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Meine Freundin Katrin hat mich auf eine aktuelle Neuerscheinung aufmerksam gemacht: "Geht es ohne Erziehung - Versuch einer Verständigung" von Eberhard Schulz. Der tologo-Verlag stellte uns freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung (weswegen ich verpflichtet bin, diesen Beitrag als Werbung zu kennzeichnen).
Der Titel hat natürlich sofort mein Interesse geweckt - denn diese Frage treibt mich durchaus um. Der Autor erklärt, dass sein Buch für alle Menschen geschrieben sei, die sich für den Umgang mit Kindern interessieren - es handele sich jedoch ausdrücklich nicht um einen Erziehungsratgeber. Es solle vielmehr die Frage geklärt werden, ob "es" ohne Erziehung ginge. Dazu sei zunächst erforderlich, den Begriff Erziehung zu definieren, da dieser in sehr unterschiedlichem Kontext und mit voneinander deutlich abweichendem Verständnis gebraucht wird.
Eberhard Schulz definiert im ersten Abschnitt seines Buches nach der ausschweifenden, aber nicht uninteressanten Betrachtung von Begrifflichkeiten wie "Walten", "Gewalt" und "Pädagogik" den Begriff Erziehung wie folgt:
Der Titel hat natürlich sofort mein Interesse geweckt - denn diese Frage treibt mich durchaus um. Der Autor erklärt, dass sein Buch für alle Menschen geschrieben sei, die sich für den Umgang mit Kindern interessieren - es handele sich jedoch ausdrücklich nicht um einen Erziehungsratgeber. Es solle vielmehr die Frage geklärt werden, ob "es" ohne Erziehung ginge. Dazu sei zunächst erforderlich, den Begriff Erziehung zu definieren, da dieser in sehr unterschiedlichem Kontext und mit voneinander deutlich abweichendem Verständnis gebraucht wird.
Eberhard Schulz definiert im ersten Abschnitt seines Buches nach der ausschweifenden, aber nicht uninteressanten Betrachtung von Begrifflichkeiten wie "Walten", "Gewalt" und "Pädagogik" den Begriff Erziehung wie folgt:
"Erziehung ist das, was absichtsvoll und bewusst getan wird, um einen anderen Menschen, über den man Macht hat, im Hinblick auf seine Entwicklung für die Zukunft zu beeinflussen" (S. 24).
Der nächste Abschnitt befasst sich mit der Frage "Kann Erziehung gelingen?" Die Frage ist insofern interessant, als dass sich das nicht messen lässt. Möglicherweise entwickelt sich ein Kind tatsächlich in die durch die Erziehung angestrebte Richtung - zweifelsfrei zu belegen, dass die Erziehung dafür ursächlich ist, scheint unmöglich. Kinder sind von zahlreichen anderen Personen, Faktoren und Umständen geprägt und allein ihr Gene beeinflussen ihre Persönlichkeit so nachhaltig, dass schwer zu bestimmen sein wird, inwieweit der elterliche Einfluss den Charakter geformt hat. Dazu wäre es erforderlich, das selbe Kind immer wieder unter verschiedenen Bedingungen aufwachsen zu lassen. Dass Erziehung "misslingen" kann, ist recht offensichtlich. Misslingen meint hier, dass sich das Kind nicht in die angestrebte Richtung entwickelt.
Die Frage, ob Erziehung gelingen kann, ist also nicht zu beantworten, weil das Ergebnis nicht überprüfbar ist. Ob sich ein Kind wegen, trotz oder vollkommen unabhängig von der Erziehung entwickelt, wie es das tut, ist nicht belegbar. Daher kann niemand für sich in Anspruch nehmen, das Richtige zu tun, weil das Ergebnis nicht vorhersagbar ist.
In einem weiteren Kapitel geht es um die vier Erziehungsstile nach Diana Baumrind. Sie unterscheidet den autoritären, den autoritativen, den permissiven und den indifferenten Erziehungsstil. Die Stile unterscheiden sich maßgeblich durch die Standhaftigkeit, emotionale Wärme und Strenge/Kontrollbereitschaft bei der Erziehung. Diese Unterscheidung geht aus verschiedenen Untersuchungen hervor, die jedoch nicht das "Tun" von Eltern betrachteten, sondern ihr "Sein". Ein autoritärer Vater beschließt nicht, dass er diese Form der Erziehung praktizieren möchte - er verfügt einfach über Eigenschaften, die ihn diese Erziehung (in der Regel ohne großes Nachdenken) anwenden lässt. Die Tatsache, dass unsere Erziehung also vielmehr davon geprägt ist, wie wir sind, als was wir tun, bestärkt die Vermutung, dass Erziehung nicht "gelingen" kann. Das führt unweigerlich zu der Frage, ob sie dann nicht eigentlich verzichtbar wäre. Der Autor startet das Gedankenexperiment "Verzicht auf Erziehung" und beleuchtet dabei, mit welcher Motivation man nicht (mehr) erziehen könnte.
Denkbar wäre z. B. aus antepädagogischer (kein Schreibfehler) Motivation, die das Kind als Mitglied einer Ordnung sieht, die aufrecht erhalten werden soll. Dabei ist der Erziehungsbegriff gar nicht bekannt - das Kind ist lediglich Untertan. Die persönliche Entwicklung des Kindes spielt keine Rolle. Die Baumrindsche Entspechung wäre der autoritäre Erziehungsstil. Erziehungsverzicht kann auch aufgrund von Prioritätensetzung erfolgen - alles andere ist einfach wichtiger, als sich mit Erziehung zu beschäftigen. Auch die Angst vor dem Scheitern könnte ein Motiv sein - bevor ich falsch erziehe, beschließe ich einfach bewusst, gar nicht zu erziehen. Eine weitere Motivation wäre eine antipädagogische Einstellung, bei der Erziehung als übergriffig und damit als unrecht betrachtet wird. Kinder haben in dieser Nichterziehung den gleichen Stellenwert, wie Erwachsene.
Im darauf folgenden Artikel "Wenn die Extreme sich berühren" geht es um die Antipädagogik und die gegensätzlichen Grundeinstellungen dazu (Braunmühl vs. von Schoenebeck). Es folgt ein Plädoyer zum Thema Selbstbestimmung, Partizipation und Grenzen. Immer wieder sagen Eltern, dass ihr Kind Grenzen zur Orientierung brauche, Eberhard Schulz bezweifelt jedoch, dass ein psychisch gesunder Mensch solche wirklich verlangt. Kinder wollen, dass ihre Grenzen eingehalten werden und sie versuchen, herauszufinden, wo die Grenzen der Erwachsenen sind, aber sie haben nicht das Bedürfnis, künstlich in ihrem Freiheitsdrang eingeengt zu werden. Kinder verlangen vielmehr nach einem Geländer, an dem sie sich entlang leiten lassen können, an dem sie sich festhalten können, wenn sie das möchten, das sie aber auch loslassen können, wenn sie es nicht mehr brauchen. Kinder brauchen Halt - aber keine Grenzen.
Führung ist dann sinnvoll, wenn es um Sach-Pädagogik geht - also bspw. in einer Theatergruppe, die als gemeinsames Ziel hat, ein Stück aufzuführen. Hier ist eine regelnde, organisierende Hand erforderlich. Bei der Personen-Pädagogik hingegen sollte auf Führung verzichtet werden.
Im folgenden Kapitel "Die wesentlichen Unterschiede" erklärt der Autor, warum Diskussionen zur Antipädagogik selten zielführend sind. Er berichtet außerdem von seinen Erfahrungen in Bezug auf die Partizipation Jugendlicher und stellt fest, dass ein hoher Partizipations- und Selbstbestimmungsgrad eine hohe Kooperationsbereitschaft erzeugt. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn dies aus Interesse am Kind geschieht und nicht in der Absicht, das Kind letztendlich zu beeinflussen. Am Ende des Artikels wird auf das Machtgefüge in Familien eingegangen und verschiedene Überlegungen zu Disziplin und Gehorsam angestellt.
Das letzte Kapitel heißt " Es gibt nichts Gutes außer: Man tut es". Darin werden die Gedankengänge des Buches zu zwei Handlungsempfehlungen zusammengefasst:
- Tu, was dir gut zu sein scheint!
- Lass, was dir unrecht erscheint!
Zum Abschluss wird eine kleine Geschichte erzählt, die bei Seminaren für Erzieherinnen immer besonders im Gedächtnis bleibt. Es geht um ein kleines "Warteeinweilchen", das eine gute Fee einem Kind schenkt. Dieses regt bei wesentlichen Entscheidungen des Kindes immer wieder an, doch noch einen Moment zu warten. Immer mal wieder stellt sich heraus, dass die Entscheidung, die ursprünglich getroffen worden wäre, die schlechtere Wahl war. Das soll den Leser anregen, bei Situationen, in denen man gewohnheitsmäßig eingreifen will, einfach mal abzuwarten und zu schauen, was passiert.
Im letzten Teil des Buches erzählt Eberhard Schulz Anekdoten aus seinem Berufsleben als Fachberater für Kitas und Fortbildungsreferent, die seine vorherigen Gedanken mit praktischen Beispielen belegen. Diese Geschichten kann man parallel zum eigentlichen Buch lesen (es findet sich an den entsprechenden Stellen ein Verweis dort hin) oder abschließend "zum Dessert".
Ich bin ehrlich gesagt etwas hin- und hergerissen. Thematisch fand ich das Buch wirklich sehr interessant, weil ich das Thema "unerzogen" im Sinne von "es findet keine aktive Erziehung statt" grundsätzlich interessant finde und auch die theoretischen Darlegungen durchaus nachvollziehbar finde.
Allerdings verliert sich der Autor zum Teil in seinen Schilderungen, so dass zwar ein roter Faden erkennbar ist, man aber teilweise Schwierigkeiten hat, ihm zu folgen. Zusätzlich erschwert wird das durch die Tatsache, dass zu Beginn des Buches die Position des Autors nicht eindeutig dargelegt ist - weswegen man den Gedankengängen nicht stringent folgen kann.
Aber dennoch ist die Betrachtung des Themas Erziehung auf eine so ungewöhnliche Art und Weise sehr interessant und bereichernd und lässt die Gedanken schweifen.
Ich verlose wieder mein freundlicherweise vom tologo-Verlag zur Verfügung gestelltes Rezensionsexemplar. Wer das Buch gewinnen möchte, schreibt uns bitte einen Kommentar mit Angabe seiner E-Mail-Adresse. Dabei bitte das @-Zeichen durch das %-Zeichen ersetzen, dass E-Mail-Adressen-Suchroboter die Adresse nicht ausspähen und Euch zuspammen :-). Die Verlosung findet am 16. Juni 2015 statt - der Gewinner wird dann per E-Mail benachrichtigt. Viel Glück!
Du willst nicht auf Dein Glück vertrauen uns so lange warten? Unseren Blog kann man übrigens unterstützen, wenn man das Buch (oder auch etwas anderes ;-) über diesen Link bestellt :-).
Im letzten Teil des Buches erzählt Eberhard Schulz Anekdoten aus seinem Berufsleben als Fachberater für Kitas und Fortbildungsreferent, die seine vorherigen Gedanken mit praktischen Beispielen belegen. Diese Geschichten kann man parallel zum eigentlichen Buch lesen (es findet sich an den entsprechenden Stellen ein Verweis dort hin) oder abschließend "zum Dessert".
Ich bin ehrlich gesagt etwas hin- und hergerissen. Thematisch fand ich das Buch wirklich sehr interessant, weil ich das Thema "unerzogen" im Sinne von "es findet keine aktive Erziehung statt" grundsätzlich interessant finde und auch die theoretischen Darlegungen durchaus nachvollziehbar finde.
Allerdings verliert sich der Autor zum Teil in seinen Schilderungen, so dass zwar ein roter Faden erkennbar ist, man aber teilweise Schwierigkeiten hat, ihm zu folgen. Zusätzlich erschwert wird das durch die Tatsache, dass zu Beginn des Buches die Position des Autors nicht eindeutig dargelegt ist - weswegen man den Gedankengängen nicht stringent folgen kann.
Aber dennoch ist die Betrachtung des Themas Erziehung auf eine so ungewöhnliche Art und Weise sehr interessant und bereichernd und lässt die Gedanken schweifen.
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© Danielle
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