Geschwister können über alles und nichts streiten - warum?

Evolutionsbiologisch betrachtet ist immer der Kampf um Ressourcen der Hauptstreitpunkt zwischen Geschwistern - insbesondere um die Aufmerksamkeit der Eltern. Das ist heute noch so. Im Prinzip konkurrieren die Kinder darum, von den Eltern wahrgenommen und versorgt zu werden. Wenn die Eltern es schaffen, dieses Bedürfnis bei allen Kindern zu befriedigen, gibt es wenig Streit. Haben ein oder mehrere der Kinder aber das Gefühl, auf emotionaler Ebene zu kurz zu kommen, dann fangen sie an, gegen die Geschwister zu pöbeln. Oft wird dann aber um etwas gekämpft, was im ersten Augenblick nichts mit der Aufmerksamkeit der Eltern zu tun hat: Um den blauen Becher, oder um den Platz am Fenster, oder wer das größere Stück Kuchen bekommen hat zum Beispiel. Das liegt daran, dass uns Menschen unsere eigentlichen Bedürfnisse selten klar sind. Wir können eher erkennen, was wir uns wünschen und kämpfen dann darum, diesen Wunsch erfüllt zu bekommen. Wir übersehen dabei aber, dass der oberflächliche Wunsch das tiefergehende Bedürfnis verdeckt. Eine Mutter erzählte mir mal, ihre Kinder hätten einen erbitterten Streit gehabt, weil die Tochter fand, ihre Hälfte der Kiwi hätte zu wenig schwarze Kerne. Ein andere Mutter beschwerte sich seufzend bei mir, ihr großer Sohn sei in Tränen der Wut ausgebrochen, weil sein kleiner Bruder an diesem Tag eine Impfung bekam und er nicht. An der Absurdität dieser Beispiele sieht man schon, dass da etwas ganz anderes dahinter stecken muss. Und fast immer ist das, wie gesagt, das Bedürfnis nach der Aufmerksamkeit, Zeit und Liebe der Eltern.
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