Schwall, d. h. dieses Schlafsignal konnte ich in dieser Nacht nicht mehr nutzen. Ich bekam einen leichten Anflug von Panik - wie sollte ich ihn denn sonst zum Schlafen bringen? Ich stand also mit ihm auf, ging leise in ein anderes Zimmer, um den Rest der Familie nicht zu wecken und begann dort, mit unserem Mittagschlafritual: Ich nahm ihn so auf den Arm, dass er wie in seiner Trage saß, wippte auf- und ab und sag dabei sein Einschlaflied. Wie ihr oben schon lesen konntet, braucht er beim Mittagschlag das Stillen nicht - und das war in dieser Nacht unsere Rettung. Nach nur ein paar Minuten wirkten die Schlafsignale, er schlief ohne Trinken ein und ich trug in leise zurück ins Bett, wo er einfach weiterschlief.

Ich halte es für immens wichtig, sich nicht nur auf eine Reihe von Schlafsignalen zu verlassen, sondern eben verschiedene Signale für verschiedene Situationen einzuführen. Möglich wären zum Beispiel:

1. Kind in die Trage oder den Kinderwagen legen, ggf. Nuckel, Schlaflied singen, loslaufen (ohne Stillen einschlafen)
2. Kind einpucken und in die Federwiege legen, ggf. Nuckel, auf- und abwippen,  (ohne Stillen einschlafen)
3. Kind in den Autositz setzen, ggf. Nuckel, losfahren (ohne Stillen einschlafen)
4. Kind ins Familienbett legen, stillen/Flasche, ggf. Nuckel, Schlaflied singen
5. Kind baden, Buch vorlesen, ins Bettchen legen, ggf. Flasche, ggf. Nuckel, Spieluhr an, Händchen halten

An manchen Tagenl wirkt vielleicht die eine Reihe von Schlafsignalen nicht einschläfernd genug, dann ist es gut für eure Nerven, wenn ihr auf ein anderes Ritual ausweichen könnt, das dem Gehirn ebenfalls signalisiert: Du sollst schlafen. Als mein Sohn zum Beispiel noch sehr klein war und zuhause noch in der Federwiege gewippt wurde, war ich einmal mit ihm in der Trage unterwegs und er schlief, trotz großer Müdigkeit, einfach nicht ein. Das Laufen, die Trage, das Schlaflied und mein kleiner Finger als Nuckelersatz wirkten einfach nicht richtig. Entnervt suchte ich mir nach einer Weile einen Spielplatz mit Trampolin (Danke, Prenzlauer Berg!), stellte mich darauf und wippte schnell auf und ab, wie seine Federwiege. Ich hatte also das Einschlafsignal Laufen ausgetauscht gegen das Signal Wippen. Es wirkte! Im Nu war er im Land der Träume.

Einführen neuer Schlafsignale


Möchtet ihr, dass eurer Kind den Mittagschlaf im Kinderwagen oder in seinem Bettchen macht, dann könnt ihr die Wirkung von Schlafsignalen dafür ausnutzen. Wichtig ist, dass euer Baby wirklich, wirklich müde ist. Nicht nur normal müde, sondern richtig bettschwer. Am besten funktioniert das Einführen also nach einem Schwimmkurs, oder auch nach einem Pekip-Kurs. Diese sind so körperlich anstrengend für Babys, dass sie danach unweigerlich einschlafen und auch kaum den Elan aufbringen, sich wegen ein neues Rituals zu beschweren.
 
Ist der Kurs also vorbei, dann zieht euer Kind an, stillt es, legt es in den Kinderwagen oder das Bettchen und singt ein Lied. Es kann sein, dass euer Baby dann meckert, denn Umstellungen mag es einfach nicht. Sobald es schreit, nehmt es unbedingt hoch und gebt ihm seine gewohnte Schlafumgebung. Versucht es beim nächsten Mal wieder - eine Einführung neuer Schlafsignale dauert einfach Zeit. Aber irgendwann wird es klappen (nicht bei allen Kindern... aber bei den meisten). Und wenn ihr es geschafft habt, dass das Hinlegen und Schlafen nach dem Pekip-Kurs als Schlafsignal etabliert wurde, dann könnt ihr das Kind nun an jedem anderen kursfreien Tag zum Mittagschlaf auch ins Bettchen oder den Wagen legen. Denn solange alle Schlafsignale da sind (stillen, Wagen, Lied...) wird es einschlafen - der Kurs war in diesem Fall ja nur Mittel zum Zweck Bettschwere, wurde aber nicht als Schlafsignal eingeführt.

Für alle, die eigentlich möchten, dass ihr Kind im Bett einschläft, aber deren Weg vom Pekip-Kurs nach Hause zu weit ist: Führt erst einmal den Kinderwagen als Schlafsignal ein, aber achtet darauf, nicht zu fahren, wenn das Baby einschläft. Denn dann würde das Ruckeln als weiteres Schlafsignal eingeführt werden. Dieses Ruckeln gibt es im Bett aber nicht! Sobald euer Baby zuverlässig im stehenden Wagen einschläft, könnt ihr zuhause versuchen, das Baby zum Mittagschlaf auch ins Bettchen zu legen. Wichtig ist, dass die Schlafsignale dabei gleich sind und die Schlafumgebung ähnlich. Habt ihr z. B. ein Mobile im Kinderwagen hängen, sollte dieses auch über dem Bettchen hängen, denn vermutlich hat sich der Anblick dieses Mobiles als unbewusstes Schlafsignal beim Baby etabliert.

© Snowqueen
 

Schwangerschaftsmythen - was ist wirklich dran?

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Mythen rund um die Zeugung, Schwangerschaft und Geburt

 
Seit Jahrhunderten ranken zahlreiche Mythen rund ums Thema Kinder kriegen. Schon bevor neues Leben überhaupt entstanden ist, gibt es ganze Kataloge mit Handlungsanweisungen, um Erfolg bei der Zeugung zu haben. Auch für die Beeinflussung des Geschlechts gibt es unzählige Vorschläge - von der Stellung hin zu heißen Bädern. Ich habe für diesen Artikel Mythen rund um die Schwangerschaft gesammelt und in aktuelle Forschungsergebnisse geschaut, was wirklich an ihnen dran ist.
 
 

Mythen rund um die Zeugung


Familie mit Neugeborenem Je länger man die Pille genommen hat, desto langwieriger wird es, schwanger zu werden


Dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Eine Studie belegte: 80 % der Frauen, die nicht mehr verhüteten, waren nach einem Jahr schwanger. Und zwar völlig unabhängig davon, womit sie verhütet haben. Einige Untersuchungen zeigen sogar, dass das Absetzen der Pille in den ersten Monaten fruchtbarer macht.

Man sollte nur alle drei Tage Sex haben, damit die Spermaqualität steigt


Das ist mittlerweile vollkommen überholt - ideal wäre täglicher Sex, da die Spermaqualität bereits nach einem Tag abnimmt. Außerdem führt regelmäßiger und häufiger Sex dazu, dass sich das Immunsystem der Frau an den Fremdkörper Spermium gewöhnt.
 

Heiße Bäder und enge Unterhosen steigern die Chance auf ein Mädchen

 
Es ist richtig, dass männliche Samenzellen wärmeempfindlicher sind - wirklich schaden kann Wärme jedoch nur den gerade heranreifenden Zellen. Diese brauchen jedoch etwa 3 Monate zum reifen - wird also im März heiß gebadet, hat das Auswirkungen auf die im Juni reifen Samenzellen.

Bestimmte Stellungen sind besser für die Befruchtung geeignet, als andere


Die Spermien suchen sich ihren Weg - der ist bei der einen Stellung möglicherweise etwas kürzer, als bei anderen. Studien gibt es zu diesem Thema bisher nicht, ebenso wenig zu der Frage, ob es sinnvoll ist, das Becken nach dem Sex hoch zu lagern.

Stress verhindert Schwangerschaften


Auch dafür gibt es keinerlei Belege - Stress als alleiniges Merkmal beeinflusst die Befruchtung nicht. Geht er allerdings mit ungesunden Begleiterscheinungen wie erhöhter Alkohol- oder Nikotinkonsum einher, kann sich das durchaus auswirken.

Das Geschlecht beeinflussen

 
Zahlreiche Mythen ranken sich darum, ob man das Geschlecht des Kindes beeinflussen kann - von Socken über Mondphasen hin zur Stellung während der Zeugung.  Das Geheimnis warum sich Mythen rund um das Geschlecht so hartnäckig halten liegt darin begründet, dass die Trefferwahrscheinlichkeit exorbitant hoch ist - sie liegt immer bei 50/50. Die Hälfte aller Frauen kann also bei jedem einzelnen Mythos sagen: "Ja! Bei mir hat es gestimmt!" - das sind gefühlt ganz schön viele.

Was wirklich stimmt


Studien haben nachgewiesen, dass in Zeiten von Krisen, Hunger und Krieg mehr Mädchen geboren werden. Herrschen ökonomisch gute Bedingungen, kommen etwas mehr Jungen zur Welt. Auch der Einfluss der Ernährung wurde nachgewiesen - ernähren sich Frauen zum Zeitpunkt der Empfängnis vor allem energiereich und mit viel Zucker, bekommen sie überdurchschnittlich häufig Jungen. Beides hängt auch unmittelbar miteinander zusammen - lebt man in Wohlstand, ist die Ernährung gehaltvoller, als in Zeiten des Mangels.

Das Ganze hat auch evulotionsbiologischen Sinn - in schlechten Zeiten haben Frauen eine größere Chance, sich fortzupflanzen, als schlecht ernährte Männer im Konkurrenzkampf - um die familiären Gene zu erhalten, sind Töchter also erfolgsversprechender. Außerdem ist es für den Körper anstrengender, einen Jungen auszutragen - die Energiereserven sind in wirtschaftlich erfolgreichen Zeiten deutlich höher. Wie genau der Körper aktiv beeinflussen könnte, ob eine Junge oder ein Mädchen geboren wird, darüber wird noch spekuliert. Möglicherweise haben das nahrungsbedingt beeinflusste Scheidenmilieu oder die Zusammensetzung des Blutes einen Einfluss darauf, welche Spermien überleben.
 
Kinderfüße und Erwachsenenfüße unter einer DeckeMöglicherweise hängt die Geschlechterverteilung auch vom Stress ab. Krisenzeiten verursachen solchen - während der chinesischen Hungersnot und nach der Wende in Ostdeutschland wurden signifikant weniger Jungen geboren. Normalerweise beträgt das Geschlechterverhältnis 106 Jungen zu 100 Mädchen.
 
Ein Mythos rankt sich auch um den Zeitpunkt der Zeugung. Männliche Spermien sind angeblich schneller, weibliche Spermien ausdauernder, so dass Sex nahe am Eisprung die Zeugung eines Jungen begünstigt. Findet der Geschlechtsverkehr einige Tage vor dem Eisprung statt, sind die widerstandsfähigeren weiblichen Samen im Vorteil. Erfahrungen bei der Besamung von Hirschen oder Schafen haben gezeigt, dass der Befruchtungszeitpunkt die Geschlechtshäufigkeit tatsächlich beeinflusst - bei Rindern hingegen zeigte sich ein solcher Effekt nicht. Neuere Untersuchungen mit Menschen belegten jedoch genau das Gegenteil - sie zeigte, dass die Häufigkeit der Jungen stieg, je weiter der Sex vor dem Eisprung stattfand. Dieses Ergebnis war statistisch signifikant, aber nicht gravierend - statt etwa 50/50 verschob sich das Verhältnis auf 45/55.

Frauen spüren sofort nach der Zeugung, dass es geklappt hat

 
Solche Berichte liest man immer wieder - nach dem Sex liegt das Paar sich glücklich in den Armen und sie ist vollkommen sicher, dass es geklappt hat. Da ist der Wunsch nach einer selbsterfüllenden Prophezeiung wohl der Auslöser. Biologisch ist es vollkommen unmöglich, dass der Körper "spürt", dass es geklappt hat. Es dauert einige Stunden, bis die Samenzelle den Weg zur Eizelle findet und beide miteinander verschmelzen. Und selbst, wenn das erfolgreich abgeschlossen wurde, wandert der Embryo nach der Befruchtung noch tagelang durch die Gebärmutter und nistet sich erst fünf bis sechs Tage nach der Empfängnis ein. Erst dann beginnt die Produktion des Schwangerschaftshormons HCG, das dem Körper signalisiert: "Ich bin schwanger!" Es ist also vollkommen unmöglich, zum Zeitpunkt der Zeugung zu wissen, dass es geklappt hat.
 

Mythen rund um die Schwangerschaft


Es gibt allerlei Regeln, an die sich Schwangere vermeintlich halten sollten, um nicht das Leben des Ungeborenen zu gefährden. So sollen sie nichts über den Kopf heben, da sich sonst die Nabelschnur um den Hals des Kindes wickelt. Auch unter Wäscheleinen hindurch habe angeblich den selben Effekt.

Das Geschlecht vorhersagen


Jahrtausende lang wussten Schwangere bis zur Geburt nicht, welches Geschlecht ihr Kind hat. Was lag näher, als sich die Zeit der Ungewissheit mit Spekulationen zu vertreiben? So entstanden unzählige Mythen darum, wie sich aufgrund des Zustandes der werdenden Mutter auf das kindliche Geschlecht Rückschlüsse ziehen lassen. Lust auf Süßes? Dann wird es sicher ein Mädchen! Heißhunger auf Herzhaftes, dann muss es wohl ein Junge sein.... Was ist tatsächlich dran?
 
Schwangere Frau

An der Form des Bauches das Geschlecht erkennen

 
Der Volksmund sagt, dass ein spitzer, nach vorne wachsender Bauch typisch für männliche Babys ist. Töchter hingegen würden dafür sorgen, dass sich die zusätzlichen Kilos eher rundherum verteilen. Auch das ist vollkommener Unsinn - die Form des Bauches ist meist abhängig vom Bau der Frau und dem Zustand des Bindegewebes und der Muskeln, der Fruchtwassermenge und der Größe des Kindes. Bei der ersten Schwangerschaft ist meist noch alles frisch und straff, so dass der Bauch nach vorne wächst - bekommt die Frau einen Sohn und später eine Tochter, kann sie den Mythos bestätigen, weil das Bauchwachstum bei der zweiten Schwangerschaft ganz anders aussehen kann.
 

Die Übelkeit als Indikator für das Geschlecht des Babys

 
Das lustige an diesem Mythos ist, dass er in zwei verschiedenen Varianten existiert. Sind Schwangere stark übelkeitsgeplagt, wird ihnen am häufigsten ein Mädchen prognostiziert - es gibt aber auch viele, die sagen, dass bei starker Übelkeit ein Junge zu erwarten ist.
 
 Zwar wissen die Wissenschaftler noch immer nicht, was genau die Übelkeit verursacht - aber so viel ist sicher: von der Übelkeit lässt sich kein Rückschluss auf das Geschlecht ziehen. Es wird vermutet, dass es mit der Höhe des HCG-Spiegels zusammenhängt und tatsächlich haben Frauen, die Mädchen erwarten, in der Regel auch einen höheren Spiegel dieses Hormons haben. Allerdings ist auch unzähligen Jungs-Müttern furchtbar schlecht und Frauen, die ein Mädchen erwarten verspüren oft nicht das geringste Unwohlsein.

Allerdings beobachten Forscher des schwedischen Karolinska-Institutes bei einer Untersuchung mit einer Million Frauen, dass tatsächlich diejenigen, die über Übelkeit klagten im Vergleich häufiger Jungen zur Welt brachten. Eine Studie der Universität Baltimore ergab: von 66 Frauen, die unter Hyperemesis litten, bekamen 44 ein Mädchen.

Mädchen nehmen Schönheit, Jungs geben Schönheit

Ob nun durch das vermehrte Erbrechen oder aus anderen Gründen - Schwangere, die Mädchen erwarten sollen vermeintlich deutlich schlechter aussehen, als Jungenmütter. Diesen wird strahlende Schönheit nachgesagt. Auch das ist ein Mythos - es gibt blühende Mädchenmütter ebenso häufig, wie stark strapazierte Jungs-Schwangere. Auch hier gilt wieder: die enorm hohe Trefferwahrscheinlichkeit von 50 % machen diesen Mythos unsterblich.
 

Schwangere müssen für zwei Essen

 
Das ist im Grunde richtig - so lange man beachtet, dass der/die "Zweite" einen deutlich geringeren Kalorienbedarf hat. In den ersten drei Monaten wird keine zusätzliche Energie vom Fötus benötigt, erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat sollte eine Frau 255 kcal mehr zu sich nehmen, als zuvor. Eine dauerhaft zu hohe Kalorienzufuhr erhöht das Risiko für eine Schwangerschaftsdiabetes.
 
Was tatsächlich stimmt: Der Nährstoffbedarf einer Schwangeren verdoppelt sich teilweise - Eisen wird nun mindestens doppelt so viel wie sonst benötigt, auch an Zink und den Vitaminen B6 und B12 ist der Bedarf deutlich erhöht. Daher ist es besonders wichtig, auf eine ausgewogene und gesunder Ernährung zu achten. Ist das wegen der Übelkeit oder einseitiger Gelüste nicht möglich, sollte ein Vitaminpräparat eingenommen werden. Zwar holt sich ein Baby, was es braucht, aber das geht dann stark zu Lasten der Mutter (bspw. beim Calcium).

Schwangere leiden unter seltsamen Gelüsten


Herzhafte WürsteTypisch für die Schwangerschaft sind spezielle Gelüste nach Süßem, Herzhaftem oder ungewöhnlichen Kombinationen. Häufig wird behauptet, die Lust auf Herzhaftes spreche dafür, dass die Frau ein Jungen erwartet - Wissenschaftler gehen vielmehr davon aus, dass der Speichel der Frauen durch das Hormon Östrogen süßer als gewöhnlich schmeckt und daher die Lust auf Süßes durch ihn gestillt wird und die Frau eher salzige Nahrung bevorzugt.

 

Haare färben ist während der Schwangerschaft nicht erlaubt


Wer wirklich sicher gehen will, lässt das Haare färben in der Schwangerschaft. Es ist unbestritten, dass Haarfarbe jede Menge Chemikalien enthält, die über die Kopfhaut auch in den mütterlichen Körper gelangen kann. Allerdings haben Studien zu diesem Thema keine Gefährdung für das Baby ergeben.

 

Intensiv cremen schützt vor Schwangerschaftsstreifen

 
Viele werdende Mütter fürchten die unschönen Dehnungsstreifen an Bauch, Beinen und Busen. Es gibt unzählige Produkte, die versprechen, dass das regelmäßige Eincremen mit ihnen solche verhindert. Leider konnte das noch nicht eine einzige Studie wirklich belegen.
 

Jede Schwangerschaft kostet einen Zahn

 
Das war früher tatsächlich so - allerdings war da der Zustand der Mundhygiene sehr viel bedenklicher, als heutzutage. Die Schwangerschaftshormone lockern das Zahnfleisch, weswegen viele Schwangere stark mit Zahnfleischbluten kämpfen. Häufiges Erbrechen bei Hyperemesis greift auch den Zahnschmelz an. Aber sonst auch gut gepflegte Zähne werden in der Schwangerschaft keinen Schaden nehmen. Sie sollten jedoch besonders intensiv gepflegt werden, weil Bakterien im Mund auch vorzeitige Wehen auslösen können und die Hormone die Zusammensetzung des Speichels beeinflussen, so dass Karies begünstigt werden kann. Wichtig ist es, genug Calcium zu sich zu nehmen, da dieses sonst für das Baby aus den Zähnen gelöst wird.

Schwanger macht vergesslich


Das ist einer der wenigen Mythen, für den sich in verschiedenen Studien Belege finden ließen. Ein Erklärungsansatz ist, dass der veränderte Hormonspiegel dafür verantwortlich ist, ein anderer, dass Frauen sich einfach mehr sorgen und schwangerschaftsbedingt nicht so gut schlafen, so dass sich das auf die Gedächtnisleistung auswirkt. Eine Untersuchung ließ vermuten, dass Frauen, die Mädchen erwarten, häufiger betroffen sind. Allerdings gibt es auch Untersuchungen, wonach eine Schwangerschaft keinen Einfluss auf die kognitiven Leistungen hat.

Leidet die Mutter unter Sodbrennen, hat das Baby lange Haare


Leidet die Schwangere unter starkem Sodbrennen, hat das Kind lange Haare. Das ist natürlich kompletter Unsinn - selbst wenn die Haare lang genug wären um so etwas zu verursachen, müssten sie ja erst mal aus der Fruchtblase heraus und in die Speiseröhre hinein kommen. In der Schwangerschaft werden vermehrt muskelentspannende Hormone augeschüttet - diese lockern leider auch den Magenschließmuskel, weswegen die Magensäure aufsteigen und das lästige Sodbrennen verursachen kann.

Schwangerschaften machen große Füße


Fuß im SandEs ist tatsächlich belegt, dass zum Ende der Schwangerschaft die Füße wachsen - durchschnittlich waren sie dann 1,8 mm länger und 2 mm breiter - das entspricht etwa einer Viertelschuhgröße. Das liegt daran, dass Schwangere sehr viel Wasser einlagern - die Schwerkraft tut ihr übriges. Normalerweise schrumpft der Fuß bis etwa sechs Wochen nach der Geburt wieder auf seine ursprüngliche Größe - manchmal bleibt er jedoch auch größer. Das kann aber ebenso gut am Alter liegen - unser Fußgewölbe flacht sich im Laufe der Jahre durch den Druck des Körpers und die nachlassende Spannkraft des Gewebes ab.
 

Mythen rund um die Geburt

 

Wenn die Fruchtblase platzt, muss man sich sofort hinlegen

 
Diese Empfehlung wird aus Angst vor einem Nabelschnurvorfall gegeben. Dabei rutscht eine Schlinge der Nabelschnur zwischen den Geburtskanal und dem Kopf des Babys. Platzt die Fruchtblase (schwallartig), kann das dazu führen, dass diese Schlinge abgeklemmt wird und die Versorgung des Kindes beeinträchtig - bis hin zu dessen Tod. Nabelschnurvorfälle sind extrem selten - und leider nicht dadurch zu verhindern, dass man sich sofort hinlegt. Die paar Sekunden, die man benötigt, um den Blasensprung überhaupt zu realisieren, reichen schon aus, dass es zu diesem Vorfall kommt. Sich nach einem schwallartigen Blasensprung hinzulegen nützt leider gar nichts. Anders sieht es aus, wenn des Fruchtwasser nicht plötzlich, sondern immer wieder in kleinen Mengen abgeht - wenn der Kopf nicht fest im Becken ist, sollte man sich hinlegen und einen Krankentransport rufen.
 

Das erste Kind lässt meist auf sich warten

 
Eine Schwangerschaft dauert ab dem Zeitpunkt der Zeugung etwa 38 Wochen - dass das nur ein rein rechnerischer Termin ist, belegt die Tatsache, dass nur etwa 4 % aller Kinder tatsächlich am errechneten Geburtstermin zur Welt kommen. Da - außer bei künstlichen Befruchtungen - das Zeugungsdatum ohnehin nicht genau bekannt ist, stimmt der errechnete Termin ohnehin in fast allen Fällen nicht genau. Frauen mit langen Zyklen sind viel schneller mit der Geburt überfällig, als Frauen, bei denen der 28-Tage-Standard-Zyklus zugrunde gelegt wird.

Mädchen lassen eher auf sich warten (weil sie sich noch hübsch machen wollen)


Meine erstes ICSI-Kind kam überpünktlich bei 40+0 - nach der Naegele-Regel, mit der Frauenärzte rechnen wäre sie zu diesem Zeitpunkt jedoch schon 10 Tage überfällig gewesen. Ganz sicher hätte ich mir dann anhören dürfen "sie will sich noch putzen". Dafür gibt es jedoch keine Belege - die Dauer von Schwangerschaften ist nicht vom Geschlecht abhängig.
 

Vollmond

Bei Vollmond werden mehr Kinder geboren

 
Mein Sohn wurde bei Vollmond geboren und die Hebammen im Kreißsaal meinten stöhnend, sie seien drauf vorbereitet, dass die Nacht außergewöhnlich betriebsam würde. Allerdings belegen umfangreiche statistische Auswertungen, dass dem nicht so ist. Möglicherweise fällt es gebärenden Frauen eher auf, wenn der Mond nachts so hell scheint, so dass diese öfter von ihren Geburten berichten, als die bei Neumond gebärenden. Eine statistische Häufung ist an Montagen und Dienstagen zu verzeichnen - das liegt daran, dass geplante Kaiserschnitte selten am Wochenende durchgeführt werden.

Sex löst Wehen aus


Lange machte man das im Sperma enthaltene Prostaglandin dafür verantwortlich - tatsächlich sind die enthaltenen Mengen so gering, dass der Mann literweise ejakulieren müsste, um Wehen auszulösen. Allerdings kann die Kontraktion der Gebärmutter beim Orgasmus der Frau durchaus wehenauslösend wirken. Außerdem führt das intensive Beschäftigen mit den Brustwarzen zu einer Ausschüttung des wehenanregenden Hormons Oxytocin.
 

Mythen rund ums Stillen


Frauen mit kleinen Brüsten haben weniger Milch


Frauen mit kleinen Brüsten haben weniger Fettgewebe darin - die Brustdrüsen sind jedoch genauso groß, wie die großbrüstiger Frauen. Mittlerweile weiß man, dass die Milch nicht in den Brüsten "gelagert" wird, sondern der größte Teil während des Stillens produziert wird. Und die Brust reguliert die produzierte Milchmenge nach der Nachfrage. Häufiges Stillen - auch an kleinen Brüsten - steigert die Milchproduktion.

 Vom Stillen bekommt man Hängebrüste


Das ist etwas, wovon viele Frauen überzeugt sind - aber es trifft nicht zu. Nicht das Stillen hat maßgeblich Einfluss auf die Brustform nach der Schwangerschaft, sondern vielmehr das Alter, der BMI, die Zahl der Schwangerschaften und das Rauchen, wie eine Studie ergab. Die Veränderungen, die wir beobachten, sind meist davon verursacht, dass die Milchdrüsen während des Stillens vergrößern. Nach dem Abstillen verkleinern sie sich und es dauert eine ganze Zeit, bis sich das Fettgewebe wieder seinen Platz zurück erobert.

Durch das Stillen nimmt man wie von selbst ab


Auch wenn viele Frauen begeistert sind, wie die Pfunde durch das Stillen schmelzen - das halte ich persönlich nach jahrelangem Stillen für einen absoluten Mythos. Und tatsächlich ergaben Untersuchungen entweder keinen Unterschied oder nur einen in Bezug auf die Schnelligkeit. Wahrscheinlich handelt es sich bei dem (schnell) verlorenen Gewicht vielmehr um die ausgeschwemmten Wassereinlagerungen. Was aber durch eine Studie belegt ist - Frauen, die länger als 6 Monate gestillt haben, hatten nach den Wechseljahren weniger Gewicht, als diejenigen, die ihre Kinder kürzer/nicht gestillt haben. 

© Danielle

 
 

 

Quellen

 
 
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/mythen-ueber-die-schwangerschaft-ammenmaerchen-1.75697-3

https://www.ernaehrungs-umschau.de/fileadmin/Ernaehrungs-Umschau/pdfs/pdf_2013/08_13/EU08_2013_M466_M474.qxd.pdf

http://www.3sat.de/page/?source=/nano/news/41074/index.html

http://www.spiegel.de/gesundheit/schwangerschaft/schwangerschaft-und-stillen-beeinflussen-koerpergewicht-nach-menopause-a-843597.html
 
http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/denken-in-der-schwangerschaft-blick-fuers-wesentliche-1.66345

http://www.familienplanung-natuerlich.de/von-a-bis-z/geschlechtsbeeinflussung.php

R. W. Rorie: Effect of timing of artificial insemination on sex ratio. In: Theriogenology. Band 52, Nummer 8, Dezember 1999, S. 1273–1280

P. W. Zarutskie, C. H. Muller, M. Magone, M. R. Soules: The clinical relevance of sex selection techniques. In: Fertility and sterility. Band 52, Nummer 6, Dezember 1989, S. 891–905

Warum man Kinder immer trösten sollte

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weinendes Kind Kinder brauchen bei Kummer Trost und Zuwendung

 
Dass Schreien lassen die Lungen gar nicht stärkt oder Stillen und Füttern nach Zeitplan nicht kindgerecht ist und dass man durch Tragen Babys nicht verwöhnt, hat sich erfreulicherweise mittlerweile herumgesprochen. Leider gibt es jedoch noch ein kleines, sehr hartnäckiges Überbleibsel aus der Erziehung unserer Eltern und Großeltern, das immer noch weit verbreitet ist: Der Unwille, Kindern Trost zu spenden.
 
Immer wieder hört man, wie bitterlich weinenden Kindern (oft leicht genervt) entgegnet wird:
 
  • "Nun stell dich nicht so an!"
  • "Hab dich nicht so!"
  • "Hör doch endlich mal auf zu weinen!"
  • "Immer dieses Gejammere!"
  • "Was soll das ständige Geschrei!"
  • "Was du immer für einen Aufstand machst!" 

Im Alltag sind auch immer wieder unbewegte Erwachsene zu beobachten, die neben vollkommen aufgelösten Kindern stehen und minutenlang nicht darauf reagieren oder sie sogar einfach stehen lassen. Offenbar fällt es einigen Eltern unheimlich schwer, ihre Kinder zu trösten.
 
Auch für mich ist es manchmal sehr schwierig, in Situationen, in denen ganz eindeutig übertrieben wird, mitfühlend Trost zu spenden - vor allem, wenn ein Konflikt vorherging und ich gerade in ärgerlicher Grundstimmung bin. Auch wenn ich es mittlerweile schaffe, solche Sätze wie die obigen bewusst nicht zu sagen, möchte ich dann doch am liebsten weit weg rennen und mein Kind mit seiner für meine Begriffe unangemessenen Trauer allein stehen lassen.
 
 

Warum Eltern manchmal so schlecht trösten können

 
Meine eingeschränkte Fähigkeit, in emotional geladenen Situationen Trost zu spenden, ist ein Relikt meiner eigenen Erziehung. Ganz offenbar ist mein Bauchgefühl leider maßgeblich davon geprägt, wie ich selbst erzogen wurde. Immer wieder entdecke ich Verhaltensweisen, die ich unbewusst von meinen Eltern übernommen habe, weil sie mir jahrelang vorgelebt wurden. Vor wenigen Jahren noch war meine erste gedankliche Reaktion auf ein trotziges Kleinkind: "Das soll sich ruhig ausbocken - wenn man dem Verhalten zu viel Beachtung schenkt, wird es sich immer wieder so benehmen, um seinen Willen durchzusetzen. Bald schon tanzt einem das Kind dann auf der Nase rum". So habe ich tatsächlich gedacht - und so denken heutzutage noch sehr viele.
 
Wir haben auf unserer Seite bereits ausführlich darüber geschrieben, wovon die Erziehung unserer Eltern und Großeltern maßgeblich beeinflusst war und was sie davon wie an uns weitergegeben haben. Bis zum Ende der 80er-Jahre war das Buch "Die (deutsche) Mutter und ihr erstes Kind" mit über 1,2 Mio. verkauften Exemplaren das Standardwerk für die Erziehung von Kindern - geschrieben wurde es von Johanna Haarer in der Zeit des Nationalsozialismus. Aber auch lange Zeit danach stand es in nur leicht abgewandelter Form in vielen elterlichen Bücherregalen und prägte die Erziehung von Kindern nachhaltig.
 
Das Erziehungsziel der Zeit, in der es geschrieben wurde, war ganz eindeutig: Kinder sollen nicht verweichlicht werden - sie sollen stattdessen schnell selbständig und unabhängig sein, um dem Führer selbstlos zu dienen. Sie sollten nicht jammern, nicht weinen, keine Gefühle zeigen, sondern einfach nur tun, was man ihnen sagt und keinerlei Schwäche zeigen. Haarer schreibt in ihrem Buch ganz klar:
"Eine deutsche Mutter kennt keinen  Fehler außer dem einen, ihre Kinder zu verzärteln."
So gibt sie klar vor, wie mit Kindern umzugehen ist, denen es offenkundig an nichts fehlt:
"[....] Fange nur ja nicht an, das Kind aus dem Bett herauszuheben, es zu tragen, zu wiegen, zu fahren oder es auf dem Schoß zu halten, es gar zu stillen. Das Kind begreift unglaublich rasch, daß es nur zu schreien braucht, um eine mitleidige Seele herbeizurufen und Gegenstand solcher Fürsorge zu werden" (Haarer, 1939: 170). 
Auf keinen Fall also soll ein Kind getröstet werden, weil es sonst so lernen würde, dass es seine Wünsche durch unangemessenes Verhalten durchsetzen kann. Diese Annahme basiert auf den Theorien des Behaviorismus, in denen davon ausgegangen wird, dass Belohnungen (hier Trost und Zuwendung) verstärkend auf ein Verhalten wirken. Diese Annahme ist bis heute weit verbreitet - und das, obwohl Studien mittlerweile eindeutig ergeben haben, dass Kinder weniger schreien, wenn man sich ihnen zuverlässig zuwendet. 

Haarer sah das jedoch anders. Auf "eigensinniges Geschrei" solle man laut ihrem Buch wie folgt reagieren:
"Mit ruhiger Bestimmtheit setzt [die Mutter] ihren Willen weiter durch [...]. Auch das schreiende und widerstrebende Kind muss tun, was die Mutter für nötig hält und wird, falls es sich weiterhin ungezogen aufführt, gewissermaßen "kaltgestellt", in einem Raum verbracht, wo es allein sein kann und so lange nicht beachtet, bis es sein Verhalten ändert. Man glaubt gar nicht, wie früh und wie rasch ein Kind solches Vorgehen begreift" (Haarer, 1939: 265). 
Diese Auszeiten - gerne in Form des "stillen Stuhls" oder der "stillen Treppe" werden ebenfalls heute noch gerne empfohlen. Trost für weinende Kinder ist bei Haarer jedenfalls nicht vorgesehen - selbst bei Schmerzen soll nicht getröstet werden: 
"Nicht einmal aus etwaigen Äußerungen des Schmerzes mache man unnötig viel Wesens, selbstverständlich fällt das Kind, das stehen und gehen lernt, viel, stößt sich des Öfteren und schreit und weint dann" (Haarer, 1939: 266).  
weinendes Kind
Es wurde also im Standard-Erziehungsratgeber viele Jahrzehnte generell davon abgeraten, einem Kind Trost zu spenden, weil es das Kind verwöhne und verziehe. Übrig geblieben ist dieses Gedankengut bis heute in Form von "Nun hab dich nicht so!", "Indianer kennen keinen Schmerz" und "Reiß dich mal zusammen!"

Solche und ähnliche Sätze haben die meisten von uns immer und immer wieder in ihrer Kindheit gehört und verinnerlicht. Manchmal möglicher- und glücklicherweise nicht von den eigenen Eltern, aber im alltäglichen Umfeld sind solche Sätze seit Jahrzehnten gang und gäbe, so dass das Bauchgefühl vieler Eltern dagegen nicht rebelliert.
 
 

Festzulegen, wie sehr ein Kind leidet, macht uns trostunfähig

 
Erfolglose Tröstversuche führen oft dazu, dass wir uns hilflos fühlen. Da uns das nicht selten wütend macht, versuchen wir Situationen, in denen Trost erforderlich ist, kleinzureden, um sie schnellstmöglich zu beenden. Ein nicht unerheblichen Einfluss auf unser Handeln hat dabei unser Umfeld. Uns ist (oft nur ganz) unterbewusst klar, dass es noch immer allgemeine Meinung ist, dass Kinder nicht "verweichlicht" werden sollten. Jeder kennt Kinder, besonders sensibel sind und ihren Gefühlen freien Lauf lassen - leider sind diese oft als "Heulsusen" oder "Weicheier" verschrien. Das möchten wir unseren Kindern ersparen und wirken daher darauf hin, dass sie vor allem in der Öffentlichkeit möglichst nicht ihre Gefühle wie Wut und Trauer ausleben.

Wir haben zudem auch eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie sehr ein Kind in einer bestimmten Situation leiden "darf". Fällt es hin und schrammt sich leicht das Knie auf, sind wir durchaus gewillt, es ein bis zwei Minuten zu trösten. Weint es weiter, finden wir immer mehr, dass es jetzt eigentlich langsam gut sein müsste. Wenn unser Kind schmerzhaft auf den Kopf fällt, dann beurteilen wir die Situation als schlimmer - unsere Tröstbereitschaft steigt und damit auch der Zeitraum, den wir unserem Kind zum Traurigsein zu gestehen. Bricht sich das Kind ein Bein, würden wir es wohl den ganzen Tag trösten, ohne dessen überdrüssig zu sein.  
 
Bei Situationen, in denen Kinder Wut oder Trauer empfinden, haben wir also eine festgelegte Skala, nach der wir dann bereit sind, Trost zu spenden. Das Problem dabei ist, dass wir den Kummer unseres Kindes klassifizieren. Nur, wenn wir Dauer und Intensität der Traurigkeit angemessen finden, können wir relativ problemlos trösten. Allerdings liegen zwischen unserer (vermeintlich) sachlichen Einschätzung und dem Empfinden des Kindes manchmal ganze Welten. Für unsere Kinder entlädt sich der komplette Weltschmerz bei für uns vollkommen trivialen Dingen - sei es eine zerbrochene Banane oder der falsche Löffel. Manchmal sind das jedoch einfach nur Auslöser für Kummer und den wahren Grund kennen wir überhaupt nicht. Wie wollen wir denn dann einschätzen, wie schlimm es wirklich ist? Oder gar, dass es gar nicht schlimm ist? Wir ziehen dabei unseren (erwachsenen) Maßstab zur Beurteilung heran - ohne ansatzweise zu wissen, was unser Kind genau empfindet. Und das ist für Kinder verwirrend und enttäuschend.

Besonders gut beobachten lässt sich das automatische Klassifizieren bei Stürzen. Fällt ein Kind irgendwo hin, wird in den meisten Fällen sofort ein Erwachsener rufen: "Nichts passiert! Steh auf!" Auch hierbei handelt es sich um erlerntes Verhalten, das seit Jahrzehnten von Generation zu Generation weiter gegeben und kaum hinterfragt wird. Dabei steht es uns nicht zu, darüber zu urteilen, dass "nichts passiert ist" - denn es ist etwas passiert. Wie schlimm es letztendlich ist, kann nur unser Kind einschätzen. Wir sollten uns dieses Automatismus unbedingt bewusst werden. Es hilft unserem Kind überhaupt nicht, wenn wir ihm sagen, es sei doch alles nicht so schlimm oder es solle sich nicht so haben - in dem Moment ist es für das Kind aber schlimm - ganz schlimm - genau deswegen weint es ja. 
 
 

Trösten als Möglichkeit, Aufmerksamkeit zu bekommen

 
Manche Eltern sagen: Mein Kind übertreibt aber wirklich ständig. Es jammert rum und ich habe irgendwann einfach keine Lust mehr, darauf einzugehen, weil es immer Lappalien sind. Offenbar scheint das Nichtreagieren jedoch das Problem auch nicht zu beseitigen - man muss Kinder schon sehr dauerhaft vorsätzlich frustrieren, um sie zum Resignieren zu bringen. Warum also sind manche Kinder so offenkundig übertrieben wehleidig? Ich habe die Motivation dahinter durch meine Tochter erkannt. Auch sie ist eine kleine Übertreiberin, was körperliche Verletzungen angeht. Bei der kleinsten Schramme macht sie einiges Brimborium und ergeht sich gerne in Selbstmitleid. Nun könnte man diese Situationen aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten:
 
Die verbreitetste Reaktion auf so ein "kindisches" Verhalten ist: "Nun stell dich doch nicht so an, da ist doch gar nichts. Das kann doch überhaupt nicht weh tun!" - das war ehrlicherweise auch mein erster Impuls, als ich erkannte, dass sie ziemlich übertrieb. Ich hatte ja schon erklärt, warum wir auf Gejammere so reagieren (insbesondere bei größeren Kindern) - es ist gesellschaftlich einfach nicht akzeptiert, dass Kinder traurig sind. Noch immer wird Weinen und Leiden als ein Ausdruck von Schwäche gesehen. Dazu kommt, dass viele Erwachsene oft nicht in der Lage sind, Trost zu spenden und empathisch Zuzuhören - wie denn auch, sie haben es ja auch gar nicht gelernt, weil sie in aller Regel selbst nicht getröstet wurden. Das was unsere Generation gelernt hat ist kurz gesagt: "Hab dich doch nicht so" und "Heul doch!" Also ignorieren wir den Schmerz, weil wir nicht wissen, wie viel Trost richtig ist und hoffen einfach diffus, dass das Kind "härter im Nehmen" wird und aufhört zu übertreiben.
 
Knie mit PflasterEin anderer Blickwinkel auf diese Situation wäre, das Jammern als Signal zu sehen, dass sich der Aufmerksamkeitsspeicher des Kindes offenbar dem Ende neigt und ihm eine Extraportion davon sehr gut täte. Auf diesen Gedanken kam ich, als ich bemerkte, wie unterschiedlich mein Kind auf Verletzungen reagierte. Manchmal zog sie sich im Spiel eine größere Verletzung zu und war so abgelenkt, dass sie diese nicht mal erwähnte und manchmal kam sie zu mir, um mir eine mikroskopisch kleine aufgekratzte Stelle zu zeigen. Sie weiß genau, dass ich ihren Schmerz ernst nehme und genießt meine Zuwendung, die tröstenden Worte und das liebevoll auf den Minikratzer geklebte Pflaster in vollen Zügen. Auch die winzigste Blessur ernst zu nehmen hat dazu geführt, dass sie ein zuverlässigen Weg hat, ihren Wunsch nach Aufmerksamkeit auszudrücken. Dieser Weg ist für mich deutlich angenehmer, als lautes, wütendes und unangemessenes Verhalten, mit dem unter Umständen sonst das Aufmerksamkeitsbedürfnis geäußert wird. Und ist ihr Speicher voll, werden auch größere Blessuren ignoriert - von "Verweichlichung" durch zuverlässiges Trösten ist also keine Spur erkennbar.
 
Natürlich wollen Kinder mit übermäßigem Gejammere unserer Aufmerksamkeit erregen! Nur spricht rein gar nichts dagegen, ihnen diese einfach zu geben - auch wenn ihnen offenkundig rein gar nichts fehlt. Das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit verschwindet ja nicht dadurch, dass wir es ignorieren, sondern nur, wenn wir es erfüllen. Und das können wir in solchen Situationen mit einem Kuss, einem Streicheln oder einem liebevollen Trösten ganz einfach tun.
 
 

Warum Kinder unseren Trost benötigen


Zuverlässige Zuwendung durch Trösten ist zudem dringend erforderlich, damit unsere Kinder zu psychisch gesunden Erwachsenen heranzureifen. Babys kommen mit einem extrem unreifen Nervensystem auf die Welt. Ihre Fähigkeit, Gefühle zu regulieren, ist zunächst nur sehr schwach ausgebildet und entwickelt sich erst im Laufe der ersten Lebensjahre. Angst, Wut, Stress - all das kann unser Kind zunächst nur mit unserer Hilfe überwinden - erst nach und nach erlernt es Strategien, um unangenehme Zustände selbst zu regulieren.

Was passiert eigentlich in solchen Stresssituationen im Körper? Ist ein Kind aufgeregt, wird zunächst  Adrenalin ausgeschüttet, wodurch sich Blutdruck und die Herzfrequenz erhöhen. Die Atmung ist beschleunigt und die Muskeln angespannt - der Körper befindet sich in Alarmbereitschaft. Hilft einem Kind niemand dabei, sich zu beruhigen, produziert der Hypothalamus im Gehirn größere Mengen des Hormons Corticoliberin. Dieses setzt in der Hypophyse vermehrt Adrenocorticotropin frei, das in der Nebennierenrinde die Produktion von Cortisol anregt. Befinden sich davon über längere Zeit größere Mengen im Körper, wirkt dieses toxisch auf den Körper. 

Werden Kinder nicht ausreichend getröstet, kann das dazu führen, dass Kinder ihr ganzes Leben daran zu knabbern haben, sagt der Psychologe Ulrich Tiber Egle: „Es kommt zu ungünstigen Veränderungen im Gehirn, die das Stressempfinden lebenslang beeinflussen“. Fehlender Trost wirkt sich auch nachhaltig auf die Eltern-Kind-Bindung aus. Ist diese geschwächt, wird weniger Oxytocin ausgeschüttet. Dieses Hormon dient u. A. als Andockstelle für das stressbedingt ausgeschüttete Cortisol und "bindet" es sozusagen. Ist im Körper weniger Oxytocin vorhanden, ist der Cortisolspiegel dadurch dauerhaft höher. Die Folge davon kann ein sehr überempfindliches Stressreaktionssystem sein, was häufig zu Alkoholmissbrauch, Depressionen, Angststörungen und psychosomatischen Erkrankungen führt.

Oxytocin aktiviert darüber hinaus den Vagusnerv - unser körpereigenes Stressbewältigungssystem. Dieser reguliert die durch Stress ausgelöste Unordnung im Körper. Der Vagusnerv wird durch Trost stimuliert - er "lernt" quasi, wie man arbeitet, indem er immer wieder - zunächst von außen unterstützt - stimuliert wird. Im Laufe der Zeit kann er seine Arbeit dann immer besser auch ohne fremde Hilfe erledigen. Das Kind ist also zunehmend besser in der Lage, sich selbst zu beruhigen. Ein gut trainierter Vagusnerv führt zu mehr Ausgeglichenheit, besserem Denkvermögen  mit erhöhter Aufmerksamkeit, besserer Kommunikationsfähigkeit und sogar zu einem fitteren Immunsystem.
 
trauriges Kind mit TeddyGehirnscans von Kindern, bei denen über längere Zeit Kummer und Sorgen nicht weggetröstet wurden, zeigten, dass ihr Hippocampus schrumpft - dieser ist u. A. für das Langzeitgedächtnis zuständig. Das geschieht übrigens auch bei bestimmten Formen von Depressionen und schweren Traumata. 

Trösten und Mitfühlen sind wesentliche Faktoren des menschlichen Zusammenlebens. Trost signalisiert: Ich sehe, dass es dir schlecht geht - ich möchte dir dabei helfen, deine Trauer zu bewältigen. Kinder, die in ihrem Kummer liebevoll angenommen und getröstet werden, wachsen mit dem Gefühl emotionaler Sicherheit auf und sind viel offener für die Bedürfnisse anderer.

Wenn jedoch nicht auf ihre Trauer eingegangen wird und diese immer wieder ignoriert oder kleingeredet wird, werden Kinder lernen, ihre Gefühle zu unterdrücken, weil sie sie als nicht gewollt klassifizieren. Entsprechend werden sie auf die Gefühlsregungen anderer dieses Denken übernehmen und ihnen ebenso gegenübertreten - z. B. mit "Du bist ja vielleicht eine Heulsuse!" Leben Eltern Mitgefühl und Einfühlungsvermögen nicht vor, dann fällt es Kindern extrem schwer, diese Eigenschaften auszubilden.

Bestrafungen hingegen wirken sich zusätzlich negativ auf die Entwicklung der Empathiefähigkeit aus. Daher ist es sinnvoll, wenn man Kinder darauf aufmerksam macht, was ihr Verhalten bei anderen auslöst. "Schau, Ben weint, weil es ihm weh getan hat, als du ihn gehauen hast". Ältere Kinder kann man fragen: "Wie würdest du dich fühlen, wenn jemand dir so weh tut?" Mit dieser Technik der Induktion vermittelt man Kindern Mitgefühl und das Gefühl für Verantwortlichkeit. Strafen hingegen rufen beim Übeltäter nur Ärger und Wut hervor - es entwickelt kein Verständnis vom Leid des anderen. Außerdem handelt das Kind künftig nicht aus Einsicht (Ich haue lieber nicht, weil Max das weh tun könnte), sondern zur Vermeidung von Bestrafung (Ich haue nicht, weil ich sonst Ärger bekomme) - das jedoch nur dann, wenn die Gefahr besteht, ertappt zu werden. Zuverlässig getröstete Kinder sind besser in der Lage, anderen ebenfalls Trost zu spenden

Wir sollten uns daher zu eigen machen, jeden Kummer ernst zu nehmen und uns vornehmen, in solchen Situationen zu versuchen, immer so empathisch wie möglich zu sein und so viel Trost zu spenden, wie erforderlich ist - ohne Wertungen vorzunehmen. Dazu gehört auch, bei Stürzen und Verletzungen zu fragen, wie es dem Kind geht, statt ihm unsere Einschätzung vorab mitzuteilen.
 
 

"Richtig" Trost spenden

 

"Ist doch nicht schlimm!?"

 
Trost ist nicht gleich Trost - hört man mal aufmerksam hin, wird man bemerken, dass viele unbewusst dazu neigen, Kummer wegzureden. Sie wenden sich zwar ihrem Kind liebevoll zu, sagen dann jedoch Sätze wie:
 
  • "Ist doch überhaupt nicht schlimm!"
  • "Es gibt doch keinen Grund zu weinen!"
  • "Ist doch nichts passiert!"

Doch! Das Kind weint und ist unglücklich - es braucht gerade niemanden, der ihm sagt, dass die Situation nicht schlimm ist. Meist meinen wir eigentlich, dass es für uns nicht so schlimm ist - der herunter gefallene, in tausend Teile zersprungene Teller macht uns nichts aus - unser Kind ist jedoch offensichtlich untröstlich und erschrocken.
 
Daher ist es sinnvoller, beim Trösten die Situation zu Beschreiben. Für das Kind ist es sehr tröstlich, wenn es merkt, dass wir seinen Kummer erkennen und ernst nehmen. Statt "Ist doch nicht schlimm!" ist es besser zu sagen: "Oh, der Teller ist herunter gefallen! Du hast dich erschreckt und bist jetzt ganz traurig deswegen". Das bewertet die Situation nicht und dass es für uns nicht schlimm ist, erkennt das Kind an unserer ruhigen und besonnenen Reaktion.
 

Trösten begleitet Weinen


Trost sollte nicht dazu dienen, das Weinen zu beenden, er sollte vielmehr das Weinen begleiten. Um Traurigkeit zu überwinden, braucht es die liebevolle, zugewandte Nähe eines nahestehenden Menschen. Das Gefühl muss verarbeitet und ausgelebt werden und dazu sind Zeit und Zuwendung notwendig. Nur jemand, der sich wirklich angenommen fühlt, kann Trauer durchleben und gestärkt aus ihr hervorgehen. Wir müssen dabei nicht reden, wir müssen nicht beschwichtigen, keine Lösungen finden, wir müssen im Grunde gar nichts tun, außer zu signalisieren: "Ich bin hier und für dich da!" Ganz besonders tröstend ist Körperkontakt - ein Kind in die Arme zu nehmen und Haut an Haut kuscheln wirkt stark beruhigend. Auch monotones Streicheln oder Massieren beruhigt Kinder zusätzlich.

Auch wenn es verlockend ist und meistens gut funktioniert: Ablenken hilft unseren Kindern langfristig gesehen nicht. Denn es nimmt ihnen die Chance, ihre eigene Stressregulation aufzubauen. Außerdem signalisiert es ganz unterbewusst, dass wir den Kummer in dieser Situation nicht für angemessen halten - wie soll das Kind sich und seine Traurigkeit ernst genommen fühlen, wenn plötzlich ein vollkommen anderes Thema angesprochen wird? 
 

Trost bei Schmerzen


Cover Pusten, Trösten, Pflaster draufEtwas anders sieht es aus, wenn Kinder sich weh getan haben - manchen Kindern tut nach tröstenden Worten Ablenkung sehr gut, weil sie sich sonst sehr stark auf den Schmerz konzentrieren. Studien haben gezeigt, dass Schmerzen durch Ablenkung schneller vergehen. Wichtig ist dabei ist jedoch auch wieder, den Schmerz nicht zu bagatellisieren. "Beiß die Zähne zusammen!" ist also auch hier völlig fehl am Platz. Ein "Wollen wir ein Buch vorlesen, wenn es besser geworden ist?" gibt den Kindern ihr eigenes Tempo und ermöglicht ihnen, selbst zu entscheiden, ob es "es wieder gut" ist. Es gibt aber auch Kinder, die ihre Schmerzen gerne verarbeiten wollen, also genau rekapitulieren wollen, was genau geschehen ist und bei denen die Aufmerksamkeit eher dazu führt, dass der Schmerz abklingt.

Kleine Trostrituale helfen oft, dass Kinder sich schneller beruhigen. Trostverse oder auf die Wunde pusten mögen viele Kinder. Wenn es sich um Abschürfungen handelt, sollte man jedoch auf das Pusten verzichten - das fördert die Verbreitung von Bakterien. Viele Kinder tröstet es, wenn ihre Eltern ihnen etwas vorsingen. Im Kühlschrank sollte immer ein Kühlpad liegen - allein das Ritual, diesen auf eine Wunde zu legen, beruhigt viele Kinder. Sie haben damit das Gefühl, aktiv etwas gegen den Schmerz tun zu können.

Was ich immer wieder beobachte ist die Gabe von Trostsüßigkeiten. In der Hoffnung, das Kind abzulenken, werden Gummibärchen oder anderes Naschwerk angeboten. Auch dieses Ablenken führt dazu, dass das Kind nicht lernt, seine Trauer zu bewältigen, sondern sie zu unterdrücken, um die "Belohnung" zu erhalten. Außerdem ist die Verknüpfung "Mir geht es nicht gut" mit "Ich esse dann etwas Süßes" fatal, weil die Gefahr besteht, dass dieses Verhalten beibehalten wird und damit über kurz oder lang Kummerspeck droht. Außerdem kann Tröstnaschwerk natürlich die Tendenz zur Überdramatisierung erhöhen.

Ebenso kritisch sehe ich die Gabe von Globuli, da sie im Grunde genauso funktionieren, wie Trostgummibären. Für unsere Kinder ist es wichtig, zu lernen, mit der Trauer umzugehen - und nicht, dass für jedes Problem ein Mittelchen im Medizinschrank steht. Kinder wachsen an ihrer Traurigkeit und Entwickeln ganz von allein Bewältigungsstrategien aus sich heraus. Sind diese stabil ausgebildet, ist die Gefahr, später zu Alkohol oder Drogen zu greifen um Kummer und Sorgen zu ertränken, deutlich geringer.
 
© Danielle
  
 

 

Quellen







 

#RegrettingMotherhood - Wenn Frauen das Muttersein bereuen

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Vor kurzem bekam ein eine E-Mail eines Mitarbeiters von Radio Regenbogen. Er fragte mich, ob ich für die Morgenshow am Mittwoch kurz etwas zum Thema zum Thema #Regretting Motherhood sagen könnte.

Ich habe die sehr emotionale Debatte intensiv verfolgt und möchte meine Gedanken zu dem Thema gerne für Euch zusammenfassen.
 
 

Der Ausgangspunkt: Die Studie

 
Auslöser für die Diskussion war ein Artikel vom 5. April 2015 in der Süddeutschen Zeitung mit der etwas reißerischen Überschrift "Unglückliche Eltern - Sie wollen ihr Leben zurück". Im Artikel erfuhr man, dass die israelische Wissenschaftlerin Orna Donath für eine Studie 23 Frauen fand, die das Muttersein fast ausschließlich als Bürde empfinden. Und zwar so sehr, dass sie mit ihrem jetzigen Wissenstand nochmal vor die Wahl gestellt, definitiv entscheiden würden, kein(e) Kind(er) zu bekommen. Zwar würden diese Mütter ihre Kinder lieben und auch nicht bereuen, dass sie da sind - dennoch möchten sie einfach keine Mutter sein. Als Gründe für die Reue wurden vor allem Sorgen, die hohe Verantwortung und Konflikte zwischen Familienleben, Beruf und den persönlichen Bedürfnissen genannt.
 

Wie kommt es zu diesem seltenen Phänomen?


Die Natur sichert das Überleben der Menschen durch den Mutterinstinkt. Die Kombination aus dem Kindchenschema - große Augen, großer Kopf, runde Wangen - und einem Feuerwerk aus Hormonen und Pheromonen nach der Geburt stellen üblicherweise sicher, dass Mütter sich sofort in ihr Neugeborenes verlieben und sich zuverlässig um dessen Wohlbefinden kümmern.
 
Wie bei allen anderen Dingen in der Natur kann es auch hier zu Unregelmäßigkeiten im System kommen. Gar nicht wenige Mütter erleben diese überwältigenden Gefühle der Liebe nach der Geburt nicht - ihnen wird das Kind auf die Brust gelegt, sie schauen es an und denke: "Oh je - und nun?" In den meisten Fällen stellt sich bei ihnen die Mutterliebe etwas später, aber dann doch umfassend ein. Die wenigsten sprechen darüber, wenn es bei ihnen anders läuft - schließlich kennen sie nur euphorische Berichte und fragen sich, was bei ihnen schief gegangen ist. Es fällt schon schwer, vor sich selbst zuzugeben, dass die bedingungslose Liebe nicht sofort da war, sondern erst wachsen musste. Diese Eltern haben oft Angst, dass sie ihr Kind nicht genügend lieben können. Was müssen erst die Eltern empfinden, die warten und warten und bei denen sich diese innige Liebe und Verbundenheit einfach nicht einstellen will? Ihnen fällt es in der Regel dann sehr schwer, eine intensive Bindung zum Kind aufzubauen. Das passiert zwar sehr, sehr selten - aber es passiert. Diese Frauen bereuen oft ihre Mutterschafft, weil sie denken, dass sie ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind. Sie haben das Gefühl zu versagen und kämpfen ständig mit Sorgen und Ängsten.

Woran es liegt, dass sich einfach keine Muttergefühle einstellen wollen, darüber wird spekuliert, Forschungen dazu gibt es bisher nicht. Häufig steckt eine nicht erkannte und damit unbehandelte Depression dahinter - der Hormonumschwung im Wochenbett führt bei 60 bis 80 % aller Frauen zu einer kleinen Verstimmung, dem sogenannten Babyblues - auch Heultage genannt. Etwa 10 bis 20 % entwickeln eine ausgeprägtere Depression, die sich oft prägend auf die Mutter-Kind-Beziehung auswirkt.
 
Die ersten Wochen und Monate im Leben eines Babys sind enorm wichtig für die Entwicklung einer sicheren und stabilen Bindung. Das geschieht vor allem dadurch, dass auf die Signale des Kindes zuverlässig reagiert wird. Das fällt Frauen mit einer Wochenbettdepression extrem schwer, weil sie sich schnell überfordert fühlen und sehr mit sich selbst beschäftigt sind. So entsteht ein Kreislauf aus unzufriedenem Kind und einer immer angestrengteren Mutter. Wird diese Erkrankung nicht behandelt, kann das dazu führen, dass sich keine innige Mutter-Kind-Beziehung entwickelt und die Mutter im Ergebnis wirklich bereut, ein Kind bekommen zu haben. Das ist zumindest ein Erklärungsansatz.
 
Unabhängig davon, ob man es erklären kann oder nicht - dieses Gefühl ist einfach da und verschwindet in den meisten Fällen nicht mehr. Mütter, die so empfinden, schämen sich dieses Gefühls zutiefst und sprechen darüber nie, da bezüglich solcher Empfindungen völliges Unverständnis (vor allem bei Müttern) herrscht.
 

Die Reaktion auf #RegrettingMotherhood im Internet


Der Artikel über die Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen, verbreitete sich in Windeseile im Internet, er wurde getwittert, geteilt und geliked. Innerhalb weniger Tage erschienen auf Elternblogs zahlreiche - zum Teil sehr kontroverse Artikel - die intensiv kommentiert und diskutiert wurden. Der Hashtag #RegrettingMotherhood spaltete Deutschlands Elternschaft und wird auch offline intensiv diskutiert.

Dabei ist man mittlerweile größtenteils vom ursprünglichen Thema abgekommen. Die schonungslose Offenheit der Mütter, die es bereuen, Kinder bekommen zu haben, hat dazu geführt, dass einige Mütter sich ein Herz fassten und einfach ein Tabu brachen, indem sie sagten: "Ich bin nicht glücklich mit meinem Mutterdasein". Dabei sagte jedoch keine der Diskutierenden tatsächlich: "Ich hätte lieber keine Kinder bekommen sollen". Nach den ersten zaghaften Andeutungen, dass man auch mal an die Zeit vor den Kindern zurück denken würde und sich etwas von der Unbeschwertheit zurückwünschen würde, brachen die Dämme und viele Eltern schrieben darüber, wie sie die Elternschaft überschätzt hätten, wie sie sie häufig überfordere und wie das Umfeld dazu beiträgt, dass man sich ständig unzulänglich fühlt.

Das führte dann zu Reaktionen wie "Das weiß man doch wohl vorher!", "Warum kann man seine Bedürfnisse nicht einfach mal für eine gewisse Zeit zurückstellen?" und "Wie kann man so etwas öffentlich schreiben, wo es später die Kinder lesen können?" Es ist parallel also eine Diskussion über das Bild der Mutter in der Gesellschaft entbrannt und es wird  nunmehr im Grunde vielmehr darüber diskutiert, ob man als Eltern überhaupt unzufrieden sein darf.
 

Warum Eltern manchmal unzufrieden sind

 

Falsche Erwartungen in Bezug auf die Elternschaft


Werdende Mütter kann man im Grunde in zwei Kategorien einteilen - solche, die über Erfahrungen mit Kindern verfügen und solche, die in ihrem bisherigen Leben kaum Kontakt zu Kindern hatten. Durch den Trend von der Großfamilie zur Kleinfamilie gibt es zunehmend mehr Frauen, die in Laufe ihres Lebens kaum Berührungspunkte mit Kindern haben. Das Konstrukt der Familie erleben sie nur oberflächlich im Umfeld oder in den Medien.

So gibt es tatsächlich nicht wenige Mütter, die wirklich nicht wissen, worauf genau sie sich da einlassen, wenn sie beschließen: "Ich bekomme ein Kind". Denn durch das in der Gesellschaft hoch gehaltene Bild der überglücklichen Mutter ahnen sie nicht ansatzweise, was sie erwartet. Durch das Tabu über die Anstrengungen der Elternschaft zu sprechen, können sie es ja auch gar nicht.

Man braucht sich nur in jede x-beliebige Krabbelgruppe oder irgendeinen PEKIP-Kurs setzen - dort trifft man nur auf gutschlafende, gutessende, immerzufriedene Babys. Man hat den Eindruck, bei allen anderen Eltern sei das Kinderhaben weder aufwändig noch problematisch. Das führt dazu, dass eine harmonisch funktionierende Familie als "Normalzustand" klassifiziert wird und man sich bei Abweichungen von der Norm automatisch unzulänglich fühlt. Und natürlich unglücklich und überfordert.

Die Erkenntnis, dass die unkomplizierten Kinder durchaus seltener als angenommen sind und es einen gewisser Totschweigfaktor bezüglich des Schlaf- oder Trotzverhaltens besteht, kommt häufig recht spät. Wer bis dahin versucht, im Bilderbuchmutti-Kampf mitzuhalten, wird recht schnell und frustriert an seine Grenzen kommen.

Frauen, die im näheren Umfeld bereits Erfahrungen mit Babys und Kindern sammeln konnten, wissen in der Regel, dass Babys anstrengend und fordernd sein können. Die Anstrengung überrascht sie daher in der Regel nicht, weil sie schon darauf eingestellt sind. Sie haben durchschaut, dass im Grunde alle Eltern die selben Probleme haben - der eine möglicherweise ausgeprägter, als der andere. Sie verfügen generell über über viel mehr Gelassenheit.

"Das weiß man doch vorher" trifft also nicht auf jede Mutter zu. Bei der Diskussion sollte man immer im Hinterkopf behalten, dass Menschen vollkommen unterschiedliche Erfahrungshorizonte haben. Viele konnten es überhaupt nicht wissen - und die sollten auch vorwurfsfrei überrascht oder überfordert sein dürfen.

 

Der Mythos der ewigen Glücksseligkeit durch die Mutterschaft


Es herrscht die allgemeine Auffassung, dass Mütter grundsätzlich glücklich sein müssten. Schließlich erfüllen sie mit ihrer Elternschaft die von der Natur für sie vorhergesehene Aufgabe. Das setzt Eltern extrem unter Druck. Auch wenn es ihnen nicht bewusst ist - sobald ihr Kind gezeugt wird, treten sie in einen Wettstreit. Das beginnt mit den Vermessungen im Mutterleib, wo durch die heute mögliche technische Dauerüberwachung jede kleine Abweichung nach oben und unten kritisch beäugt werden kann.

Bei der Geburt und in den folgenden Wochen wird wieder vermessen und gewogen und verglichen. Was kann das Kind, was sollte es können, erfüllt es die Anforderungen? Das Kinderhaben ist zu einem riesigen überwachten Projekt geworden, bei dem Eltern eine große Verantwortung haben, es "richtig" zu machen. Und zum Richtigmachen gehört dazu, dass man entspannt und fröhlich dabei ist.

Das Glücklichsein hat oft auch eine Schutzfunktion. Durch den Projektstatus sind Eltern zunehmend umfassender informiert - leider oft auch sehr unterschiedlich. "Er schläft nicht allein? Versuche mal 'Jedes Kind kann schlafen lernen", "Lass das Kind bloß nicht schreien, damit zerstört man das Urvertrauen, nimm es mit in dein Bett", "Auf keinen Fall! Das kriegst du da doch nie wieder raus!"... eine unendliche Vielfalt an Wegen, Handlungsmöglichkeiten und Alternativen erschlägt uns nahezu - jeder meint, es genau oder besser zu wissen. 

Sobald man auch nur andeutet, dass man ein Problem mit seinem Kind hat, wird man mit einer Flut an Ratschlägen überschüttet, die man kaum sortieren kann. Natürlich will man das Beste für das Kind - nur was ist das Beste? Um das zu umgehen, vermeiden viele Eltern einfach, über Probleme zu sprechen. Wodurch sie dann bei den anderen wieder den Eindruck erwecken, bei ihnen liefe alles prima...

Es ist also wenig verwunderlich, dass Eltern daran verzweifeln, das Bild der glücklichen, unkomplizierten Familie nur mit sehr viel Anstrengung aufrecht erhalten zu können. Die wenigsten schaffen es, das Umfeld und den Wettkampf zu ignorieren. Wären wir alle ein bisschen offener und würden wir etwas toleranter in Bezug auf andere Lebens- und Erziehungsansätze sein, würde das die Lage deutlich entspannen und das Bild der Elternschaft in der Gesellschaft etwas realistischer gestalten.
 

Das unterschiedliche Maß der Bereitschaft zurück zu stecken


Einer der am heißesten diskutierten Aspekte ist der Wunsch nach mehr Freiheit. Es sei egoistisch, die langen Partynächte oder weiten Urlaubsreisen zu vermissen, heißt es da. Kinder bringen Verantwortung mit sich - da müssen man eben mal zurückstecken. Dabei wird recht schnell aus den Augen verloren, dass Menschen sehr unterschiedlich intensive Bedürfnisse haben. Natürlich fällt es jemandem, der schon als Jugendlicher keine Diskotheken mochte, ganz leicht zu sagen: "Da gehen meine Kinder vor!" Für jemanden, der leidenschaftlich gerne tanzt und für den Ausgehen am besten zur Entspannung beiträgt, für den bedeutet die allabendliche Babyphoneüberwachung eine viel größere Entbehrung.

Das Elternsein bringt für alle Eltern kleinere und größere Verluste an Lebensqualität mit sich - wie stark diese für jemanden ins Gewicht fallen, kann niemand anderes beurteilen. Der eine kann die Problematik des Schlafmangels nicht nachvollziehen, weil er sonst auch wenig schläft und häufig aufwacht, ein Baby schränkt ihn diesbezüglich nicht ein. Ein anderer braucht unbedingt eine bestimmte Zahl an Stunden ununterbrochenen Schlafs, damit er den Tag einigermaßen übersteht - für ihn können Schlechtschläferkinder tatsächlich die Hölle sein und es ist nachvollziehbar, wenn derjenige beim fünften Aufwachen in der Nacht kurz denkt "Das nervt!".

Für das seelische Wohlbefinden braucht jeder Mensch andere Dinge - dass er diese vermisst, das ist vollkommen nachvollziehbar. Warum sollte derjenige das nicht bedauern und darüber sprechen? Warum sollten wir darüber urteilen? Vielmehr ist es doch ein Glück, wenn wir es ohne weiteres schaffen, unsere Bedürfnisse zurückzustecken. Aber das kann nicht von jedem erwartet werden.

 

Der Einfluss der familiären Unterstützung


Man darf auch nicht vergessen, dass unsere Lebensumstände sehr unterschiedlich sind. Während bei dem einen die eigenen Eltern im selben Haus oder Ort leben, haben andere Familien keinerlei Unterstützung. Nun ist es für denjenigen, dessen Kinder auch mal liebevoll von Eltern oder Tanten betreut werden, damit die eine oder andere Stunde Freizeit abfällt, ein Einfaches zu sagen: "Ist doch alles ganz entspannt, warum sollte man Muttersein bereuen?"Leider fehlt vielen Unterstützung und sie müssen sich rund um die Uhr um Haushalt und Kinder kümmern. Dass man da die fehlende freie Zeit für sich schneller mal bedauert, ist nachvollziehbar.
 
Vor allem Alleinerziehende sind besonders belastet. Sie tragen in besonderem Maße Verantwortung und haben häufig besonders wenig Rückhalt in Netzwerken. Da sie für alles allein zuständig sind, fehlt ihnen die Zeit, Kontakte zu pflegen, wodurch eine höhere Gefahr besteht, dass sie sozial vereinsamen. Zudem können sie häufig - wenn überhaupt - nur auf die Hilfe der halben Familie zurück greifen.

Die Freude am Muttersein


Es gibt tatsächlich Frauen, die sind einfach geborene Mütter. Nichts füllt sie so sehr aus, wie Kinder zu haben und wirklich alles fällt ihnen leicht. Sie tragen hingebungsvoll ihre Kinder, schlafen jahrelang mit ihnen im Familienbett und lieben es stundenlang mit ihnen zu spielen. Ehrlich gesagt - ich kenne genau eine Mutter, die so ist und bestaune und bewundere sie sehr. Ihr käme es nie in den Sinn zu sagen, dass sie etwas bereut oder vermisst - stattdessen wünscht sie sich fünf Kinder und geht vollkommen in ihrer Mutterschaft auf.

Viele Frauen stellen jedoch überrascht fest, dass sie das Mutterdasein doch nicht so ausfüllt, wie sie es erwartet haben - zumindest nicht über längere Zeit. Auch hier ist es wieder problematisch, dass sie sich als sonderlichen Exoten empfinden, bei dem irgendein natürlicher Mechanismus nicht funktioniert. Befeuert wird das schlechte Gefühl von Debatten über Fremdbetreuung, bei denen zumindest ein Teil der Mütter die Ansicht vertritt, ein Kind unter drei Jahren solle keinesfalls von jemand anderem als ihrer Mutter betreut werden. So bleiben nicht wenige Mütter länger der Arbeit fern, als sie es gerne würden. Paart sich das mit einer gewissen Isolation, weil man kaum Kontakte zu anderen Müttern knüpfen kann, hat das natürlich Einfluss auf das Wohlbefinden der Mutter und es ist nicht weiter erstaunlich, wenn diese sich gelegentlich sagt: "Ohne Kind ginge es mir im Moment besser".

 

Die Angst vor der Verantwortung

 
Wer kennt das nicht? Da verlässt man das Krankenhaus, in dem man gerade noch lauter Ansprechpartner bei allen Fragen hatte... und sitzt plötzlich allein und ziemlich ahnungslos daheim. Plötzlich ist da dieser Stein im Magen und man fragt sich ganz zweifelnd, wie man diese Verantwortung tragen soll. Hat man dann noch ein Schreibaby, ist die Verzweiflung groß - man fühlt sich hilflos und einsam.
 
Zwar hört man immer wieder von anderen "Da wächst man rein" und das tut man auch bis zu einem gewissen Grad - aber viele begleitet dieses ängstliche und hilflose Gefühl lange Zeit. Sich permanent zu fragen, ob alles, was man tut gut und richtig ist, sich vor Entscheidungen zu fürchten, weil Sachverhalte so unglaublich komplex sein können - all das zermürbt einige Mütter.
 


 

Was die Diskussion uns zeigt

 
Die #RegrettingMotherhood-Debatte ist im Grunde eine sich in den Schwanz beißende Katze und macht deutlich, was genau unser Problem ist: Die Erwartungshaltung. Dadurch, dass kaum einer sich traut, darüber zu reden, entsteht in der Gesellschaft ein Bild der umfassend glücksseligen Mutter. Sobald Frauen bemerken, dass sie dieses Bild nicht erfüllen können, weil sie eben nicht restlos glücklich und zufrieden sind und der Erfüllung ihrer Bedürfnisse nachtrauern, ziehen sie sich zurück.
 
Da vermeintlich nur bei ihnen die Freude am Mutterdasein eingeschränkt ist, halten sie das für ihr eigenes Versagen und schämen sich. Sie versuchen jedoch, sich ihre Verunsicherung und ihre Unzufriedenheit nicht anmerken zu lassen, damit sie das Klischee "glückliche Mutter" erfüllen.
 
Umso befreiender ist es nun für Müttern, im Rahmen der Diskussion zu lesen, dass es vielen anderen Müttern genauso geht, wie ihnen. Dass sie erschöpft sind, manchmal keine Lust mehr auf den ganzen Kinderkram haben und einfach nur gerne ein Buch lesend am Strand sitzen möchten. Am besten auf einer ganz einsamen Insel. Tatsächlich würden sie nach ein paar Stunden ganz sicher wieder gerne zurück zu ihren Kindern - denn keiner bereut die Mutterschaft wirklich, nur weil er sich ein paar Dinge wünscht oder welche vermisst.
 
Die Diskussion, die hier in den Social-Media-Kanälen und Blogs geführt wird, hätte eigentlich treffender #DisillusionedByMotherhood heißen müssen - sie hat mit dem sehr seltenen Umstand, dass Mütter tatsächlich keine Mütter sein wollen oder können wenig zu tun - ist aber wegen der breiten Masse an Betroffenen ebenso wichtig. Mütter, die tatsächlich bereuen, dass sie Kinder bekommen haben, können sich von der aktuellen Debatte nur missverstanden fühlen. Daher trägt die Diskussion leider nur dazu bei, dass sich das Tabu festigt.

Ich hoffe von Herzen, dass die Frauen, die ihre Mutterschaft bereuen Unterstützung und Hilfe haben, um diesen schwierigen Weg zu beschreiten. Sie haben es sich nicht ausgesucht und sie können ihre Situation nicht ändern - obwohl sie sich das sicher von Herzen wünschen. Daher wünsche ich mir als Ergebnis von #RegrettingMotherhood vor allem generell mehr Toleranz und ein offeneres Ohr für Themen, die man auf den ersten Blick vielleicht nicht unbedingt nachvollziehen kann. Und wir alle können daran arbeiten, ein realeres Bild vom Elternsein zu schaffen. Lasst uns darüber reden, wenn etwas nicht gut läuft oder wir mal am Ende unserer Kräfte sind und nicht so tun, als wäre alles eitel Sonnenschein.
 
© Danielle
 


Über Belohnungssysteme, Tokensysteme und Verstärkerpläne

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Vor einiger Zeit machte mich Gabriele von Motherbook auf einen Artikel in der faz aufmerksam, in dem ein paar Lehrer ihre Geheimtipps gegen respektlose und laute Schüler verrieten. Allen voran ging es dort um Belohnungssysteme (auch als Verstärkerpläne oder Tokensysteme bezeichnet). Ich wurde gebeten, zu diesem Artikel und den darin enthaltenen Erziehungsmaßnahmen Stellung zu nehmen. Da ich diese sowohl als Mutter als auch als Sonderpädagogin einschätzen kann, ist mein Artikel zugleich an Eltern und an Pädagogen gerichtet.

Belohnungssysteme begleiten uns tagtäglich auf Schritt und Tritt in unserer Gesellschaft. Sie sind uns deshalb vertraut und fühlen sich nicht falsch an. Sie funktionieren augenscheinlich wunderbar - Kinder wie Erwachsene lassen sich von der in Aussicht gestellten Belohnung motivieren, sich zusammenzureißen und Dinge zu machen, auf die sie sonst womöglich keine Lust gehabt hätten. Sind Verstärkerpläne also eine gute Antwort auf alle Erziehungsprobleme?
 

Was sind Belohnungssysteme?

 
Ein Belohnungssystem, auch Token-System oder Verstärkerplan genannt, ist ein Verfahren aus der Verhaltenstherapie, bei dem eine Person für ein bestimmtes erwünschtes Verhalten belohnt wird.
 
Da die Belohnung im Alltag meist nicht unmittelbar zur Verfügung steht, wird zur Überbrückung der Zeit zwischen positivem Verhalten und Belohnung eine Art Tauschwert ausgegeben, die sogenannten Token (übersetzt vielleicht in etwa: Münzen). Es müssen keine Münzen sein, als Token eignet sich alles, was sich sammeln lässt: Aufkleber, Sternchen, Murmeln, Smileys etc. Diese werden meist auf einen Verstärker-Plan geklebt oder - bspw. bei Murmeln - in einem Glas gut sichtbar aufbewahrt. 

Hat eine Person eine vorher festgelegte Anzahl von Token erarbeitet, kann sie diese gegen eine Belohnung eintauschen. Diese Belohnung (primärer Verstärker) muss immer individuell abgestimmt sein auf die Person, die das erwünschte Verhalten zeigen soll, sonst wirkt sie nicht verstärkend. Das könnten z. B. Lieblingssüßigkeiten sein oder Aktivitäten, die die Person besonders schätzt oder auch ein Spielzeug, das sie sich schon lange wünscht. Belohnungssysteme beruhen immer auf dem Prinzip der operanten Konditionierung und wurden zunächst in geschlossenen Institutionen wie psychiatrischen Kliniken angewendet.
 

Welche Arten von Belohnungssystemen gibt es?


Verstärkung positiven Verhaltens


Ein Kind soll ein negatives Verhalten ablegen und sich stattdessen ein positives Verhalten aneignen. Bei einem System mit positiver Verstärkung würden alle Vorkommnisse des negativen Verhaltens ignoriert werden. Das erwünschte Verhalten würde von den Erwachsenen durch Lob und ein kleines Token honoriert werden. Das Kind würde also z. B. ein Sternchenaufkleber bekommen, den es in seinen Verstärkerplan kleben kann. Hat es eine bestimmte Anzahl der Aufkleber gesammelt, darf es diese Eintauschen z. B. gegen einen Besuch im Zoo. Wichtig dabei ist, dass die Belohnung von dem Kind nicht anderweitig erhalten werden kann. Wird also als Belohnung ein Überraschungsei in Aussicht gestellt und das Kind erhält sowieso bei jedem Einkauf ein solches Ei, wird diese Belohnung ihre Wirkung verfehlen.

Bestrafung negativen Verhaltens (Verstärker-Entzugs-System)


Wütendes KindEin Kind soll negatives Verhalten ablegen und sich an dessen Stelle ein positives Verhalten aneignen. Dazu bekommt es zunächst eine bestimmte Anzahl von Token (z. B. 10 Murmeln) zugeteilt. Immer, wenn es das negative Verhalten zeigt, wird ihm ein Token abgezogen. Sind am Ende des vorher festgelegten Zeitraumes alle Token weg, wird dem Kind ein Privileg entzogen. Es darf z. B. nicht mit auf einen Familienausflug, oder es darf an diesem Tag nicht zu seinem geliebten Schwimmunterricht gehen.

Ist noch mindestens ein Token vorhanden, darf es teilnehmen. Die Idee dahinter ist, dass sich das Kind anstrengen wird, das unerwünschte Verhalten nicht zu zeigen, um sein Privileg nicht entzogen zu bekommen. Das entzogenen Privileg muss aber, wie die Belohnung bei der positiven Verstärkung, individuell auf das Kind abgestimmt sein, sonst verfehlt es seine Wirkung bzw. spornt vielleicht sogar noch an, negatives Verhalten zu zeigen. Möchte das Kind beispielsweise gar nicht mit auf den Familienausflug, könnte es sein, dass es absichtlich unerwünschtes Verhalten zeigt, um dieses "Privileg" entzogen zu bekommen.

Verstärkung positiven Verhaltens bei gleichzeitiger Bestrafung negativen Verhaltens


Ein Kind soll negatives Verhalten ablegen und sich an dessen Stelle ein positives Verhalten aneignen. Es erhält für gezeigtes erwünschtes Verhalten Token, die es sammeln kann. Zeigt es unerwünschtes Verhalten, werden ihm die selbst erarbeiteten Token wieder entzogen. Hintergrund dieses Systems ist eine Versuchsreihe mit Ratten im Labor: drückten diese den falschen Knopf, erhielten sie ein Futter, welches ihnen leichte Übelkeit brachte, drückten sie den richtigen Knopf, erhielten sie ein echtes Leckerli. Diese Ratten lernten schneller, den falschen Knopf zu meiden und den richtigen zu drücken, als ihre Versuchskollegen. So soll auch das Kind schneller begreifen, dass erwünschtes Verhalten schneller zur Belohnung führt, wenn zwischendurch kein unerwünschtes Verhalten gezeigt wird.

 

Belohnungssysteme im privaten Bereich


In welchen Situationen können Tokensysteme eingesetzt werden?


Tokensysteme funktionieren nur dann, wenn das Kind zumindest ansatzweise in der Lage ist, das gewünschte Verhalten zu zeigen. So können Tokensysteme also für alles eingesetzt werden, das dem Reifestand des Kindes entspricht und durch Wiederholung und positive Rückmeldung eingeschliffen werden soll. Denkbar wäre z. B. der Einsatz eines Tokensystems für Situationen wie das Nachhausekommen: Zieht sich das Kind selbständig die Schuhe aus und stellt sie auf den richtigen Platz, hängt es seine Jacke auf, zieht es seine Hausschuhe an und geht dann Händewaschen, dann könnte es im Anschluss einen Aufkleber auf seinen Belohnungsplan kleben. Die Eltern könnten auch kleinschrittiger vorgehen und z. B. ein Sternchen nur für das Aufhängen der Jacke geben, wenn das der besondere Streitpunkt zwischen ihnen und dem Kind war.

Ebenso für einen Verstärkerplan geeignet ist der Toilettengang: Geht das Kind auf die Toilette, putzt sich ab, spült und säubert mit der Bürste und wäscht sich hinterher die Hände mit Seife, dann würde es dafür einen Token erhalten. Manche Eltern wollen den Toilettengang an sich durch ein Verstärkersystem forcieren. Ist das Kind schlicht "zu faul", auf Toilette zu gehen und macht lieber in die Windel, dann könnte ein Verstärkerplan den Anreiz geben, die Faulheit zu überwinden. Das klappt aber nur dann, wenn das Kind seine Blase und seinen Darm tatsächlich schon unter Kontrolle hat!

Denkbar wäre ein Verstärkersystem auch beim leidigen Thema Aufräumen. Soll das Kind abends das Spielzeug im Kinderzimmer wieder wegräumen und tut das ohne Murren, dann könnte es durch ein Sternchen auf dem Verstärkerplan belohnt werden. Das gleiche gilt für das Anziehen der Sachen am Morgen - zieht das Kind sich morgens selbständig an, könnte es dafür einen Aufkleber auf seinen Plan kleben.

 

In welchen Situationen können Tokensysteme nicht eingesetzt werden?

 
Wollen Eltern ein Kind durch ein Belohnungssystem mehr oder minder überreden, aufs Töpfchen zu gehen, obwohl dies noch nicht dem Reifegrad des Kindes entspricht, kann das nicht funktionieren und wird zu Frustrationen führen. Beim Kind, weil es das Gefühl hat, zu versagen und körperlich nicht in der Lage ist, dies zu ändern. Bei den Eltern, weil sie sich Erfolg versprochen haben und nun vielleicht sauer auf das Kind werden, dass es nicht "funktioniert" (ja, das Kind), obwohl doch eine Belohnung in Aussicht gestellt wurde.
 

Der wichtigste Punkt bei Einführung eines Tokensystems ist also, ob das Kind das gewünschte Verhalten zumindest ansatzweise beherrscht. Zieht es sich in eine Ecke zurück, um dort in Ruhe in die Windel machen zu können, kann man als Eltern davon ausgehen, dass es seine Darmentleerung soweit unter Kontrolle hat und ein Verstärkersystem wirken könnte.
 
Der zweitwichtigste Punkt für ein gelingendes Einführen eines Tokensystems ist aber auch, dass das Kind aktiv damit einverstanden ist, sich durch Belohnungen zur Änderung seines Verhaltens manipulieren zu lassen. Macht es sein großes Geschäft z. B. noch in die Windel, weil es Angst hat, das auf der Toilette zu tun (Stichwort: etwas von sich selbst loslassen können), wird es vermutlich auch durch ein Belohnungssystem nicht davon überzeugt werden, seine Angst zu überwinden. Dann sollten die Eltern davon absehen, einen Verstärkerplan einzuführen.

Ebenso wenig sinnvoll ist es, ein Tokensystem einzuführen, wenn ein Kind haut, kneift oder beißt, auch, wenn es grundsätzlich in der Lage ist, Konflikte auch ohne Gewalt zu lösen. Kinder hauen, kneifen und beißen jedoch meist im Affekt. Da die Impulskontrolle bei ihnen noch lange nicht ausgereift ist, kann auch ein Verstärkersystem nur wenig ausrichten. Das Kind wird trotzdem im Affekt zuhauen, einfach, weil das eine Kurzschlussreaktion des Gehirns ist - und sich hinterher darüber ärgern, dass es nun einen negativen Punkt auf dem Verstärker-Entzugs-Plan hat.

Denn das ist das zweite Problem an der Nutzung von Tokensystemen bei impulsivem Hauen, Kneifen und Beißen: Man kann als Elternteil oder als Erzieher/in im Normalfall nicht sehen, wann ein Kind nicht zugebissen hat, obwohl es den Impuls dazu hatte. Wenn man das möchte, muss man das Kind schon sehr, sehr genau beobachten und in brenzligen Situationen erkennen, wann der Impuls unterdrückt wurde. Das mögen Profis können, aber die Mehrzahl der Eltern eher nicht. Deshalb würden also Eltern normalerweise auf ein Verstärker-Entzugs-Programm zurückgreifen, dem Kind also immer dann einen Punkt abziehen, wenn es gebissen oder gehauen hat. Das wiederum bringt aber den Fokus der Erziehung zu sehr auf das negative Verhalten und ein Kreislauf aus impulsivem Verhalten, Bestrafung, Frust und Rachegefühlen würde beginnen.

Das wäre für mich persönlich ein Ausschlusskriterium für die Nutzung eines solchen Verstärker-Entzug-Plans, denn letzten Endes läuft dieser immer auf eine Strafe hinaus. Doch Strafen lösen bei Kindern vor allem eins aus: Trotz. Kinder, die bestraft werden, entwickeln einen inneren Zorn, den sie entweder an Schwächeren auslassen oder später dann an ihren Eltern. Dieser innere Zorn lässt eine emotionale Lücke zwischen den Eltern und dem Kind entstehen, die nur noch schwer zu schließen ist. Je öfter ein Kind bestraft wird, desto weiter entfernt es sich emotional von seinen Eltern. Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber wenn ich alt und gebrechlich bin, wäre es mir sehr lieb, wenn meine Kinder von sich aus regelmäßig Kontakt zu mir halten würden und zwar nicht aus Pflichtgefühl, sondern gern. Deshalb wähle ich meine Erziehungsmethoden mit Bedacht und achte darauf, dass sie die Würde des Kindes nicht verletzen.

 

Welche positiven Aspekte gibt es?


Manche Kinder registrieren positives Feedback nicht oder nur unzureichend im Alltag (sie hören das Lob also nicht) und haben deshalb eher das Gefühl, alles falsch zu machen bzw. nur unzureichend in den Augen der Eltern zu sein. Für diese Kinder sind Token eine gute Sache, weil sie ganz klar den Moment hervorheben, in dem sie sich "richtig" verhalten haben. Außerdem sind Token zählbar, d. h. das Kind kann am Ende eines Tages nachvollziehen, wie oft es von seinen Eltern gelobt worden ist. Das kann sich positiv auf das Selbstwertgefühl des Kindes auswirken.

Ein Tokensystem kann sich auch positiv auf den Blick der Eltern auswirken, wenn diese am Ende des Tages genau sehen können, wie oft ihr Kind eine bestimmte Sache am Tag gut gemacht hat. So können auch Eltern besser nachvollziehen, wie stark sich ihr Kind eigentlich anstrengt. So könnte das Belohnungsssystem auch für die Eltern eine Hilfe darstellen, aus einer Spirale des negativen Denkens ("Mein Kind ist so unordentlich - nie räumt es auf. Immer muss ich aufräumen!") auszubrechen.

Tokensysteme machen gewünschtes Verhalten transparent. Das bedeutet, Kinder können durch die Token klar nachvollziehen, welches Verhalten genau von den Eltern als positiv bewertet wird, und welches nicht. Diese Art der Transparenz ("Wenn ich die Hände nach dem Nachhausekommen wasche, bekomme ich ein Sternchen, wasche ich sie nicht, bekomme ich keins.") gibt Kindern einen klaren Weg vor und bietet ihnen somit Verhaltenssicherheit ("Meine Elter möchten, dass ich mir die Hände wasche, nachdem wir nach Hause gekommen sind.") Diese Erkenntnis mag banal klingen, ist sie aber nicht. Oft genug sagen Eltern ihren Kindern nämlich, was sie nicht tun sollen, vergessen aber zu erklären, was das Kind stattdessen tun soll. ("Hör auf, mit dem Sand zu werfen, du triffst dabei deine Schwester!" versus "Wirf den Sand dorthin, wo niemand sitzt, damit du keine anderen Kinder aus Versehen triffst!")

Welche negativen Aspekte gibt es?


Ein Belohnungssystem ist eine Methode, die nur oberflächlich an sichtbarem Verhalten ansetzt, aber die Gründe für dieses Verhalten komplett ignoriert. Das ist im Falle von Händewaschen oder Zimmer aufräumen nicht problematisch, denn dahinter stehen meist keine tieferliegenden Probleme. Kinder räumen einfach ungern auf und sie haben eben besseres zu tun, als sich ständig die Hände zu waschen.

Leider werden Belohnungssysteme aus Unwissenheit im Alltag auch für andere Schwerpunkte eingesetzt. Kinder erhalten z. B. dann einen Punkt, wenn sie "lieb" sind, ihre Geschwister nicht ärgern, nachts nicht einpullern oder ihr Essen brav aufessen. Das finde ich schlimm, denn es signalisiert den Kindern: "Ich interessiere mich nicht dafür, warum du deine Schwester ärgerst, ich möchte nur, dass du damit aufhörst. Mir ist wichtig, dass du funktionierst, aber ich mache mir nicht die Mühe, herauszufinden, was dich dazu veranlasst, das störende Verhalten zu zeigen".

Ich finde es bemerkenswert, dass viele Eltern hier noch kein Problembewusstsein entwickelt haben. Während Schlaflernprogramme bei Babys mittlerweile bei so gut wie allen verpönt sind, werden Verhaltenlernprogramme wie Tokensysteme jedoch eher positiv beurteilt. Dabei ist das doch eigentlich das Gleiche - bei dem einen wird den Babys antrainiert, nachts ein in den Augen der Erwachsenen störendes Verhalten (Schreien) abzustellen, bei dem anderen wird Kindern antrainiert, tagsüber ein in den Augen der Erwachsenen störendes Verhalten (ärgern, einpullern, lautes Brüllen, Wutanfälle) abzustellen. Beide Male werden die echten Bedürfnisse des Kindes ignoriert, damit der Erwachsene schnell seine Ruhe hat.

Der größte negative Aspekt von Tokensystemen ist ihre Wirkung auf die neuronalen Bahnen im Gehirn. Wird einem Kind beigebracht, dass seine Aktionen immer von den Eltern durchgesetzte, positive oder negative Konsequenzen haben, bilden sich in seinem Gehirn relativ kurze, wenig verschachtelte Nervenbahnen. Ich nenne sie hier mal der Einfachheit halber "Wenn-Dann"-Nervenbahnen.

Diese "Wenn-Dann"-Nervenbahnen sind aufgrund ihrer wenig komplexen Natur recht bald im Gehirn aufgebaut, d.h. ein Kind reagiert verblüffend schnell auf diese elterliche Taktik: "Wenn du nicht aufhörst, mit Sand zu werfen, gehen wir gleich nach Hause!" (direkter Entzug von Privilegien), oder auch auf: "Wenn du jetzt leise bist, gehen wir gleich ein Eis essen" (Belohnung). Das fühlt sich natürlich erst einmal fantastisch an für die Eltern, die sich freuen, ihre elterliche Kompetenz unter Beweis gestellt zu haben. Ich kann daher gut verstehen, dass viele, viele Eltern darauf zurückgreifen und ja, auch mir sind schon mehr als einmal solche Sätze über die Lippen gekommen, wenn ich nicht die Kraft hatte, mich mit dem eigentlichen Problem des Kindes auseinanderzusetzen.
 
Schmutziges Kind isst Eis
Leider werden die Wenn-Dann-Nervenbahnen im Gehirn nicht richtig aktiviert, sobald keine strafende Autorität im Hintergrund steht und mit einer Konsequenz droht. Sprich: Ein Kind, das gelernt hat, dem anderen die Schippe nicht wegzunehmen, weil es sonst nach Hause muss oder einen negativen Punkt am Verstärkerplan bekommt, wird an anderer Stelle einem anderen Kind trotzdem den Roller wegnehmen, wenn seine Eltern nicht dabei sind! Ein Kind wiederum, das keine kurzen Wenn-Dann-Nervenbahnen ausgebildet hat, sondern lange, verschachtelte Nervenbahnen, die sich aus echtem Verständnis für die Situation des anderen Kindes entwickelten, würde auch ohne Autorität im Hintergrund das unerwünschte Verhalten unterlassen. Es würde dem anderen Kind den Roller nicht wegnehmen, weil es wüsste, wie traurig dieses sich dann fühlt. Dazu muss es aber viele, viele Male diese Situation durchgemacht haben, sowohl als Wegnehmer, als auch als Weggenommen-Bekommener, um Verständnis für beide Seiten zu entwickeln und es muss auch schon ein bestimmtes Alter (etwa ab 4) haben, um überhaupt die Perspektive des anderen Kindes einnehmen zu können.

Am allerbesten gelingt den Kindern das übrigens, wenn wir Erwachsenen uns aus den Kinderkämpfen heraushalten. Das Einfühlen in die Situation eines anderen hat nämlich als Voraussetzung, dass das Kind die Gefühle des anderen selbst schon einmal erlebt hat und weiß, was ihm selbst in dieser Situation als Trost geholfen hat. Greifen wir Erwachsenen andauernd schlichtend ein, werden aber diese Situationen, in denen Kinder über sich und ihre Gefühle klar werden, verkürzt, so dass sie gar nicht lernen können, wie doof es sich anfühlt, wenn ein anderer einem den geliebten Roller entreißt.

Durch das Eingreifen des Erwachsenen ist ja der entwendete Roller in Windeseile schon wieder beim originalen Besitzerkind - dieses kann in der kurzen Zeit gar nicht richtig traurig werden. Es lernt deshalb auch nur ansatzweise, sich in die Gefühlswelt eines anderen Kindes hineinzufühlen, dem etwas weggenommen wurde. Das heißt übrigens nicht, dass wir Erwachsene unser Kind, wenn es etwas weggenommen bekommt, nicht trösten sollen. Trösten ist für Kinder sehr wichtig!

Ein weiterer negativer Punkt ist die subjektive Wirkung auf das Kind. Wenden Eltern die Methode des Tokensystems zu oft an, könnte beim Kind die Botschaft ankommen: "Du bist nicht okay, so wie du bist. Es gibt so vieles, das wir an dir ändern wollen." Ganz sicher wird das nicht passieren, wenn die Eltern einmalig einen Verstärkerplan einsetzen, um beispielsweise die morgendliche Anzieh-Routine einzuschleifen. Werden Tokensysteme jedoch für viele verschiedene "Baustellen" beim Kind angewandt, könnte es eben doch sein, dass das Kind die bedingungslose Liebe der Eltern in Frage stellt. Auch hier gilt: Die Dosis macht das Gift.

Wie geht es ohne Tokensystem?


Ich bin persönlich kein großer Fan von Tokensystemen innerhalb einer Familie - das konntet ihr vielleicht bis hier her schon herauslesen. Ich verdamme sie aber auch nicht - sie sind einfach eine Methode, die mir selbst nicht liegt. Ich sehe jedoch durchaus, dass sie, im richtigen Kontext angewendet, bestimmte Streitpunkte zwischen Eltern und Kind in kurzer Zeit auflösen können. Davon profitieren alle - eine win-win-Situation also.

Mir wird oft die Frage gestellt, wie man es denn ohne Verstärkersystem schafft, seine Kinder dazu zu bringen, z. B. regelmäßig aufzuräumen ohne dass man jedes Mal erst schimpfen muss. Das ist eine gute Frage - und ich habe darauf keine befriedigende Antwort. Meine Kinder räumen nicht regelmäßig auf, sie werfen ihre Jacke manchmal nach dem Nachhause-Kommen auf den Boden, sie vergessen häufig, nach dem Toilettengang zu spülen und leeren ab und zu gedankenverloren den Buddelsand aus ihren Schuhen in unserem Flur. Damit habe ich vielleicht in den Augen mancher Eltern versagt, aber so richtig doll stresst mich das nicht. Ich bin mir ganz sicher, dass meine Kinder die Kompetenzen des Spülens, des Aufräumens und des Jacke-Aufhängens auch ohne meine Nörgelei erwerben werden. Dann nämlich, wenn es für sie wichtig ist. Das mag erst dann sein, wenn sie ihre eigene Wohnung haben oder vielleicht sogar erst, wenn sie eigene Kinder bekommen. Doch irgendwann werden sie es können. Mir ist bewusst, dass sie ihre Nachlässigkeit nicht böse meinen, deshalb kommt es deswegen bei uns nur selten zum Streit. Ich war selber einmal klein und weiß, dass alles andere in dem Moment wichtiger ist - diesen kindlichen Blick habe ich mir bewahrt.

Habe ich einen schlechten Tag und mich stört das Chaos doch zu sehr, dann rede ich gewaltfrei mit meinen Töchtern und bitte sie, aufzuräumen. Das passiert dann - oder manchmal auch nicht. Wichtigster Teil der Bitte in der Gewaltfreien Kommunikation ist ja, dass der andere auch "nein" sagen darf. Ab und zu frage ich auch augenzwinkernd in die Runde, ob ich Cinderella bin und meine Töchter Drisella und Anastasia. Diesen Wink verstehen meine fast Fünfjährigen nun schon, und dann trollen sie sich zu mir, um mit mir gemeinsam aufzuräumen. 

Insgesamt versuche ich, ihnen einfach ein gutes Beispiel zu sein. Ich bin selber keine ausgesprochene Putzfee - ich kann Aufräumen nicht leiden. Eine Freundin, bei der es immer wunderbar sauber ist, gab mir den Tipp, jeden Tag nur 15 Minuten intensiv aufzuräumen - mehr nicht. Das mache ich seit einer Weile und ich muss sagen, es klappt wunderbar. 15 Minuten sind nicht viel, so dass ich mich vor dieser Zeit nicht drücken muss. Es bleibt aufgrund der Zeitknappheit auch so manches liegen. Das räume ich dann am nächtsen Tag weg. Aber peu à peu wird es bei uns aufgeräumter. Meine Kinder sehen, dass Aufräumen nicht weh tut und dafür nur wenig Zeit von wirklich wichtigen Lebensinhalten, wie Spielen, verloren geht.

Was das Anziehen angeht - da gibt es ein paar Tricks, die helfen, dass sich ein Kind morgens auch ohne Verstärkerplan anzieht - dazu in Kürze mehr in einem gesonderten Artikel.
 

Belohnungssysteme in der Schule/im Kindergarten


In welchen Situationen können Token-Systeme eingesetzt werden?


Auch in der Schule sollten Tokensysteme nur für Verhalten eingesetzt werden, das einen unproblematischen Hintergrund hat und einfach eingeschliffen werden soll. Es ist zum Beispiel möglich, dass Schüler_innen ein Token erhalten, wenn sie die Pause dazu nutzen, die Materialien der letzten Stunde in ihrer Schultasche zu verstauen und die neuen Materialien ordentlich auf ihren Tisch zu legen. Auch, wenn der/die Lehrer_in Hausaufgaben vergibt, könnte er/sie den Schüler_innen, die diese angefertigt haben, ein Token dafür geben. Es gibt zum Beispiel die Möglichkeit, dass Schüler, die 5x hintereinander die Hausaufgaben gemacht haben, einen "Hausaufgaben-Gutschein" erhalten, den sie solange aufheben können, bis sie irgendwann einmal vergessen haben, die Hausaufgaben zu machen. In dem Fall könnten sie dann den "Hausaufgaben-Gutschein" einlösen. Die vergessene Hausaufgabe wird ihnen dann nicht als negativ angekreidet. Kinder, die am Ende des Monats noch alle Hausaufgaben-Gutscheine haben, ohne einen eingelöst haben zu müssen, könnten diese dann beispielsweise gegen eine Fleiß-Note 1 eintauschen.


Klassenzimmer

Kinder, die an ADHS leiden, können durch ein Belohnungssystem dazu gebracht werden, störendes unruhiges Verhalten größtmöglich einzuschränken. Da das Verhalten keinen anderen Hintergrund als die gehirnbiologische Störung hat, ist eine Anwendung in diesem Fall okay, denn meist wollen die Kinder selbst lernen, gesellschaftskonformer zu agieren. Der Erwachsene muss jedoch im Hinterkopf behalten, dass das "Zusammenreißen" für diese Kinder eine enorme Kraftanstrengung bedeutet, weil ihr Körper sie immer wieder betrügt. Gerade bei diesen Kindern ist es deshalb wichtig, sehr kleinschrittig vorzugehen. Hat der/die Schüler_in oder das Kindergartenkind sich beispielsweise für 5 Minuten auf eine Aufgabe konzentriert, sollte es schon ein Token erhalten.

Sinnvoll ist auch, Kindern mit ADHS permanente nonverbale Rückmeldung mittels Ampelkarten zu geben. Dabei hält der Erwachsene drei Karten (grün, gelb, rot) in der Hand, während er seinen Unterricht gibt. Er hat das betreffende Kind dabei immer im Blick und legt diesem je nach Verhalten die grüne, gelbe oder rote Karte auf den Tisch, wobei vor einer roten Karte immer erst eine gelbe Karte kommen muss. Diese Rückmeldung per Karten kann, wenn nötig, im Sekundentakt geschehen (wenn sich das Verhalten so schnell ändert). Meist ist es jedoch so, dass die grüne Karte auf dem Tisch liegt. Nach ein paar Minuten wird das Kind unruhiger und lauter, also tauscht der Lehrer ohne ein Wort die grüne gegen die gelbe Karte aus. Das reicht meist schon, damit das Kind merkt, dass es lauter geworden ist - es wird wieder ruhiger, daher legt der Lehrer sofort wieder die grüne Karte auf den Tisch. Die rote Karte signalisiert inakzeptables Verhalten.

Man kann mit dem Kind absprechen, ob es, wenn die rote Karte auf dem Tisch lag, eine Pause im Nebenraum möchte. Ich möchte betonen, dass diese Pause nicht als Strafe zu verstehen ist und dem Kind auch niemals so vermittelt werden sollte. Das Kind soll selbst entschieden können, ob es in der Lage ist, sein Verhalten wieder anzupassen, oder ob es von der Anstrengung so geschafft ist, dass es in einem anderen Raum erst einmal durchatmen möchte. Diese Pause als Strafe einzuführen, ist der absolut falsche Weg und ich möchte nicht, dass irgendjemand, der diesen Text liest, mich falsch versteht und diese Methode so strafend durchführt.

Es gibt Kinder, die bei allen Aufgaben erst einmal ewig brauchen, um anzufangen. Sie können sich im Kindergarten während der Freiarbeit nicht schnell entscheiden, welche Aufgabe sie sich nehmen wollen oder sitzen in der Schule vor Arbeitsblättern erst einmal lange, ohne zu beginnen. Manchmal dauert dieses Zögern auch die gesamte Stunde. Dieses Phänomen nennt sich "Schwellenangst" - die Kinder haben Schwierigkeiten, den ersten Schritt zu tun. Ist dieser erst einmal geschafft, arbeiten sie meist gut und problemlos weiter. Auch Erwachsene leiden manchmal darunter - diese sind dann meist Weltmeister im Prokrastinieren. ;-)

Es ist möglich, Kinder mit Schwellenangst dazu zu motivieren, zügig zu beginnen, indem man ein Verstärkerplan einführt. Immer, wenn es innerhalb von 5 Minuten mit dem Arbeitsblatt beginnt, würde es dann ein Token erhalten. Ich würde jedoch zunächst als Lehrer_in/Erzieher_in Hilfestellung geben, indem ich mich neben das Kind setze und es ermuntere, zu beginnen bzw. ihm die erste Aufgabenstellung vorlese und leise bespreche, wie das Kind vorgehen könnte. Als hilfreich hat sich auch erwiesen, das Arbeitsblatt des Kindes so zu knicken, dass zunächst nur eine einzige Aufgabe zu sehen ist und nicht das gesamte Blatt. Letzteres macht den Kindern mit Schwellenangst nämlich ebenso viel Angst, wie ein leeres Blatt einem Autor mit Schreibblockade.

Wie beim Einsatz der Verstärkersysteme in der Familie gilt auch in der Schule: Die Methode kann für jegliches Verhalten eingesetzt werden, dass durch Routine eingeschliffen werden soll, nicht aber für Verhalten, das einen triftigen Grund im Hintergrund hat.

In welchen Situationen können Token-Systeme nicht eingesetzt werden?


Wie man dem Artikel der Frankfurter Allgemeinen entnehmen kann (und vielen anderen Publikationen auch), werden Belohnungssysteme in der Schule oder im Kindergarten leider vor allem als "positive" Disziplinierungsmethode bei lautem oder respektlosem Verhalten angewandt. Bei allem Verständnis für die Not der Kollegen blutet mir jedoch bei solchen Schilderungen regelmäßig das Herz, einfach, weil Kinder zum Funktionieren gebracht werden sollen, ohne dass sich jemand die Mühe macht, hinter ihr Verhalten zu schauen.

Was geht in einem Kind vor, das nicht auf den/die Lehrer_in oder Erzieher_in hört? Hat es sich morgens mit den Eltern gestritten? Spielt die beste Freundin nun plötzlich mit einer anderen? Gibt es Existenznöte, hat es genug zu Essen? Es gibt immer einen Grund für auffälliges Verhalten. Natürlich kann ein/e Lehrer_in/ Erzieher_in nicht alle Probleme seiner/ihrer Schützlinge lösen. Das soll er/sie auch nicht. Aber zuhören, das kann er/sie. Das Zuhören, es ist so wichtig.

Ein Kind, das mit Problemen in den Kindergarten/die Schule kommt, hat keine Kapazität für Lernen übrig. Es ist in Gedanken damit beschäftigt, über das eigentliche Problem nachzudenken bzw. sich traurig zu fühlen. Erst, wenn ihm jemand zuhört, kann es das Problem im Kopf beiseite schieben, und sich für das Lernen öffnen. So anstrengend das ist, die Aufgabe eines Lehrers/eines Erziehers besteht in meinen Augen nicht nur in Wissensvermittlung, Erziehung und Bewertung - manchmal müssen wir einen Schritt weiter gehen und den uns anvertrauten Kindern zeigen, dass wir ihnen eine zuverlässige Stütze sind, wenn das die anderen Menschen in ihrem Leben nicht können.

Belohnungssysteme sollten daher nicht angewandt werden, wenn ein/e Schüler_in im Unterricht stört, wenn er/sie absichtlich laut oder aggressiv ist, wenn er/sie sich respektlos Erwachsen gegenüber benimmt, wenn er/sie andere Kinder drangsaliert oder anderweitig auffälliges Verhalten zeigt. In solchen Fällen ist die Anwendung kontraproduktiv.

Ein wenig anders gelagert ist der Fall, wenn ein/ Lehrer_in eine Klasse übernimmt und diese so vom alten Lehrer demotiviert wurde, dass sie dem neuen Lehrer gar nicht erst die Chance geben, zu zeigen, wie spannend der Unterricht sein kann. Wenn die Klasse also von Anfang an laut und wild ist, ohne jemals zugehört zu haben, dann kann man als Interimlösung kurzzeitig ein Tokensystem einführen und "leises" Verhalten belohnen. Man muss es als Lehrer_in in dieser kurzen Zeit jedoch schaffen, die Schüler_innen zu überzeugen, dass der Unterricht eben doch interessant ist und dass es sich lohnt, zuzuhören. Ein Tokensystem ist und bleibt eine methodische Krücke, auf die man sich nur im Notfall dann stützen sollte, wenn einem auf pädagogischer Ebene nichts anderes mehr einfällt. Sie ist im Prinzip eine professionelle Bankrotterklärung - das sollte man immer im Hinterkopf behalten.

Welche positiven Aspekte gibt es?


Belohnungssysteme zeigen Kindern auf, welches Verhalten in ihrem Land als gesellschaftlich adäquat angesehen ist. Sie sind quasi ein Verhaltens-Kompass, der die Navigation in großen Gruppen ohne anzuecken möglich macht. Sie machen erwünschtes Verhalten in Gruppen transparent und bieten somit Verhaltenssicherheit, auch, wenn die Regeln in der Kleinfamilie anders lauten. ("Zuhause müssen wir nicht sitzen bleiben, bis alle aufgegessen haben, in der Kita schon.")

Durch Belohnungen können Kinder dazu gebracht werden, sich dazu zu überwinden, auch ungeliebte Aufgaben zu machen (Tafel wischen, Ordnung halten etc.).

Haben die Kinder es geschafft, genügend Token zu sammeln, um die Belohnung zu erhalten, merken sie, dass es sich lohnt, durchzuhalten und beharrlich auf ein Ziel hinzuarbeiten. So verstärkt sich möglicherweise ihr Gefühl der Selbstwirksamkeit und positive Verhaltensmuster (Beharrlichkeit, Durchhaltevermögen, Anstrengung wagen) können sich etablieren. Dies ist aber nicht ausschließlich nur durch Tokensysteme zu erreichen, sondern eigentlich durch alle Aktivitäten, bei denen ein Kind ein Erfolgserlebnis hat (z. B. wenn es mehrere Tage übt, auf einen Baum zu klettern und es am Ende schafft).
 
Verstärkerpläne sind ein hilfreiches Druckmittel für Lehrer_innen und Erzierher_innen, um Kinder zumindest kurzzeitig dazu zu bringen, das zu tun, was sie wollen. Beachtet werden muss aber, dass diese Verhaltensänderung immer nur von kurzer Dauer ist, wenn der Grund für das Verhalten nicht gefunden und beseitigt wird.

Welche negativen Aspekte gibt es?


Werden Verstärker zu oft oder an unnützer Stelle gegeben, kann es sein, dass die intrinsische Motivation der Kinder gegen rein extrinsische Motivation ausgetauscht wird. Es kann sein, dass Aufgaben dann nicht mehr aus eigenem Antrieb gemacht werden, sondern nur noch für Belohnungen. Diese Kinder (und Erwachsenen) stellen dann immer die Frage: "Und was bekomme ich dafür?" bzw. "Und was bringt mir das ein?" - kein besonders sympathischer Charakterzug.  Da sich Belohnungen leicht abnutzen, müssen diese immer größer oder teurer werden, um den gleichen Grad an Motivation hervorzurufen.

In Gruppen angewandt können Belohnungssysteme die Konkurrenz und Eifersucht unter Kindern anfachen. Das mag bis zu einem gewissen Grad vorteilhaft für den Erwachsenen sein (z. B. wenn sich Kinder darin übertrumpfen wollen, wer am besten aufräumt), aber es stört die harmonische Beziehung und das soziale Miteinander der Kinder und fördert eine Ellenbogengesellschaft.

In einer Klasse, in der schon starkes Konkurrenzdenken und Neid besteht, könnte ein Tokensystem dazu führen, dass besonders gute Schülerinnen und Schüler gemobbt werden, weil ihre Erfolge und die Misserfolge der anderen für alle ablesbar an dem Verstärkerplan stehen.

Sie erzeugen Druck. In Schule oder Kindergarten werden die Verstärkerpläne ja meist für die gesamte Gruppe der Kinder eingeführt. Zu sehen, wie scheinbar mühelos die anderen lachende Smileys sammeln, während man selbst oft weinende Smileys in den Plan kleben muss, kann Kinder furchtbar stressen, so dass eher das Gegenteil erreicht wird. Erhält ein Kind zu schnell zu viele negative Punkte auf dem Plan, oder hat es gegen Ende der vereinbarten Zeit noch lange nicht genug positive Token gesammelt, kann sich der Eifer, es schaffen zu wollen, umkehren in eine "Mir-doch-egal"-Mentalität.
 
KlassenzimmerDann kann es sein, dass das Kind extra stört, weil es lieber bewusst verlieren möchte, als sich angestrengt und zusammengerissen zu haben und das Ziel trotzdem nicht zu erreichen. Auch Kinder, die eigentlich vom Lehrpersonal als unproblematisch eingestuft werden, können durch Tokensysteme unter Druck geraten. So traute sich die Tochter einer Freundin von mir nicht mehr, in die Schule einen Apfel mitzunehmen. Der Grund war, dass die Lehrerin eine Lärmampel nutzte und jedem Kind, das zu laut war (Ampel springt auf Rot), ein Token wegnahm. Das Mädchen meiner Freundin wurde dadurch so eingeschüchtert, dass sie sich kaum noch traute irgendeinen Laut von sich zu geben - sie wollte nicht in den Apfel beißen, um nur nicht die Lärmampel zu aktivieren!
 

Wie geht es ohne Tokensysteme in Schule und Kindergarten?

 
Als ich vor vielen Jahren im Schuldienst anfing, fiel mir auf, dass es Lehrer_innen gab, die es scheinbar mühelos schafften, dass alle Klassen bei ihnen leise und aufmerksam dem Unterricht folgten. Ich fragte nach dem Geheimnis, doch kein/e der Kolleginnen und Kollegen konnte mir so recht sagen, was sie konkret dafür taten. Also musste ich durch mühevolle Beobachtung und Selbstversuche herausfiltern, was eine/n gute/n Lehrer_in (Erzieher_in) ausmacht:

Der wichtigste Punkt ist, eine gute, tragfähige Beziehung zu euren Schützlingen aufzubauen. Ihr müsst die Schüler_innen nicht lieben - ihr seid nicht die Eltern - aber mögen solltet ihr sie. Diese Sympathie darf nicht vorgespielt sein. Schüler_innen merken sofort, wenn ihr euch nicht authentisch verhaltet. Nehmt euch Zeit, die euch anvertrauten Kinder kennen zu lernen; ihre Träume, Wünsche, Vorlieben, Ängste. Ihr werdet sehen, dass man als Lehrer_in seine Kinder mit all ihren Eigenheiten schnell ins Herz schließen kann. Wenn ihr ihnen zuhört und euch für sie interessiert, werden sie sich für euch und euer Fach interessieren. Das passiert nicht von Heute auf Morgen - also legt die Erwartungshaltung ab, dass das Ganze schnell geht. Der Aufbau einer Beziehung braucht Zeit und Geduld. Verwechselt aber nicht Beziehung mit Freundschaft. Ihr sollt nicht der beste Freund der Kinder werden, denn auf dieser Ebene verliert ihr zu viel Respekt. Schüler_innen verachten meist Erwachsene, die sich ihnen anbiedern und nutzen den Drang des Lehrers, geliebt werden zu wollen, aus. So soll es nicht sein.

Ebenso wichtig ist es, dass ihr wirklich für euer Fach brennt. Wenn ihr liebt, was ihr tut und die Kinder mitreißen könnt, werden sie das Fach ebenso lieben, auch, wenn es eigentlich gar nicht zu ihren Interessensgebieten zählte. Ich selbst zum Beispiel habe in der 10. Klasse eine fantastische Englischlehrerin bekommen. Bis dahin fand ich das Fach super langweilig und stand zwischen 3 und 4. Nach einem Schuljahr hatte ich mich auf die Note 1 verbessert. Englisch wurde mein Hauptfach im Abitur, ich bin danach als Au Pair nach London gegangen und bin dann selbst Englischlehrerin geworden - alles wegen dieser einen mitreißenden Frau! Ich kann das an meine Schüler_innen weitergeben. In meinem Unterricht kommt niemand auf die Idee zu stören, einfach, weil ich selbst mit vollem Spaß und Einsatz dabei bin. Das ist das Geheimnis guter Lehrer_innen.

Zu guter Letzt gibt es natürlich noch kleine methodische Kniffe, die Unterrichtsstörungen vermeiden. Der Unterricht muss immer "im Fluss" sein - es darf bei den Schüler_innen keinen Leerlauf geben. Sind sie nicht sinnvoll beschäftigt, fangen sie an, sich selbst zu beschäftigen. Das wird dann meist laut. Wichtig ist also, den Unterricht so zu planen, dass es keine großen Unterbrechungen gibt. Das Tafelbild sollte schon vorbereitet sein, damit ihr nicht minutenlang mit dem Rücken zur Klasse anschreiben müsst. Alle Arbeitsblätter sollten griffbreit auf eurem Tisch liegen und bereits gelocht sein. Müssen die Schüler_innen selbst lochen, entsteht Unruhe. Dann muss der Sitznachbar gefragt werden, ob er einen Locher hat oder die Schüler_innen entscheiden, dass das Blatt auch ohne Löcher einfach in den Hefter gelegt werden kann (wo es dann natürlich abhanden kommt).
 
Es bedarf keinem ausgeklügelten Methoden-Feuerwerk - oft ist weniger sogar mehr. Die Methode muss sich immer dem Inhalt unterordnen, nicht anders herum. Auch eine Stunde, die größtenteils aus Frontalunterricht besteht, kann eine gute Stunde sein, wenn der Inhalt am besten frontal vermittelt werden sollte.

Beachtet ihr diese drei Punkte, dann werdet ihr keine Tokensysteme in eurem Unterricht brauchen, das verspreche ich euch. Das Problem ist, dass diese Art des Lehrer-Seins anstrengend ist, zumindest, bis man eine echte Beziehung zu seinen Schüler_innen aufgebaut hat. Dann bleibt nur noch die akribische Vorbereitung der Stunden, die aufwendig ist. Doch auch in diesem Punkt ist die Zeit euer Freund. Nach einigen Jahren beherrscht man alle Inhalte und Handgriffe im Schlaf und die Arbeit ist einfach nur bereichernd.
 

Zusammenfassung: Worauf muss bei der Nutzung von Token-Systemen geachtet werden?


Möchtet ihr nach Abwägung aller Pro und Kontras nun in eurer Familie, Kindergartengruppe oder Schulklasse ein Tokensystem einführen, dann solltet ihr folgende Punkte zwingend beachten:

  • Ein Kind muss grundsätzlich in der Lage sein, das erwünschte Verhalten zumindest ansatzweise zeigen zu können.
  • Nur wenn ein Kind aktiv dazu bereit ist, sich durch Belohnung beeinflussen zu lassen, kann es durch ein Token-System dazu gebracht werden, sein Verhalten zu ändern.
  • Token-Systeme sollten nur für Verhalten angewendet werden, das keinen problematischen Grund hat.
  • Es sollte immer nur eine"Baustelle" mithilfe eines Verstärkerplans angegangen werden. Zu viele Ziele/Veränderungen sind für ein Kind nicht realisierbar. Es wird dadurch demotiviert werden.
  • Sowohl Token als auch Zeitraum und Belohnung müssen individuell auf das Kind abgestimmt sein. Am besten ist es, mit ihm gemeinsam alle drei Punkte zu besprechen und festzulegen. Zu lange Zeiträume (z. B. eine Unterrichtsstunde lang leise sein) schaden dem System - dieses Ziel ist schlicht unmöglich zu erreichen.
  • Der primäre Verstärker, gegen den die Token am Ende eingetauscht werden (z. B. ein Zoobesuch), darf dem Kind während des Zeitraums, in dem das Tokensystem angewendet wird, nicht auf anderem Wege "zugänglich" sein. (Zoobesuch nur als Belohnung für gutes Verhalten, nicht aber einfach so als Wochenendausflug mit der Familie)
  • Eltern, Lehrer_Innen und Erzieher_Innen müssen das gewünschte Verhalten, für das es ein Token gibt, sehr genau beschreiben. ("Ich lasse mir abends 5 Minuten lang die Zähne von Mama oder Papa putzen.") Zu vage Zielsetzungen ("Ich bin lieb zu meiner Schwester.") geben keine Verhaltenssicherheit und lassen zu viel Spielraum in der Interpretation. Somit bekommt der Erwachsene zu viel Macht bei der Auswertung des Verhaltens: Beispiel: Das Kind hat sich den ganzen Tag angestrengt und mit seiner Schwester gespielt. Am Abend kommt es zwischen beiden zum Streit und es haut die Schwester. Der Erwachsene ist darüber so sauer, dass das Kind deshalb keinen Token für den Tag erhält.
  • Eltern, Lehrer_Innen und Erzieher_Innen sollten das gewünschte Verhalten, für das es ein Token gibt, positiv beschreiben. ("Ich räume vor dem Schlafengehen alle Spielzeuge auf, die auf dem Boden liegen" statt "Ich bin nicht mehr so unordentlich").
  • Der Token-Sammel-Zeitraum muss dem Alter angepasst kurz und für das Kind schaffbar sein. (z. B. 5 Sternchen für eine Süßigkeit, 10 Sternchen für einen Zoobesuch)
  • Eltern, Lehrer_Innen und Erzieher_Innen sollten das Kind vor der jeweiligen Situation freundlich an das gewünschte Verhalten erinnern ("Denk dran, gleich fängt die Aufräumzeit an. Da kannst du dir einen Stern für deinen Plan erarbeiten.").
  • Ein Token muss sofort vergeben werden, sobald das Kind das gewünschte Verhalten gezeigt hat, sonst verpufft die Wirkung.
  • Wurde das erwünsche Verhalten vom Kind dauerhaft angenommen, müssen die Belohnungen dafür ausschleichen. Es ist nicht Sinn und Zweck der Sache, ein Kind für immer und ewig für banale Tätigkeiten zu "bezahlen".

© Snowqueen

 

Literatur


Kohn, Alfie: Punished by Rewards. The Trouble with Gold Stars, Incentive Plans, A's, Praise and Other Bribes, 1999

https://incom.org/projekt/1043

http://de.wikipedia.org/wiki/Token-System

http://schulpsychologie.lsr-noe.gv.at/downloads/wenn_lob_allein_nicht_reicht.pdf


"Der Mythos des verwöhnten Kindes" - Alfie Kohn

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Cover "Der Mythos des verwöhnten Kindes" Alfie KohnRegelmäßigen Lesern unseres Blogs ist sicher nicht entgangen, dass eines der für mich prägendsten Bücher überhaupt  "Liebe und Eigenständigkeit"* von Alfie Kohn war. Das Buch ist meines Erachtens eines der wichtigsten, das je über Kinder geschrieben wurde. Es enthält so viele wichtige und interessante Gedanken  und Perspektiven, die wunderbar zum Nach- und Umdenken anregen und meine Erziehung nachhaltig zum Positiven beeinflusst haben.
 
Ich war natürlich sehr erfreut, als ich erfuhr, dass der Beltz-Verlag Kohns Buch "The myth of the spoiled child" aktuell in deutscher Sprache unter dem Titel "Der Mythos des verwöhnten Kindes - Erziehungslügen unter die Lupe genommen"* heraus gebracht hat. Wir haben freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt bekommen. Ich möchte in diesem Artikel die Inhalte der acht Kapitel, für Euch kurz zusammenfassen.
 

Kapitel 1 - Von nachgiebigen Eltern, verwöhnten Kindern und anderen altbekannten Buhmännern


Im ersten Kapitel des Buches geht es um die ewige "Früher war alles besser"-Litanei. Kohn zeigt, dass seit Jahrzehnten, ja sogar seit Jahrhunderten das Verhalten von Kindern immer gleichbleibend beklagt wird. Früher habe es mehr Grenzen gegeben, früher haben Kinder viel besser gehorcht... nur schaut man zurück, stellt man fest, dass auch früher nur beklagt wurde, wie besser alles früher war. Es gibt keine Belege dafür, dass dies tatsächlich zutrifft.

Kohn geht anschließend auf die permissive Erziehung ein. Diese ist nach Baumrind gekennzeichnet von einem hohen Maß an einer Berücksichtigung der kindlichen Bedürfnisse und einem geringen Grad an Autorität. Diese Form der Erziehung wird dafür verantwortlich gemacht, dass Kinder sich heutzutage (vermeintlich) schlechter benehmen, weil sie kaum Grenzen erfahren. Allerdings gibt es keinen einzigen Beweis dafür, dass die permissive Erziehung die am weitesten verbreitete ist. In Umfragen geben gerade mal 37 % der Eltern an, so erziehen - 55 % würden ihre Erziehung eher als streng bezeichnen. Ebenso wenig ist empirisch belegbar, dass heutzutage ein höherer Grad an Narzissmus bei Kindern herrsche, als früher. Dabei wird Narzissmus vielmehr von mangelnder elterlicher Empathie und Gefühlskälte - also durch den autoritären Erziehungsstil - gefördert.

Es gibt außerdem Untersuchungen, wonach Kinder, die durch Ungehorsam, Streitsüchtigkeit, und Gemeinheit auffallen, nicht verwöhnendend erzogen werden, sondern eher mit kontrollierende Erziehung groß werden. Eine solche Erziehung mittels Strafen und Bestechung führt außerdem dazu, dass Kinder nicht über die Stufe reinen Selbstinteresses hinaus wachsen.
 

Kapitel 2 - Der Dauerbrenner: Kinder sollen tun, was ihnen gesagt wird


In Artikeln oder Büchern über Erziehung herrscht ein Leitmotiv - nämlich wie man Kinder dazu bekommt, das zu tun, was man ihnen sagt. Im Grunde betrachtet die Mehrheit der Eltern genau das als Aufgabe und setzt zu diesem Zwecke starre Grenzen, die sie konsequent überwachen. Dabei gibt es zahlreiche Studien, die belegen, dass sich Strenge langfristig auf die Aggressivität, die Ängstlichkeit und die Hilfsbereitschaft von Kindern auswirkt.

Daher betrachtet es Kohn als nutzbringender, eine Erziehung zu praktizieren, die auf bedingungsloser Liebe, einer hohen Entscheidungsfreiheit und Bedürfnisorientierung basiert und bei der Fehlverhalten nicht bestraft, sondern als Möglichkeit gesehen wird, Probleme zu lösen und Werte zu vermitteln. Dabei sollten stets die Motive des kindlichen Verhaltens hinterfragt werden, um es zu verstehen. Auch die Wissenschaft belegt, dass diese Art der Erziehung Kinder glücklicher und kompromissbereiter macht - sie fördert außerdem Empathie und Großzügigkeit.

Es wird darüber hinaus der Frage nachgegangen, warum allgemein davon ausgegangen wird, dass die heutige Erziehung zu nachgiebig sei. Das liegt unter anderem daran, dass häufig nicht ausreichend differenziert wird. Die Menschen verwenden bspw. die Bezeichnung "Verwöhnen" für mehrere Sachverhalte - einerseits für das Überschütten von materiellen Dingen, andererseits für (zu) viel Aufmerksamkeit und Zuwendung - beiden Sachverhalten liegen jedoch vollkommen unterschiedliche Erziehungsmodelle zugrunde. 

Kind lächelt

Außerdem erwarten Erwachsene von Kindern Respekt - verhalten sich jedoch selbst nicht respektvoll den Kindern gegenüber. Ahmen diese dann nach, wie man mit ihnen umgeht, wird das sofort als Indiz für das Versagen der Erziehung gesehen. Nach wie vor erwarten die meisten Erwachsenen nämlich bedingungslosen Respekt - meinen aber eigentlich Unterwürfigkeit.  Kein Wunder, dass ihnen Kinder, die als gleichwertige Gesprächspartner aufwachsen, respektlos vorkommen.

Darüber hinaus ordnen viele Erwachsene Erziehungsstile in Schubladen ein - entweder man erzieht autoritär, traditionell (gerne als autoritativ bezeichnet) oder vollkommen ohne Grenzen. Da naturgemäß die traditionelle Erziehung als ideal betrachtet wird, wird davon ausgegangen, dass andere Erziehungsweisen automatisch dazu führen müssen, dass Kinder lügen, stehlen, schlagen und bösartig sind, wenn man ihnen - anders als bei der vermeintlich idealen traditionellen Erziehung - keine Grenzen setzt und Strafen androht.

Äußern Kinder Bedürfnisse, wird das als manipulativ empfunden, versuchen Eltern diese zu erfüllen, gelten sie sofort als zu nachgiebig. Nachgiebigkeit wird deshalb als etwas schlechtes betrachtet, weil davon ausgegangen wird, dass sich Kinder, die man sich selbst überlässt, nicht so entwickeln, wie es erstrebenswert wäre. Tief in unserer Gesellschaft ist der Anspruch verwurzelt, dass Kinder den Mund halten sollen und tun, was man ihnen sagt.

Dabei wollen Kinder vielmehr ihr Leben mitbestimmen und mit Respekt behandelt werden. Die - ohne jede Grundlage (siehe dazu auch unsere kritische Analyse des Buches "Warum Kinder zu Tyrannen werden" von Michael Winterhoff) - gern verbreitete Angst vor verzogenen und verwöhnten Kindern führt dazu, dass Eltern gegen ihr Bauchgefühl handeln oder ihnen dieses schon vollkommen abhanden gekommen ist. So lassen sie Kinder vorsätzlich nach Ratgebern schreien, obwohl ihnen das in der Seele weh tut. Kohn schreibt: 
"Wir müssen uns fragen, wie viele Kinder nicht bekommen haben, was sie brauchen, weil ihre Eltern befürchten mussten, als zu wenig durchsetzungsfähig zu gelten" (S. 65).

Kapitel 3 - Mythos Helikopter-Erziehung und Überfürsorge


Ein weiterer Vorwurf, dem Eltern sich heutzutage verstärkt ausgesetzt sehen, ist der, dass sich Eltern zu sehr in das Leben ihrer Kinder einmischen. Da werden in der Öffentlichkeit Eltern belächelt, die ins Büro des Direktors ihrer Kinder stampfen, um die Leistungen ihrer Gymnasiasten zu diskutieren. Dabei werde so getan, als handle es sich um ein weit verbreitetes Phänomen. Es gibt jedoch nur sehr wenige wissenschaftliche Untersuchungen dazu und die, die es gibt, werden gerne aus dem Zusammenhang gerissen und falsch interpretiert. Kohn führt in diesem Kapitel mehrere Beispiele dafür an.

In unserer Gesellschaft herrscht eine Streben nach schneller Selbständigkeit und Unabhängigkeit - daher wird eine enge Bindung und lange Zuwendung kritisch gesehen. Fürsorglichkeit wird teils belächelt. Die extremste Form der Überfürsorge ist das Helikoptern, bei dem das elterliche Eingreifen exzessiv und dem Entwicklungsstadium des Kindes unangemessen ist. Die Frage dabei ist, wer das beurteilen will. Das Maß an benötigter Fürsorge variiert von Kind zu Kind.

Auch in Bezug auf Helikoptereltern wird ein Blick in die Forschung geworfen und festgestellt, dass sie weder häufig ist noch dass sie negativen Auswirkungen hat, wenn die Eltern den Kindern zuliebe handeln und nicht aus eigenem Interesse. Ein Teil der helikopternden Eltern nutzt nämlich die Kinder, um ihre eigenen emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen. Daher lohnt sich ein Blick auf die Motivation, bevor Eltern pauschal be-/verurteilt werden.

Betrachtet man die Studien näher, stellt man fest, dass die Überbehütung kein Erscheinungsbild der selbstbestimmten, autonomen Erziehung ist, sondern vielmehr eine Ausprägung der kontrollierenden Erziehung. Statt mit Autorität wird hier subtil mit Schuldgefühlen und bedingter Liebe gearbeitet - positive Zuwendung gibt es nur, wenn das Kind das gewünschte Verhalten zeigt, schlechtes Verhalten wird bestraft. Das Kind wird auf Schritt und Tritt überwacht - dabei ist nicht Fürsorge das Hauptmotiv, sondern Kontrolle mit dem Ziel, dass das Kind tut, was man ihm sagt.
 

Kapitel 4 - Wofür soll Scheitern gut sein


Dieses Kapitel zeigt, wie die Furcht vor zu viel Nachgiebigkeit allmählich von der Erziehung auf die Bildung und die Freizeitgestaltung übergeht. Es wird mittlerweile als feststehende Tatsache betrachtet, dass Kinder die Erfahrung des Scheiterns machen sollten, um auf "das wirkliche Leben" vorbereitet zu werden. Daher schade es, wenn wir unsere Kinder ständig vor Unannehmlichkeiten beschützen wollen.

Es wird in der traditionellen Erziehung davon ausgegangen, dass Menschen nur dann ihr Bestes geben, wenn sie für ihre Leistung eine Belohnung erhalten.  Daher, so der Umkehrschluss, wird die Motivation sinken, wenn eine solche nicht in Aussicht gestellt wird. Dabei wird jedoch die Kraft der intrinsischen Motivation unterschätzt - diese treibt uns von innen heraus an - wir tun Dinge, weil wir es selbst wollen. Studien haben schon längst eindrucksvoll gezeigt, dass Menschen Dinge umso weniger gern tun, je mehr man sie dafür belohnt.


Die Annahme, wonach Kinder durch Scheitern in der Kindheit auf die Härte der Realität im Erwachsenenleben vorbereitet werden, entbehrt jeder Grundlage. Den Umgang mit negativen Erlebnissen verkraftet man nicht dadurch besser, dass man zielgerichtet über Jahre frustriert wird. Kindern hilft viel mehr in einen stabilen Familiengefüge aufzuwachsen und Unterstützung und Respekt zu erfahren. Das gibt Ihnen genug Selbstvertrauen, um mit kritischen Situationen umzugehen.

Unabhängig davon bietet das Leben eine Fülle an Situationen, in denen Kinder scheitern, es ist nicht notwendig, solche künstlich herbei zu führen. Außerdem haben Studien gezeigt, dass nicht das Scheitern uns für das Scheitern stark macht, sondern Erfolg. Gibt man Kindern bspw. eine unlösbare Aufgabe, an der sie zwangsläufig scheitern und danach eine deutliche einfachere, sind sie vom Scheitern bei der ersten so paralysiert, dass sie die zweite kaum lösen können. Sind sie hingegen beim ersten Mal erfolgreich, gehen sie mit Elan weitere Aufgaben an. Ständige Frustration führt also vielmehr zu einer Spirale aus Resignation, als zu einer Abhärtung. Häufiges Scheitern verursacht in aller Regel auch ein schlechtes Selbstbild. Kinder strengen sich dann häufig absichtlich weniger an, damit sie ihr (erwartetes) Scheitern vor sich selbst erklären können (self-handicaping).

Das vorsätzliche Scheiternlassen sendet zudem auch eine klare Botschaft an unsere Kinder - nämlich, dass Mama oder Papa hätten helfen können, es aber nicht getan haben. Wie sich das für sie anfühlt, kann man sich vorstellen.

 

Kapitel 5 - "Nur unter dieser Bedingung..." - Vom Unsinn von Strafen, Noten und Wettbewerb


Im fünften Kapitel geht es zunächst um die weit verbreitete Haltung "Wer nichts leistet soll nichts bekommen". Die Allgemeinheit fühlt sich ganz offensichtlich verpflichtet, aus moralischen Gründen gute Leistungen zu belohnen und schlechten Leistungen diesen Lohn zu versagen. Nach einem kurzen Exkurs zum Loben (worüber Kohn ausführlich in seinem Buch "Liebe und Eigenständigkeit" schrieb) wird auf das Wettbewerbsmodell unserer Gesellschaft eingegangen. Bei sportlichen Aktivitäten und in der Schule geht es vor allem darum, miteinander zu wetteifern und besser als andere zu sein. Dabei gibt es empirische Belege dafür, dass viel bessere Leistungen vollbracht werden, wenn man miteinander statt gegeneinander arbeitet.

Ständiger Wettbewerb führt dazu, dass sich unsere Kinder immer wieder unzulänglich fühlen, da naturgemäß einem Gewinner zahlreiche Verlierer gegenüber stehen. Und die Verlierer sind natürlich oft frustriert. Im vorherigen Kapitel wurde bereits belegt, dass Frustration keine Motivation erzeugt. Auch Schulnoten fungieren als Belohnung - mit dem Effekt, dass sie extrinsische Motivation fördern. Kinder, die keine Noten bekommen, lernen nicht für Zensuren, sondern um des Lernens willen - dass das auch tatsächlich funktioniert, zeigen alternative Schulen eindeutig.
 
 

Kapitel 6 - Der Angriff auf das Selbstwertgefühl


Um das Selbstwertgefühl und die Frage, ob junge Menschen ein viel zu übersteigertes haben, geht es im sechsten Kapitel. Der  Grundgedanke der traditionellen Erziehung in Bezug darauf ist, dass das Maß an Zufriedenheit, das Kinder haben dürfen, einem bestimmten Maß an Leistungen gegenüber stehen muss. Entsprechend sind auch Lobe, Sticker oder gute Noten nur dann zu vergeben, wenn strenge Bedingungen erfüllt werden. Kinder sollen sich also vornehmlich dafür wertvoll fühlen, was sie tun, nicht dafür, was sie sind. Wenn Menschen ein hohes Selbstwertgefühl haben, ohne dass sie entsprechende Leistungen vollbracht haben, führt das vermeintlich dazu, dass sie faul sind und sich nicht mehr anstrengen. Diese Einschätzung der menschlichen Natur ist jedoch falsch - das ist eindeutig belegt.

Für das Selbstwertgefühl ist es auch maßgeblich, ob es an Bedingungen geknüpft ist. Ein bedingtes Selbstwertgefühl entsteht dann, wenn ein Kind nur wertgeschätzt wird, wenn es bestimmte Bedingungen erfüllt. Vor allem eine Erziehung mit hoher Kontrolle, Strafen und Loben kann dazu führen, dass Kinder sich nicht bedingungslos angenommen fühlen. Dabei brauchen Kinder für eine gesunde Entwicklung die Gewissheit, dass ihre "Liebenswürdigkeit" nicht von ihrem Verhalten abhängt.
 

Kapitel 7 - Warum Selbstdisziplin überschätzt wird


Es ist eine relativ unkritisch hinterfragte Annahme, dass Selbstdisziplin eine erstrebenswerte Eigenschaft sei. Immer wieder wird bemängelt, dass unseren Kinder diese fehlen würde. Als Beispiel für die Bedeutung der Selbstdisziplin wird oft die "Marshmallow-Studie" angeführt. Diese soll ergeben haben, dass Kinder, die es schaffen, den angebotenen Marshmallow nicht sofort zu essen und dafür später einen zweiten zu bekommen, im späteren Leben erfolgreicher waren.

Dabei ging es in dieser Studie gar nicht um die (individuelle) Selbstkontrolle der Kinder, sondern es wurde untersucht, wie sich verschiedene Situationen auf die Fähigkeit zu Warten auswirken. Dabei wurde festgestellt, dass das Umfeld einen viel stärkeren Einfluss darauf hatte, als der Charakter der Kinder. Und die Untersuchung ergab auch nicht, dass die Kinder, die anfangs warten konnten, im späteren Leben über mehr Selbstkontrolle oder Willenskraft verfügen. Das ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Studienergebnisse aus dem Zusammenhang gerissen und in einem völlig anderen Kontext instrumentalisiert wiedergegeben werden.

Unabhängig davon kann man sich die Frage stellen, ob es überhaupt immer erstrebenswert ist, zu warten und ob die Fähigkeit nicht auch maßgeblich von den Vorerfahrungen geprägt sind. Außerdem ist bei der Selbstkontrolle zwischen der durch äußeren Einfluss entstandenen und der innerlich motivierten (einsichtigen) zu unterscheiden. Ein hohes Maß an Selbstkontrolle, das durch die Anwendung von Strafen und Belohnung erzielt wird, geht häufig auch mit geringer Spontanität und einem blassen Gefühlsleben einher.

Auch Durchhaltevermögen wird immer wieder als erstrebenswerte Fähigkeit betrachtet. Dabei kann dieses recht schnell in Verbissenheit ausarten und kontraproduktiv sein. Nicht alles ist es wert, über längere Zeiträume getan zu werden. An einer Sache festzuhalten hindert uns daran, uns weiter zu entwickeln oder die Sache aus einer anderen Perspektive zu betrachten, die vielleicht auf einem anderen, effizienteren Weg zum Erfolg geführt hätte. Tun Menschen etwas mit Freude, brauchen sie keine Selbstdisziplin - ihre intrinsische Motivation beflügelt sie dabei wie von allein.   

 

Kapitel 8 - Erziehung zur sanften Rebellion


Diejenigen, die beklagen, dass unsere Kinder durch zu nachgiebige Erziehung faul, selbstsüchtig und anspruchsvoll geworden sind, haben immer die selben Lösungsvorschläge: strengere Grenzen, mehr Konsequenzen, Anhalten zu früher Selbständigkeit. Es herrscht außerdem die Ansicht, dass Kinder sich ein positives Selbstwertgefühl durch Leistungen erarbeiten müssen und sich Lobe verdienen müssen. Kurz gesagt: Kinder sollen sich gut benehmen und hart arbeiten und sich den Ansprüchen der wirklichen Welt anpassen. Sie sollen Regeln befolgen und einfach tun, was man ihnen sagt.

Alfie Kohn regt mit seinem Buch an, dass Kinder vielmehr ermuntert werden sollten, sich um die Rechte und Bedürfnisse anderer zu kümmern und den Mut aufzubringen, das, was man ihnen sagt, infrage zu stellen. Wir sollten uns fragen, welche Art Menschen unsere Kinder werden sollen. Wollen wir Kinder erziehen, die sich ihrer Umwelt anpassen oder Kinder, die die bestehende Ordnung infrage stellen und sich über empörenswerte Dinge empören und Veränderungen in Schule und Gesellschaft einfordern?

Viele Eltern wollen, dass ihre Kinder selbstbewusst, stark und unabhängig denkend werden, dass sie sich im Leben durchsetzen, sich behaupten und dem Gruppendruck widerstehen... Aber bitte nur so lange, wie sie ihnen selbst nicht so gegenübertreten. Wir müssen unseren Kinder erlauben, uns herauszufordern und aufhören Auseinandersetzungen gewinnen zu wollen und darauf zu bestehen, unseren Willen durchzusetzen, wenn unsere Kinder diese Fähigkeiten erlernen sollen. Gute Entscheidungen zu treffen lernen Kinder vor allem, in dem sie Entscheidungen treffen - und nicht, indem sie Anweisungen befolgen. Dazu müssen wir ihnen viel Verantwortung übertragen und unser Maß an Kontrolle verringern. 
 
 

Meine Meinung zum Buch

 
Dieses Buch ist wirklich wunderbar, denn es entlarvt herrlich unterhaltsam die Denkfehler, auf denen die traditionelle Erziehung basiert. Man hat zwar im Gefühl, dass die Annahmen unzutreffend sind, kann dies aber oft nur schwer in Worte fassen. Endlich sind die diffusen Gedanken, die einen  zu diesem Thema bewegen, klar und strukturiert zusammengefasst. Man versteht, wie die Ansätze der traditionellen Erziehung zustande kommen und wie man ihnen argumentativ entgegen treten kann. Nach diesem Buch ist man emotional sehr gestärkt in Bezug auf den eigenen Weg der autonomen, selbstbestimmten Erziehung. Sofern vorhanden, nimmt es die Angst vor dem Verwöhnen, zeigt, wie wichtig liebevolle Zuwendung ist und wie Selbstbestimmung unsere Kinder stark macht. Kohn Aussagen sind wissenschaftlich fundiert untermauert - allein das Literaturverzeichnis umfasst ganze 30 (!) Seiten.
 
"Der Mythos des verwöhnten Kindes"* ist ein weiteres, sehr wertvollen Puzzleteil in meiner Attachment-Parenting-Bibliothek. Eltern, die AP praktizieren sehen sich ja häufig dem Vorwurf ausgesetzt, sie würden die Kinder zu nachgiebig erziehen und sie damit zu sehr verwöhnen. Das sei vermeintlich die Ursache für das allgemein zunehmend schlechte Benehmen "heutzutage". In diesem Zusammenhang fand ich eine Passage im letzten Kapitel sehr amüsant:

Man stelle sich vor, eine Schülerin erscheint in der Schule in einem Badeanzug und wird zum Direktor zitiert. Dieser erklärt, dass das Kind so nicht in die Schule kommen könne und fordert es auf, sich umzuziehen. Das Kind erklärt, es ziehe an, was es wolle - der Direktor habe keinen Grund, ihm das zu verbieten. Der Direktor schließt das Mädchen daraufhin von der Teilnahme am Unterricht aus. Das Thema wäre sofort in den Medien - Boulevardmagazine würden die Geschichte gierig verbreiten und der allgemeine Tenor wäre ganz sicher, dass die Kinder heutzutage einfach nicht ordentlich erzogen würden. Sofort wären Grenzenlosigkeit und Nachgiebigkeit in der Erziehung als Ursachen gefunden und ausgiebig kritisiert worden. Dass im ganzen Land mehrere hunderttausend andere Schüler ganz brav und angemessen gekleidet im Unterricht saßen, würde dabei sicher vergessen. Und wie viele davon unglücklich darüber sind, immer angepasst sein zu sollen, auch.

Das Buch ist eine wunderbare Ergänzung zu "Liebe und Eigenständigkeit", das ich auch weiterhin immer noch als allererstes empfehlen würde. Ich habe Stoff und Anregungen für unzählige interessante neue Artikel gefunden (weswegen wir das Buch leider nicht wie sonst verlosen können ;-). Wenn Ihr das Buch erwerben möchtet, unterstützt Ihr unseren Blog, wenn ihr das über diesen Link* macht.
 
 
© Danielle


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Zuletzt aktualisiert am 12.05.2015

Wie wir das Vierte Reich verhindern - #BloggerfuerFluechtlinge

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Als ich als 14-Jährige einmal durch die Innenstadt spazierte, wurde ich von einem Mann mit Mikrofon für einen Radiosender gefragt, was wohl der Grund wäre, dass es neuerdings Brandanschläge auf Ausländerheime gebe. Warum täten das diese Neo-Nazis meiner Meinung nach? Ich antwortete mit kindlicher Spontanität: "Weil sie Angst haben, schwach zu sein."

Ich kann mich nicht mehr erinnern, was wir danach besprachen oder ob wir überhaupt noch weiter redeten, aber im Gedächtnis hängen geblieben ist mir der Blick meines Gegenübers - er war nämlich verwundert über meine Antwort. Doch auch heute noch, 25 Jahre später, stehe ich hinter dieser Antwort. Ich habe in diesen Jahren natürlich einiges über die menschliche Natur dazu gelernt. Deshalb möchte ich meine damalige Aussage heute, in einer Zeit, in der wieder Flüchtlingsunterkünfte brennen, elaborieren.

Wenn ihr denkt, das hätte nichts mit diesem Blog zu tun, in dem es ja um Babys, Kinder und Erziehung geht, dann liegt ihr falsch. Das erneute Aufflammen des Fremdenhasses und das plötzliche Auftreten von "besorgten Bürgern"  und Nazis haben alles mit diesem Blog zu tun.
 

Das schlimme Erbe der Schwarzen Pädagogik

 
Unsere Eltern und Großeltern - ja, selbst der größte Teil unserer Generation und leider auch noch ein Teil unserer Kinder - wuchsen und wachsen mit einer Erziehung auf, die die scheinbar "bösen", "unguten" Triebe eines Kindes unterdrückt, damit aus ihm ein anständiger Bürger wird. Einer, der sich im gesellschaftlichen System gut einpassen kann, der nicht aneckt im Kindergarten oder in der Schule. Einer, aus dem eines Tages etwas wird, der einen Beruf hat und eine Familie und Kinder.

Das sind natürlich keine schlechten Ziele! Wer will für sein Kind nicht, dass es glücklich wird und nicht aneckt? Was - ich sage es mal vorsichtig - kontraproduktiv ist, ist der Weg, der von den Erziehenden des Kindes eingeschlagen wird, um es zu erreichen.
"Also ist der Gehorsam zu pflegen, indem der Erzieher seine Macht ausübt, was durch ernsten Blick, entschiedenes Wort, eventuell mittelst physischen Zwangs, der das Böse hemmt [...] erreicht wird. [...] je nach Art oder Wiederholung des Ungehorsams sei durch Entziehen der Wohltaten und Schmälerung der Liebesbeweise [dem Kinde das Schlechte an diesem Ungehorsam] aufzuzeigen, wie denn z. B. auf das feiner geartete Kind, das streitig sein will, die Entfernung vom Schoß der Mutter, die Verweigerung der Vaterhand, des Kusses vor dem Schlafengehen usw. als empfindliche Strafe wirkt. Während also durch Erweisung der Liebe die Neigung des Kindes gewonnen wird, dient ebendiese Neigung dazu, es für die Zucht empfänglicher zu machen." [Aus: Enzyklopädie..., 1887, zit. n. KR, S. 168]
Schon 1887 also, in der Zeit der Schwarzen Pädagogik, wurde Gehorsam nicht nur durch Schläge - viele, viele Schläge -, sondern auch durch Liebesentzug durchgesetzt.

Schaut euch um - leider ist das heute noch gängige Praxis. Wer hat solche Beispiele noch nicht gesehen? Das Streichen der Gutenachtgeschichte, wenn das Kind abends zu lange bummelt, das Wegwerfen (oder zumindest das Androhen dessen) der Spielzeuge, wenn das Kind nicht aufräumt, das verärgerte, oder sogar verächtliche Abwenden vom Kind, wenn es gehauen hat.... all das sind auch heute noch Erziehungspraktiken, die ohne schlechtes Gewissen, ja, sogar mit dem guten Gefühl, etwas für das Kind getan zu haben, durchgeführt werden.
 
Doch was passiert mit dem Kind, das so mit Liebesentzug bestraft wird, wenn es all seine lebendigen Facetten auslebt? Wenn es laut ist, wild, aggressiv, wütend, traurig, deprimiert, jammerig - und das aber nicht darf?
 
Die Psychoanalytiker dieser Welt haben darauf schon lange eine Antwort: Die ungewollten Facetten des tatsächlichen Ichs werden von diesem Kind abgespalten und tief im Inneren seines Seins vergraben. Je früher dies geschieht, desto stärker die Verdrängung. Ein Kind, das als Neugeborenes beispielsweise in die Küche geschoben wird, damit es durch sein nächtliches Schreien nicht so sehr stört, verstummt irgendwann und schläft durch. Weil es keine andere Wahl hat. Es wird seine Angst, seinen Hunger, sein Bedürfnis nach Nähe "abschalten" und nicht mehr zeigen (nicht bewusst, nein, es ist eine Überlebensstrategie der menschlichen Psyche). Was im Inneren des Kindes übrig bleibt, ist ein unbestimmtes Gefühl der Angst - es erlebt den Fakt, dass es sich nicht auf bedingungslose Liebe und Versorgung verlassen kann, als Terror. Dieser Terror vermindert oder verhindert die Ausbildung eines stabilen inneren Gerüstes - die Ausbildung des Urvertrauens.
 
Kinder, die kein stabiles inneren Gerüst aufbauen konnten - auch das weiß die Wissenschaft bereits - suchen sich äußere "Prothesen", um zumindest von dieser Seite aus Stabilität zu erhalten, und das auch noch als Erwachsene. Solche Prothesen könnten ein geregelter Tagesablauf sein, oder auch soziale und gesellschaftliche Regeln, an die sie und andere sich halten können: Moral und die Pflichterfüllung. (Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass alle Kinder, die Regeln und Geregeltes mögen kein Urvertrauen haben - so einfach ist das nicht!) Stabilität verleiht auch das Wissen darum, dass der eigene Staat ein Rechtstaat ist, in dem "die Bösen" bestraft werden, während "die Guten" nichts zu befürchten haben. Auch eine feste Arbeit und ein Einkommen verleihen die benötigte äußere Sicherheit. Das "Festhalten" an materiellen Dingen und das Anhäufen von Konsumartikeln ist Teil dieser äußeren Prothese.
 
"Wer glücklich ist, kauft nicht", behauptet Gerald Hüther, Professor für Neurobiologie. Er sagt: 
"Unser Gehirn ist daran interessiert, einen Zustand herzustellen, den ich Kohärenz nenne. In diesem Zustand verbraucht es wenig Energie. Erfahrungen von Ausgrenzung oder Bestrafung regen Regionen im Hirn an, die auch aktiviert werden, wenn ein Mensch körperlichen Schmerz empfindet. Das Gehirn gerät in Inkohärenz. Niemand kann körperlichen Schmerz lange aushalten, der Zustand verbraucht einfach zu viel Energie. Also muss schnell ein Ersatz her, damit Ruhe einkehrt."
Das Kaufen von Dingen dient heutzutage oft als ein solcher Ersatz. Denn dabei werden glücklich machende Hormone im Gehirn freigesetzt und der Mensch fühlt sich für eine kurze Zeit sehr wohl. Im Prinzip kaschiert das Kaufen und Anhäufen von weltlichen Gütern aber nur, dass ein grundlegendes Bedürfnis dieses Menschen nicht erfüllt ist. Da dieses Bedürfnis aber vor langer, langer Zeit nicht erfüllt wurde und deshalb im Inneren weggeschlossen wurde, bleibt der wahre Grund für die immerwährende latente Unzufriedenheit meist unbeachtet.
 

Was, wenn die Prothesen wegfallen?


Ein Mensch kann sehr, sehr lange wunderbar mit diesen äußeren Prothesen funktionieren. Er ist ein völlig unauffälliger, unbescholtener, freundlicher Bürger, der montags die Tonnen für die Müllabfuhr rausstellt, seine Mitmenschen grüßt und in der Bahn älteren Menschen seinen Platz anbietet. Ein (relativ gesehen) glücklicher Mensch in einem (relativ) glücklichen Leben.
 
Doch was, wenn die Prothesen wegfallen? Wenn der Staat wackelt und die Arbeitslosigkeit steigt? Wenn tagtäglich Verfehlungen der Politiker in den Nachrichten zu hören sind, der Wert des eigenen Geldes verfällt und immer mehr Menschen in Armut leben? Wenn vielleicht sogar der Staat stirbt, in dem man aufgewachsen war, und man holterdipolter in ein neues System geworfen wird - egal, wie erwünscht dieser Wandel war?
 
Fallen die äußeren stabilen Strukturen weg, dann brechen die Menschen auch innerlich zusammen, d. h. die alte, als Baby oder Kleinkind weggesperrte Angst bricht durch. Der undefinierbare innere Terror kommt wieder hoch und wird als neu erlebt, denn die Erinnerungen daran sind mit der Kleinkindphase längst verschwunden. Der Mensch will diese Angst jedoch nicht spüren, sie ist im wahrsten Sinne des Wortes unerträglich. So wird sie in Wut umgewandelt. Wut ist besser, denn Wut lässt sich lenken - auf andere. Wut kann man ausleben, auf andere übertragen, dann geht sie, zumindest kurzzeitig, weg.  
"Viele Menschen haben diesen Hass gegen die Schwäche in sich, aber der Hass schläft mehr oder weniger, solange die Welt in ihren Fugen zu sein scheint, solange sie Arbeit haben, solange alles in Ordnung ist. Doch in dem Moment, wo Dinge auseinanderfallen, weil gesellschaftliche, finanzielle, wirtschaftliche Verhältnisse und Status-Beziehungen sich ändern, erwacht der Hass. Man fühlt sich bedroht, so dass das Opfer in einem, das ist ja der "Fremde", sich wieder regt. [...] Das Fremde ist zum Opfer geworden, als die Eltern es nicht akzeptieren konnten, dass wir so sind, wie wir sind. In Zeiten der Veränderung, bei wirtschaftlichem Umschwung, wenn die Situation gesellschaftlich brenzlig wird, erwacht dann das alte Opfer, der alter Hass, den wir gegen uns hegen, und dieser Hass gegen den Fremden [in uns] veräußert sich in einen allgemeinen Hass gegen alles Fremde außerhalb von uns. Das ist der Grund, warum in Zeiten der Unsicherheit der latente Hass gewalttätiger wird." [Gruen, A. Hass in der Seele, 2001: 56]
Das ist der Punkt, an dem wir uns heute befinden. Wir leben in einem Sozialstaat, uns geht es relativ gut. Doch tagtäglich hören wir, welcher Politiker mal wieder gelogen und betrogen hat, um sich selbst zu bereichern. Auf der anderen Seite gibt es noch immer fast 2 Millionen Arbeitslose in diesem Land. Wer kein Abitur aufweisen kann, für den wird es immer schwieriger, eine feste Arbeit zu bekommen. Manche Gehälter reichen nicht aus, um davon zu leben, geschweige denn, eine ganze Familie zu ernähren. Die Mieten steigen, die Preise für Essen und Kleidung auch. Der Wert des Geldes dagegen verfällt.

Und dann kommen auch noch Flüchtlinge zu uns! Tausende Flüchtlinge, die wir aufnehmen sollen, obwohl es dem "kleinen Mann" in unserem Staat doch sowieso schon schlecht geht - so denken die Menschen da draußen auf der Straße, die gerade in Heidenau und anderswo gegen die Fremden demonstrieren.

Hier, genau hier, ist der Punkt, an dem aus einem friedlichen Bürger ein besorgter Bürger wird. Mancher wird gar zum Wutbürger. Hier ist der Ausgangspunkt der neuen fremdenfeindlichen Bewegung in Deutschland. Der Hass, der den Flüchtlingen nun entgegenschlägt, ist ein Symptom für die alte kindliche Verletzung, die eine auf der schwarzen Pädagogik basierende Erziehung in uns allen ausgelöst hat.

Das Problem daran ist, dass das den Menschen da draußen auf der Straße, die mit Böllern gegen Flüchtlingsheime demonstrieren, nicht klar ist und sie das auch nicht glauben würden, wenn man es ihnen sagte. Der Prozess des Verstehens ist ein langwieriger und steiniger, der nur gegangen werden kann, wenn man selbst unter seinen Hassgefühlen leidet und ihren Ursprung verstehen möchte.
 

Noch ist Hoffnung


Und doch ist nicht alles verloren. Die Menschen da draußen, die Besorgten und die Wütenden, sie sind nicht "böse". Sie sind wie du und ich. In ihnen steckt noch immer Mitgefühl, es ist nur verschüttet. Man kann sie noch erreichen - noch sind sie keine Nazis. Sie könnten aber welche werden.

Wenn ihnen jetzt nicht zugehört wird, wenn ihre Ängste nicht ernst genommen werden, dann erreicht man sie nicht. Man drängt sie nur weiter in die Ecke des Fremdenhasses. Mit jedem Fingerzeig auf sie, mit jedem negativen Artikel über sie, mit jedem Lächerlich-Machen ihrer Argumente gegen die Fremden verfestigen wir ihren Trotz und drängen sie an den rechten Rand.

Schlimmer noch - wir tun dann dasselbe wie sie: Wir suchen uns einen Sündenbock, auf den wir entrüstet zeigen können und der unser neues Feindbild darstellt. Jemand, der ohne Mitgefühl den besorgten Bürgern "die Schuld" zuschiebt, handelt genauso wie sie, wenn sie "den Fremden" die Schuld zuweisen. In beiden Fällen wird der eigene Schmerz in Wut auf "den anderen" umgewandelt.
 

Wir müssen zuhören! 


Ich sage: "Stoppt das Lächerlich-Machen der Wutbürger!" Denn wie ein kleiner Junge, der auf dem Spielplatz die anderen Kinder triezt und schlägt, wollen auch die besorgten Bürger nur (unbewusst) auf ihren Schmerz aufmerksam machen. Und ja - natürlich müssen sowohl der schlagende Junge, als auch die Wutbürger davon abgehalten werden, anderen Schaden zuzufügen! Doch gleichzeitig muss man ihnen zuhören. Man muss hinter ihr Verhalten schauen und sie verstehen. Erst dann, erst, wenn wir ihnen Verständnis und Mitgefühl entgegenbringen, werden sie offen sein für die Veränderung ihres Verhaltens.

Verständnis aufzubringen, sich in einen besorgten Bürger einzufühlen, bedeutet nicht, gutzuheißen, was er da auf der Straße tut. Es bedeutet, ihn als Menschen mit Ängsten ernst zu nehmen und für diese Ängste Verständnis aufzubringen, auch, wenn klar ist, dass die daraus resultierenden Taten, wenn sie Recht brechen, bestraft werden müssen.

Eigentlich sollten die Politiker dieses Landes den besorgten Bürgern zuhören. Eigentlich sollten die Politiker dieses Landes den besorgten Bürgern Mitgefühl und Verständnis für ihre Situation und ihre Ängste entgegenbringen. Eigentlich.

Doch schaut in Richtung Politik. Das Schweigen der Oberen ist so laut, dass mir die Ohren weh tun. Sie sitzen auf ihrem Regierungsthron und haben selber Angst. Sie wissen nicht, wie sie dieser Welle des Hasses begegnen sollen. Sie haben nie gelernt, empathisch zuzuhören. Das ehrliche Mitgefühl, das ehrliche Trösten ist ihre Sache nicht.

Deshalb müssen wir das übernehmen. Irgendjemand muss zuhören! Es ist wichtig, diesen Punkt nicht zu verpassen. Noch sind die Besorgten und die Wütenden keine Nazis, doch es ist kein weiter Weg dorthin. Steht auf, sage ich, steht auf und öffnet eure Ohren! Hört zu, was sie sagen und versucht mit offenem Herzen zu hören, was sie ängstigt und bewegt.
 

Die Fremden nehmen uns alles weg


"Die Fremden wollen uns Weihnachten weg nehmen, in Berlin gibt es schon keinen Weihnachtsmarkt mehr", "Das Sankt-Martins-Fest in einem Kindergarten wurde nun in Sonne-Mond-und-Sterne-Fest umbenannt!", "Die Männer kommen nur her, um unsere Frauen und Kinder zu schänden!", "Die Asylanten haben alle fette Smartphones und die haben sie von unseren Steuergeldern bekommen!", "Die kommen gar nicht her, weil sie aus dem Krieg flüchten, sondern weil sie hier mal richtig Urlaub auf unsere Kosten machen wollen!"... Natürlich sind das lächerliche Argumente. Doch der Mangel an Validität ihrer Behauptungen zeigt nur den starken Grad der Angst an, mit der sie zu kämpfen haben.
 
 
Was passiert denn, wenn "unser Weihnachten" wegfällt, oder "unser Sankt-Martis-Fest" nicht mehr so genannt werden darf? Die äußeren Strukturen fallen weg, das passiert. Das Bekannte, das Sicherheitgebende, das Schon-Immer-Da-Gewesene würde wegfallen und mit ihm der äußere Halt. Was passiert, wenn andere "auf unsere Kosten und von unseren Steuergeldern" leben? Genau - uns fehlt das Geld, um uns glücklich zu kaufen. Die besorgten Bürger sehen all ihre Prothesen bedroht und sie schlagen um sich, weil es leicht ist (und menschlich), den Grund für ihre Angst dafür in anderen zu suchen. Es sind ganz und gar irrationale Ängste, ja, aber das bedeutet nicht, dass sie weniger beängstigend  sind.

Wir müssen ihnen also zuhören und ihre Ängste anerkennen, denn für sie selbst sind sie real. Erst, wenn sie sich in ihrer Angst angenommen fühlen, wird diese so weit zurückgehen, dass sie wieder offen werden für unsere Erklärungen und Argumente. Und dann, erst dann, können wir ihr Mitgefühl wecken für die Anderen, die Fremden, die zu uns kommen und gar keine Bedrohung darstellen.

Das empathische Zuhören funktioniert übrigens nur im realen Leben. Verschwendet eure Zeit nicht auf Facebook und Co - die Menschen dort sind nicht offen für eure Empathie. Sie werden sie nicht spüren, das gibt das Medium Internet einfach nicht her. Was ich meine ist, euren Nachbarn zuzuhören. Den anderen Eltern auf dem Spielplatz, der Frau in der Aldi-Schlange, dem Mann auf der Parkbank. Im direkten Kontakt nur kann man wirklich zuhören und mitfühlen und nur dann spürt es eurer Gegenüber auch. Und nur, wenn sie eurer Verständnis für ihre Ängste spüren, lindert das ihre Wut.
 

Nicht in allen Fällen hilft das Zuhören


Reden wir über Nazis. Über die, die nicht nur demonstrieren, sondern anzünden und totschlagen. Wie stoppt man diese Menschen?

Zur Beantwortung dieser Frage müssen wir einen kleinen Exkurs in die Hirnforschung machen. Menschen, die autoritär erzogen wurden (also quasi alle heute erwachsenen Menschen) sind aufgewachsen mit Strafen oder Konsequenzen, wenn sie "etwas Böses" gemacht haben.

Stellen wir uns einen Jungen vor, der aus Quatsch einem anderen Kind das Spielzeug wegnimmt und damit johlend umherläuft, während das andere Kind weinend oder jammernd hinterherläuft. Wie würden die Eltern heute reagieren? Wie haben sie damals reagiert? Ganz klar, der Junge würde sicherlich das Spielzeug von einem Erwachsenen entrissen bekommen, und dieser würde dann das Spielzeug dem ursprünglichen Besitzer zurückgeben. Vielleicht würde der Erwachsene zusätzlich mit dem Wegnehmer zur Strafe nach Hause gehen, weil er so "ungezogen" war, einen anderen zu ärgern.

Was passiert in dieser Situation im Gehirn oder auch: Was hätte im Gehirn passieren können? Hier wäre eine gute Situation gewesen, Mitgefühl und Selbstkontrolle zu erlernen. Hätte der wegnehmende Junge die Zeit bekommen, zu erkennen, dass dem anderen Kind das Spiel nicht gefiel; hätte er sehen können, dass das andere Kind weint; hätte er von selbst stoppen dürfen und nach eigener Einschätzung der Situation ("Wie würde ich mich fühlen?") das Spielzeug allein zurückgegeben - dann hätten sich wichtige komplexe Nervenbahnen gebildet, die ihm später helfen würden, Situationen aus dem Blickwinkel eines anderen empathisch zu betrachten. Er würde dann mühelos erkennen, dass ein Flüchtling seine Hilfe und Unterstützung braucht und keine Bedrohung darstellt.

Doch indem die Erwachsenen die Lösung der Situation in ihre Hände nahmen, verhinderten sie die Ausbildung der Selbstkontrolle und der Empathie. Im Gehirn bildeten sich stattdessen Nervenbahnen, die nur aktiviert werden, wenn eine "Machtinstanz" eine Strafe androht. Für das Gehirn macht es einen gewaltigen Unterschied, ob Selbstkontrolle erlernt wurde, weil der Mensch die Not des anderen erkannte ("Ich gebe das Spielzeug zurück, weil ich sehe, dass der andere Junge weint.") oder weil ein Erwachsener es verlangte ("Gib es zurück, oder wir gehen sofort nach Hause!") Die Nervenbahnen, die im zweiten Fall gebildet werden haben nichts mit Selbstkontrolle und Empathie zu tun, sondern sind Nervenbahnen des Gehorsams. Sie werden nur dann aktiviert, wenn eine Strafe im Hintergrund droht und diese Strafe wirklich als bedrohlich anerkannt wird. 
 
 

Selbstkontrolle versus Gehorsam


Von außen gesehen ist Selbstkontrolle und Gehorsam gar nicht so leicht zu unterscheiden. Erst, wenn die Androhung einer Strafe wegfällt bzw. die Machtinstanz nicht mehr anerkannt wird (beispielsweise, wenn der schlagende Vater vom 16-jährigen Sohn nicht mehr als bedrohlich empfunden wird, weil er nun stärker ist und zurückschlagen kann) erkennt man den Unterschied.

Ein Jugendlicher, der als Kind durch "logische Konsequenzen" davon abgehalten wurde, seine Füße in der Straßenbahn auf den Sitz zu stellen ("Füße runter, oder wir steigen aus und du kannst den Weg laufen!"), wird vermutlich seine Füße extra auf den Sitz legen - weil er es kann. Weil es niemanden gibt, der ihn in diesem Alter mehr strafen kann und weil er Genugtuung darüber empfindet. Ein Kind dagegen, das selbst einmal eine dreckige Hose durch einen verschmutzten Sitz bekommen hat bzw. die Gelegenheit erhielt, sich selbst dafür zu entscheiden, nicht die Füße auf den Sitz zu legen, weil es verstanden hat, dass das andere Menschen ärgert oder ihnen Schaden zufügt, wird auch als Jugendlicher nicht den Drang verspüren, die Füße auf den Sitz zu legen, ganz unabhängig von Strafe. Weil seine Nervenbahnen für Selbstkontrolle und Empathie ausgebildet sind und ihn diese in diesem Augenblick davon abhalten, den Sitz zu beschmutzen.

 

Empathielose und zum Gehorsam erzogene Menschen


Leider sind wir fast alle (unsere Eltern und Großeltern erst recht) zum Gehorsam erzogen worden - unsere Nervenbahnen sind also eher darauf ausgerichtet, etwas nicht zu tun, weil wir Konsequenzen vermeiden wollen. Wir fahren zum Beispiel innerhalb des Tempolimits, wenn wir wissen, das an einer bestimmten Stelle ein Blitzer steht, fahren jedoch schneller, wenn wir vermutlich nicht erwischt werden.

Kommt dieser Fakt zusammen mit einer sehr frühen Abspaltung von von den Eltern ungeliebten Teilen unseres Selbst (indem wir Schreien gelassen wurden, nach Uhr gefüttert wurden, uns bei Schmerz gesagt wurde "Ist nicht schlimm!" etc.), dann kann es sein, dass ein unheilvolles Gemisch entsteht, aus denen Nazis, Mörder und U-Bahnhof-Totschläger entstehen.

Und dann haben wir als Nation ein Problem, denn diese Nazis, die nicht davor zurückschrecken, Flüchtlingsheime anzuzünden, auf Kinder in U-Bahnen zu urinieren oder dunkelhäutige Menschen wie im Rausch zu Tode zu treten, können nicht mehr nur durch Reden und unser Verständnis für ihre Ängste gestoppt werden. Die Empathie, mit der sie geboren wurden, ist so tief unter seelischer Verletzung vergraben, dass es schon einen Profi braucht, um sie auszugraben. (Es gibt auch Hoffnung noch für diese Menschen, aber zuerst müssen sie lernen, ihren eigenen Schmerz zu fühlen, bevor sie den Schmerz von anderen fühlen können und dazu bedarf es einfach tiefenpsychologischer Behandlung, die auch noch selbst gewollt sein muss.)

Es gibt trotzdem etwas, das wir tun können. Denkt an ihre Nervenbahnen - sie reagieren auf den Stopp-Ruf eines machtvollen Gegenübers. Jemand, der sehr viel Macht innehat und Strafen verteilen kann, kann ihnen Einhalt gebieten.

Auch hier wären wieder die Politiker gefragt, nicht wahr? Ja, hier umso mehr! Doch können wir uns auf ihr Einschreiten verlassen? Nein - sonst hätten sie es längst getan. Die Flüchtlingsheime brennen nur, weil die Nazis da draußen das Gefühl haben, dass es keinen gibt, der sie stoppen kann. Wie die Teenager, die sich in der Gruppe trauen, ihre Füße auf die Sitzpolster der öffentlichen Verkehrsmittel zu stellen, weil sie das Schimpfen der umstehenden Erwachsenen nicht mehr fürchten, trauen sich Nazis nun viel, viel schlimmere Dinge - weil sie Politiker, Polizei und Richter nicht mehr fürchten. Und je bewegungsloser und stummer diese Staatsmächte weiterhin reagieren, desto mehr werden sich die Nazis unserer Zeit trauen.
 
 
Deshalb müssen wir mächtigwerden und uns ihnen entgegenstellen. Wir werden mächtig als große Gruppe. Wenn wir viele sind und uns gemeinsam aufstellen um zu sagen: "Stopp! Das dürft ihr nicht tun! Wir lassen es nicht zu!", erreichen wir etwas. Es muss einen neuen Aufstand der Anständigen geben, wir haben keine andere Wahl. Als einzelne sind wir angreifbar und wir bilden auch keine Machtinstanz, die den Mob stoppen könnte. Als Gruppe sind wir stark. Stark genug, um dem Wahnsinn Einhalt zu gebieten.  
"[...] Massenkundgebungen sind sehr wichtig, denn viele Leute sind sehr stark von Autorität zu beeindrucken, und die orientieren sich daran, wenn so viele Menschen so offen Stellung beziehen für Mitgefühl und gegen Hass. Das ist wichtig, weil das denen zu denken gibt. Sogar, wenn sie es noch nicht fühlen." [Gruen, A., Hass in der Seele, 2001: 1309]
 

Dann wären wir ja alle Nazis!

 
Nun mögt ihr beim Lesen meines Textes gedacht haben: "Das kann ja gar nicht sein. Wir sind doch alle so erzogen worden - dann wären wir ja alle Nazis und sind es aber nicht." Das stimmt - wir sind es nicht. Wir haben Glück gehabt, dass die Faktoren in unserem Leben trotz ähnlicher Voraussetzungen anders zusammengewirkt haben. Vielleicht gab es in unserem Leben eine herzensgute Oma, die uns zuhörte? Oder den Lehrer, dem man seinen Schmerz anvertrauen konnte? Vielleicht hatten wir einfach auch mehr Resilienz als andere?
"Es gibt keine objektiven Kriterien, die uns erlauben würden, die eine Kindheit als "besonders schlimm" und die andere als "weniger schlimm" zu bezeichnen. Wie ein Kind sein Schicksal erlebt, hängt auch von seiner Sensibilität ab, und die ist von Mensch zu Mensch verschieden. Außerdem gibt es in jeder Kindheit winzige rettende wie auch vernichtende Umstände, die sich einem Beobachter von außen entziehen können. Diese schicksalhaften Faktoren lassen sich kaum beeinflussen. [...] Wenn man aus der analytischen Praxis weiß, mit welchen Staudämmen und Aggressionen und um welchen Preis an Gesundheit gut funktionierende und unauffällige Menschen leben müssen, dann könnte man denken, dass es jedes mal ein Glück, aber keine Selbstverständlichkeit war, wenn einer nicht zum [...] Verbrecher wurde." [Miller, A., Am Anfang war Erziehung, 1983, 234ff].
Wir alle sitzen auf einem Pulverfass narzisstischer Kränkung, denn wir hatten alle leider eine von der Schwarzen Pädagogik geprägte Erziehung. Du und ich, wir tragen das gleiche Potential in uns. Wir haben nur andere Möglichkeiten gefunden, damit zu leben. Psychose, Drogensucht, Anpassung, Depression, Delegation der Staudämme aufs eigene Kind, Kaufsucht, Alkoholismus.... die Liste ist lang und die Grade der Ausprägung verschieden. Es ist ein Glück, aber keine Selbstverständlichkeit, dass wir nicht alle zu Nazis geworden sind.
 

Was können wir für zukünftige Generationen tun?


"Wir bewundern Menschen, die in totalitären Staaten Widerstand leisten, und denken: die haben Mut oder eine "feste Moral" oder sind "ihren Prinzipien treu" geblieben oder ähnlich. Wir können sie auch als naiv belächeln und finden: "Merken die nicht, dass ihre Worte gegen diese erdrückende Macht gar nichts nützen werden? Dass sie ihr Aufbegehren teuer werden büßen müssen?" Aber möglicherweise sehen beide, sowohl der Bewundernde als auch der Verachtende, am Eigentlichen vorbei: Der Einzelne, der seine Anpassung im totalitären Regime verweigert, tut dies kaum aus Pflichtbewusstsein oder Naivität, sondern weil er nicht anders kann, als sich treu zu bleiben. [...] Ein Mensch mit lebendigen Gefühlen kann nur er selber sein. Er hat keine andere Wahl, will er sich nicht selbst verlieren. Die Ablehnung, die Ausstoßung, der Liebesverlust und die Schmähungen lassen ihn nicht gleichgültig, er wird unter ihnen leiden und sich vor ihnen fürchten, aber er wird sein Selbst nicht verlieren wollen, wenn er es einmal hat. Und wenn er spürt, dass etwas von ihm verlangt wird, zu dem sein ganzes Wesen "nein" sagt, dann kann er es nicht tun. Er kann es einfach nicht. So geht es Menschen, die das Glück hatten, der Liebe ihrer Eltern sicher zu sein [...]." [Miller, Alice, Am Anfang war Erziehung, 1983, 105f] 
Was wir also tun können?  Unsere Kinder bedingungslos lieben. Und statt auf Erziehung zu pochen, lieber Beziehung leben. Dann wird es in Deutschland kein Viertes Reich geben und die Menschen werden keinen hohlen Phrasen mehr glauben schenken. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Wir haben schon angefangen, ihn zu gehen. Ich wünsche mir, dass noch mehr Eltern sich dazu entscheiden, uns zu begleiten.

© Snowqueen
 

Literatur


Die schlauen Gedanken dieses Textes sind natürlich nicht auf meinem eigenen Mist gewachsen, ich habe sie aus verschiedenen Büchern zusammengetragen und vielleicht ein wenig leichter verständlich gemacht. Wer daran interessiert ist, tiefer in die Materie einzudringen, kann das hier tun:









Der Stoffwindel-Online-Kurs von mein.windelwissen.de

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Als ich vor gut einem Jahr begann, Stoffwindeln zu nutzen, nahm ich sowohl eine persönliche Windelberatung, als auch ein online bestelltes Stoffwindel-Testpaket in Anspruch, um erst einmal herauszufinden welche Windeln zu uns passen und welche Waschroutine ich mir aneignen sollte.

Die Windelberatung


Meine Windelberaterin Franzi kam zu mir nach Hause und war super nett, sehr geduldig und flexibel. Trotzdem waren die zwei Stunden mit ihr sehr anstrengend, weil natürlich eine Flut an Informationen über mich hereinbrach, immer unterbrochen von zwei laut herumspringenden Dreieinhalbjährigen und einem schniefend nach Muttermilch suchenden Neugeborenen in meinem Arm.

Das Testpaket


Das Testpaket war wunderbar zusammengestellt und netterweise sogar gleich mit passendem Waschmittel bestückt. Es lag eine detaillierte Liste zur Waschroutine jeder einzelnen Windel bei, der ich akribisch folgte (und trotzdem eine Windel verfärbte). Die Windeln waren sofort einsatzbereit und ich konnte sie mir dann genauer ansehen, wenn meine Kinder mir gerade Zeit ließen. Ich fühlte mich bei der Nutzung aber trotzdem sehr unsicher und ein wenig allein gelassen. Außerdem musste ich mir das theoretische Wissen zu den Windeln noch mühsam selbst zusammensuchen - welche Windel passt mit welcher Einlage und brauche ich noch eine Überhose dafür? Das fand ich sehr anstrengend und nervig.

Eigene Online-Recherche


Bis ich dann endlich meine Windelseite fand. Plötzlich ging die Sonne auf: Auf windelwissen.de fand ich alles sehr, sehr übersichtlich dargestellt, detailliert erklärt und mit nützlichen Tipps und Tricks gespickt. Ich brauchte nicht mehr endlos surfen, alle meine Fragen wurden auf dieser einen Seite beantwortet. Juchu!

Fazit nach einem Jahr


Nun benutzt mein Sohn, wie ich schon schrieb, seit etwa einem Jahr Stoffwindeln. Ich mag sie, ein riesiger Fan bin ich allerdings nicht geworden. Ab und zu nutze ich auch noch Wegwerfwindeln, meist dann, wenn er morgens sein großes Geschäft nicht wie gewohnt beim Abhalten erledigt hat oder auch, wenn ich weiß, dass ich sehr lange unterwegs sein werde ohne Wickelmöglichkeit. Das ist so etwa 1x pro Woche. Ich habe eine Waschroutine, die funktioniert und die Windeln weiß und ohne Geruch aus der Maschine entlässt. Das Aufhängen, Abnehmen und Zusammenfalten nervt mich zunehmend und das ist auch der Grund, warum ich eben nicht restlos begeistert bin. Ich mag Wäschewaschen nicht sonderlich und die Windeln machen zwei zusätzliche Ladungen pro Woche aus.

Was ich allerdings an Stoffwindeln liebe, ist ihre Geruchsneutralität. Sie riechen einfach gar nicht. Auch wenn Pipi drin ist, riechen sie nicht. Ist das große Geschäft in die Windel gegangen, muss ich dreimal am Po meines Sohnes schnüffeln und bin dann oft immer noch nicht sicher und gucke nach. Wegwerfwindeln stinken mittlerweile bestialisch für mein Empfinden. Das war mir früher, als ich sie bei meinen Töchtern nutzte, überhaupt nicht aufgefallen. Hat mein Sohn eine WWW an, und es ist Pipi drin, wenden sich meine 5-Jährigen oft angewidert ab: "Der Babybub stinkt!" Auch in Kombination mit AA sind die Wegwerfwindeln viel geruchsintensiver. Ich kann mittlerweile im Kindercafé aus drei Metern Entfernung bestimmen, welches Baby gerade einen  Haufen in die Windel gemacht hat....


Alles in allem darf ich mich wohl eine Stoffwindel-Mama nennen, aber eine, die irgendwie nur mit halbem Herzen dabei ist. Vielleicht fehlen mir noch ein paar Tipps und Tricks, die mir das Leben erleichtern?

Unter diesem Gesichtspunkt kommt es mir sehr recht, dass windelwissen.de nun einen eigenen Online-Kurs hat. Ist das cool? Diese Form der Wissensaneignung ist echt wie für mich gemacht, deshalb bin ich vor Freude quasi in die Luft gehüpft, als mir angeboten wurde, den Kurs für euch kostenlos auszuprobieren und zu rezensieren.

Der Windelwissen-Online-Kurs

 
Meldet man sich auf http://kurs.windelwissen.de an, öffnet sich eine weit verzweigte, aber klar strukturierte Internetseite. Man kann wählen zwischen den Unterpunkten START, KURS, FORUM, MITGLIEDER und IMPRESSUM.

Da ich gleich anfangen wollte, ohne mir groß alles anzugucken, habe ich sofort auf den KURS-Button geklickt. Es öffnete sich eine Übersicht über 8 Module:
 

Jedes Modul ist gleich aufgebaut. Es gibt ein sehr ausführliches Video, in dem Julia an einem Tisch sitzt, Windeln in der Hand hat und verschiedene Sachen dazu erklärt. Das ist fast, als säße eine Windelberaterin in deinem Wohnzimmer, nur, dass man selbst den Zeitpunkt bestimmen kann, zu dem man die Informationen abrufen will oder kann.

Bei mir ist es so, dass ich bei der Einschlafbegleitung meiner Kinder relativ viel tote Zeit habe, die ich bisher immer bei Twitter und Co verdaddelte. Nun konnte ich mit Kopfhörern im Bett liegen und so nebenbei ein bisschen lernen. Richtig cool finde ich, dass die Inhalte unter den Videos immer noch einmal schriftlich festgehalten sind. Kann man also gerade kein Video gucken, weil z. B. kein W-LAN in der Nähe ist, kann man einfach auf das geschriebene Wort zurückgreifen. Ich empfehle aber, immer beides anzugucken, weil es immer mal Kleinigkeiten gibt, die entweder im Video oder im Text nicht erwähnt werden.



Jedes Video ist beliebig oft abrufbar, auch die Reihenfolge, in der ihr lernen wollt, bleibt euch komplett überlassen. Bei mir war es zwar so, dass einige Videos noch nicht freigeschaltet waren, aber das wird jetzt in der zweiten Runde der Anmeldungen nicht mehr so sein. Wenn euch ein Thema nicht interessiert, überspringt ihr es einfach. Das Motto dieses Online-Kurses ist: "Alles kann, nichts muss", das finde ich angenehm undogmatisch.

Julia
Sehr cool ist die Fragefunktion unter jedem Video. Wie bei einer Real-Life-Windelberatung kann man, wenn man etwas nicht ganz verstanden hat, direkt eine Frage ins Formular eingeben und erhält in der Regel kurzfristig professionelle Antwort. Meine Testfrage wurde innerhalb einer halben Stunde beantwortet, das empfinde ich als sehr angemessenen Zeitraum (und ich frage mich echt, wie Julia das macht - sitzt sie den ganzen Tag vorm PC?).

Auch die anderen Funktionen, wie Extras und das Forum, sind sehr interessant und lohnenswert. Das Forum muss sich über die Jahre vielleicht noch ein bisschen aufbauen, aber schon jetzt kann man dort mit sehr netten anderen Stoffwindelmüttern quatschen. tatsächlich lohnt sich der Preis von 33 EUR für den Online-Stoffwindelkurs allein schon wegen dieses Forums! Es erinnert mich ein wenig an den Stoffwindelchat bei Facebook, was schön ist, da ich Facebook aus Zeitgründen aus meinem Leben geworfen habe und das nette Miteinander der Mütter vermisst habe. Spannend sind da auch die Fragen der anderen - auf manche wäre ich gar nicht gekommen, aber die Antworten und Tipps sind dann auch für mich immer sehr hilfreich. Geballtes Schwarmwissen ist nicht zu unterschätzen.

Fazit des Online Stoffwindel-Kurses bei Kurs.Windelwissen.de


Mein Fazit ist, dass sich der Preis des Online-Kurses in jedem Fall lohnt, weil man sehr viel Input auf eine sehr angenehme, bequeme Art und Weise bekommt. Ich hatte beim Anschauen der Videos nicht das Gefühl, etwas lernen zu "müssen" oder belehrt zu werden. Es war eine wirklich angenehme, kurzweilige Erfahrung. Auch als relativ erfahrene Stoffwindelmama habe ich so einiges Neues aus den Tutorials gelernt und war hinterher viel motivierter, bei Stoffwindeln zu bleiben. Das Waschen und Zusammenlegen nimmt mir leider trotzdem niemand ab - das ist doch eine echte Marktlücke, oder? Will sich da jemand mit selbstständig machen und mir das abnehmen?

Für alle, die den Online-Kurs selbst ausprobieren wollen, können wir sogar einen Rabattcode bereitstellen (aber pssst, nicht weitersagen!). Einfach: DGWAZ178 eingeben und ihr bekommt 10 % Rabatt auf den regulären Preis von 33 EUR!

© Snowqueen
 
 

Mein Baby lässt sich nicht ablegen und wacht ständig auf

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Baby schläft und lächeltNachdem ein Neugeborenes endlich (zum Beispiel dank der hier beschriebenen Beruhigungsmethode für Babys) in den Schlaf gefunden hat, stellt sich für viele Eltern ein weiteres Problem: Hilfe! Das Baby wacht ständig wieder auf. Egal wie vorsichtig sie es auch anstellen – kaum wird das Baby abgelegt, prompt ist es wieder wach. Selbst wenn das Ablegen gelingen sollte – nach regelmäßig 20 bis 50 Minuten wacht das Kind trotzdem wieder auf und findet nicht wieder in den Schlaf, obwohl es offensichtlich keineswegs ausgeschlafen ist.

Cover des Buches "Kinder verstehen"Das liegt daran, dass Kinder evolutorisch so "programmiert" sind, dass sie stets den Schutz von Erwachsenen suchen. In der Urzeit wären Kinder, die irgendwo abgelegt wurden und dann friedlich tief und lange schliefen, recht bald wilden Tieren zum Opfer gefallen. Leider wissen unsere kleinen Babys nicht, dass sie mittlerweile gut beschützt hinter dicken Mauern wohnen und in Sicherheit sind, daher prüfen sie ununterbrochen, ob sie allein sind. Allein sein bedeutet Hilflosigkeit - vor Tausenden von Jahren ein quasi Todesurteil - mehr dazu im großartigen Buch "Kinder verstehen" von Herbert Renz-Polster.
 

Babys schlafen in gleich langen Phasen

 
Babys schlafen in Schlafphasen – diese sind zwischen 20 und 50 Minuten lang. Die Schlafphasenlänge unseres Sohnes waren exakt 40 Minuten – er schlief im ersten Lebensjahr stets 40, 80 oder 120 Minuten am Stück. Man konnte regelrecht die Uhr danach stellen. Unsere Tochter hatte einen Zyklus von 50 Minuten, der ebenso regelmäßig war.

In den ersten zwei bis drei Lebensmonaten fallen Neugeborene zunächst erst einmal in den Traumschlaf (REM-Schlaf). Diese Schlafart ist sehr anfällig für Störungen - das Kind schläft nur "leicht". Der REM-Schlaf ist unter anderem an Bewegungen der Gliedmaßen, schnellerer Atmung und Augenflattern zu erkennen. Erst nach etwa 20 Minuten fällt das Kind in den Tiefschlaf, es atmet langsam und regelmäßig und bewegt sich kaum noch – sensible Babys würden erst jetzt ein nicht mehr bemerken, wenn sie abgelegt werden.

Ist die Tiefschlafphase vorbei, taucht das Kind wieder in eine leichtere Schlafphase. Dort prüft es unbewusst, ob noch alle Bedingungen so sind, wie sie beim Einschlafen waren, denn Neugeborene schlafen nur ein, wenn sie sich absolut sicher fühlen. Am sichersten fühlt sich ein Baby, wenn es bewegt wird. Das heißt: Es ist jemand da, der sich um mich kümmert! Ich bin ich Sicherheit und liege nicht ungeschützt irgendwo herum, ich werde beschützt! Haben sich die Umgebungsbedingungen geändert, bedeutet das für das Baby, dass es unbedingt prüfen muss, ob es noch immer sicher ist. Daher wird es sofort aufwachen – ist niemand in der Nähe, der es sofort beruhigt, schläft es nicht wieder ein – auch wenn es noch müde ist. Das erklärt auch, warum Kinder in Tragehilfen, Kinderwagen und Autos am längsten schlafen, die Bewegung suggeriert ihnen Sicherheit, die "Ist-denn-noch-alles-so-wie-es-war"-Prüfung ist schnell beendet und die nächste Schlafphase wird angeschlossen.
 

Mein Baby lässt sich nicht ablegen - was kann ich tun?

 
Am einfachsten ist es, wenn das Baby von Anfang an in seinem Bett ohne Hilfe einschläft. Beim Übergang von einer Schlafphase in die andere sind die Bedingungen unverändert, so dass es in der Regel mühelos in die nächste Phase gleitet. Mit dem sanften Ablösen schaffen es viele Kinder, irgendwann auch ohne Hilfe einzuschlafen.

Dass Kinder unproblematisch allein in ihrem Bett einschlafen, ist aber leider eher der Ausnahmefall. Seit Jahrtausenden sind Menschenkinder als Traglinge darauf angewiesen, dass sie von ihren Eltern beschützt werden. Daher suchen sie in der Regel deren Nähe und fühlen sich nur sicher, wenn sie Körperkontakt haben. Daher ist das der Normalzustand eher ein nur in den Armen der Eltern einschlafen wollendes Kind. Man sollte dieses Grundbedürfnis erfüllen und sich bewusst machen, dass dieses Schlafverhalten auf die ersten zwei bis drei Lebensmonate begrenzt ist. Später wird man das Baby ohne weiteres nach wenigen Minuten ablegen können – bis dahin hilft leider einzig und allein: Auf die Tiefschlafphase warten. Es ist außerdem sinnvoll, das Kind in der Position abzulegen, wie es eingeschlafen ist – Lagerungswechsel stimulieren den Gleichgewichtssinn und signalisieren dem Baby „Gefahr“.
Schlafendes Baby in Kinderbett

Was kann man tun, wenn das Kind alle 30 bis 50 Minuten noch immer müde aufwacht?


Wie bereits beschrieben, prüfen Neugeborene in den Übergängen der Schlafphasen die Umgebung. Ist alles so, wie beim Einschlafen, kann sorglos in die nächste Phase übergegangen werden. Wacht ein Kind also ständig auf, ist es sinnvoll ihm dabei zu helfen, die Übergänge zwischen den Phasen zu meistern. Man hat sehr schnell ein Gefühl für die Länge der Phasen des eigenen Kindes (einfach mal ein paar Tage Protokoll führen, um das Muster zu erkennen).

Babys, die im Elternbett neben den Eltern einschlafen, erwachen gar nicht erst richtig, wenn man sich in der Übergangsphase wieder daneben legt. Kinder, die einen Nuckel haben, schlafen weiter, wenn ihnen in dieser Phase der Nuckel wieder in den Mund gesteckt wird, sollte er beim Schlafen heraus gefallen sein. Werden Babys einschlafgestillt, führt das Anbieten der Brust meist dazu, dass das Kind weiter schläft. Einige Stillkinder neigen dazu, irgendwann auch nachts in diesen Rhythmen aufzuwachen und wollen dann Dauerstillen.

Mein Sohn hat tagsüber lange in der Federwiege schlafen, ich habe ihn gepuckt in den Schlaf gewiegt. Da ich wusste, dass er alle 40 Minuten wach wird, konnte ich nach 39 Minuten die Federwiege wieder anstupsen, mich an die gleiche Stelle daneben setzen, wie beim Einschlafen und wenn er die Augen öffnete für seine „Überprüfung“ fand er genau die gleiche Situation vor, die er vom Einschlafen kannte.

Sachen, die Kinder "bewegen"


Viele Kinder brauchen zwingend Bewegungen zum Schlafen, so bald ihr Gleichgewichtssinn meldet, dass sie abgelegt wurden, wachen sie auf. Doch viele kluge Erfindungen schaffen Abhilfe!
Beispielsweise der Robopax, ein elektrisches Gerät, auf das Kinderwagen, Babyschalen oder gar ganze Betten gestellt werden und das durch seine gleichförmige Bewegung dafür sorgt, dass das Kind die Übergänge zwischen den Schlafphasen alleine bewältigt.
Die Sleepy-Einschlafhilfe funktioniert ganz ohne Strom und wird an den vier Füßen des Kinderbettes befestigt. Durch die Bewegungen des Kindes, wird das Bett nach dem Prinzip des Fadenpendels in Schwingungen versetzt. Ebenso gut funktionieren Federwiegen, z. B. Schlummerli , Nonomooder Lullababy.

Brio Bed Rocker werden ebenfalls an den Füßen des Babybetts befestigt und können mit dem Lolaloo verbunden werden - ein Gerät, das unglaublich effizient Kinderwagen und Betten in Schwingungen versetzt. Ganz allein schaukelt das Köglis Baby Schaukelding Kinderbetten.

© Danielle
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